06.07.1991 Japan – Kamakura und ein Rückblick

Letzte Besichtigungen in Japan : Der große Buddha von Kamakura

Ich bin in einem netten Gasthaus in Kyongju (Gyeongju) , Südkorea, angekommen. Langsam gewöhne ich mich an die doch etwas entspanntere Atmosphäre in Südkorea, gönne mir sogar mal einen ganzen Tag Nichtstun. Zeit, um ein Resümee meiner vier Wochen Japan zu ziehen.

Natürlich habe ich unglaublich viel gesehen in den letzten Wochen, immer getrieben von dem Gefühl, keine Zeit (und Geld) vergeuden zu dürfen. Das war letztlich mein größtes Problem, dass ich etwas zu geizig für Japan war. Meine Gedanken drehten sich immer wieder um mein Budget, ums Sparen. Kann ich mir diesen Eintritt leisten? Kann ich die köstlichen Muscheln probieren?

Unbeschwertes Reisen war für mich in Japan kaum möglich. Aber ich habe mir alles Mögliche gegönnt, eben auch den Kaffee oder die Muscheln. In Takayama habe ich ein köstliches Kräutermenue gegessen, in Kanazawa eine original Sushi-Bar auf dem großen Gemüse- und Obstmarkt erlebt und mich unter die Japaner beim Lunch gemischt. In den Wäldern zu wandern war kostenlos. Ich hatte mir nie vorgestellt, dass Japan über so viel großartige Natur verfügt.

Rückblick Japan

Kyoto (2)
Tempel in Kyoto

Was hat mich am meisten beeindruckt?

Kyoto mit seinen tollen Tempeln, eigentlich wäre ich gerne länger geblieben, um mir wirklich alle Tempel und Schreine anzugucken.

Die kleine Stadt Takayama, die irgendwie nur aus alten Häusern und kleinen Museen zu bestehen scheint. Naja, jedenfalls die Altstadt.

In einem Geisha-Haus, Kanazawa
In einem Geisha-Haus, Kanazawa

In Kanazawa habe ich die berühmten Geisha-Häuser gesehen und die Residenzen der Samurai. Wieder beeindruckten mich die schlichten Räume mit ihren hellen Tatami-Matten und der sparsamen Möblierung.

Hokkaido mit seinen Vulkanen und dem Volk der Ainu war ein ganz besonderes Erlebnis.Siehe auch: Japan bringt mich zum Verzweifeln

Das Idemitsu-Museum in Tokyo: Klein aber fein!

Zum Abschluss habe ich noch die großartige Burg von Himeiji besucht. Vom Konzept her, wie auch die traditionellen japanischen Häuser, ganz anders als Vergleichbares in Deutschland. Ich kann es gar nicht genau beschreiben, was mich so begeistert hat. Alles strahlt eine Leichtigkeit und Eleganz aus.

Begegnungen mit Japanern waren eher flüchtig. Da war die nette Jugendherbergsmutter in Noboribetsu, der nette Mann, der mich zur Jugendherberge in Nikko gefahren hat, das junge Mädchen, das mir in Kanazawa den Weg zur Straße der Geisha-Häuser zeigte und mich begleitete, bis ich wirklich an der richtigen Stelle war. Naja, es waren nicht viele, mit denen ich mehr als einen kurzen Gruß austauschte. In Tokyo traf ich mich allerdings mit einer jungen Frau, der Freundin einer Freundin in Deutschland. Wir gingen zusammen essen und ich erfuhr viel von ihr und ihrer bevorstehenden Hochzeit.

In Tokyo genoss ich die Wiederbegegnung mit zwei Iren, die ich aus Shanghai kannte. Einen Tag lang zogen wir durch die Tempel im Zentrum der Stadt.

Die herausragenden Erlebnisse der letzten Tage

In Tokyo komme ich in den Genuss eines ganz besonders guten Kaffees:

Aus meinem Reisetagebuch 1991:

Kilimanjaro Charcoal Roasted in Tokyo

Ich finde die großen, eleganten Kaufhäuser in Tokyo sehr interessant. Man kann wirklich alles kaufen. An jeder Ecke stehen junge Mädchen in Uniform, die einem mit einem freundlichen Lächeln den richtigen Weg weisen, damit man sich seine Wünsche problemlos erfüllen kann. Ich muss mich sehr beherrschen, um nicht in einen wahren Kaufrausch zu verfallen.

Die Lebensmittelabteilung im Untergeschoss der Kaufhäuser ist gigantisch. Obst und Gemüse, wie nun schon gewohnt, makellos. Kirschen werden wie Pralinen nur in Schachteln verkauft. So erlesene Früchte habe ich noch nicht gesehen! Aber die Preise sind ähnlich erlesen!

Am Kaffeestand wird der Kaffee nach Herkunftsland verkauft. Es gibt keine gemischten Kaffees, sondern Sorten wie „Kilimanjaro Charcoal Roasted“ oder „Columbia Finest“. Man kann die verschiedenen Kaffeesorten gleich nebenan in einer Kaffeebar probieren. Entsprechend dem edlen Kaffee wird in feinstem Porzellan serviert. Milch und Zucker stehen in silbernen Gefäßen bereit. Auch wenn die Tasse Kaffee hier mindestens 5,- DM kostet, muss ich den „Kilimanjaro Charcoal Roasted“ ausprobieren. Einfach köstlich! Nie wieder Tchibo oder Eduscho! Leichtsinnige Vorsätze, denn im Rucksack habe ich immer noch den Nescafé.

Ich vor dem Großen Buddha von Kamakura.
Ich vor dem Großen Buddha von Kamakura.

Der große Buddha von Kamakura

An meinem letzten Tag in Tokyo fahre ich morgens mit dem Zug nach Kamakura, einem kleinen Städtchen am Meer. Dort reiht sich ein alter Tempel an den anderen. Ich bin den ganzen Tag auf den Beinen, um möglichst viele davon zu sehen.

Doch mittlerweile habe ich so viele japanische Tempel gesehen, dass für mich alle gleich wirken. Ich gehe nur kurz durch die Anlagen mit ihren wunderschönen Gärten und blühenden Hortensien. Ein großer blauer Schmetterling flattert im Sonnenlicht an mir vorbei. Ich bin augenblicklich gefangen von der Pracht und Schönheit dieses Wesens und folge ihm ein paar Schritte. Ein Versuch, ihn zu fotografieren, scheitert an der Dunkelheit, die hier unter den Bäumen herrscht.

Ich möchte natürlich keinen der vielen malerischen Tempel auslassen.

Kamakura hat fast zu viele Tempel

Aber dann habe ich beinahe keine Zeit mehr, um die Tempel zu besuchen, deretwegen ich eigentlich hierher gekommen bin: Den Hase Canon Tempel und den großen bronzenen Buddha, die ganz am Ende von Kamakura liegen. Ich eile durch die Gassen, die fast wie in einem deutschen Urlaubsort sind: Souvenirläden, Geschäfte mit Badeanzügen, Schwimmflossen und Luftmatratzen und viele kleine Restaurants.

Der Hase Canon Tempel ist ein Tempel der Guanyin, der weiblichen Verkörperung Buddhas. Dieser Tempel hat eine kleine Besonderheit: überall stehen Figuren von Babys. Das sollen Opfergaben sein als Dank für gelungene Abtreibungen! Wenn das wahr wäre, müsste es sehr, sehr viele Abtreibungen geben.

Kamakura

Nicht weit davon ist der riesige sitzende Bronzebuddha von Kamakura, der auch häufig in Reiseführern über Japan abgebildet ist. Seitdem ich diese Bilder gesehen hatte, wollte ich unbedingt nach Kamakura. Ich bin völlig überwältigt von dem Erlebnis, wirklich und wahrhaftig nun selbst vor dieser gigantischen Statue zu stehen. Ich kann mich gar nicht trennen. Dies ist wirklich einer der Höhepunkte meiner Reise! Natürlich gibt es viele japanische Touristen. Einen davon bitte ich, mich vor der Statue zu fotografieren.

Nachdem die Tempel um 17:00 Uhr für die Touristen geschlossen werden, gehe ich noch ein wenig am Strand von Kamakura spazieren und halte meine Zehen in das kalte Wasser des Pazifiks, bevor ich völlig erschlagen von all den Eindrücken nach Tokyo zurückfahre.

Abends entdecke ich bei einem Bummel durch die Nachbarschaft des Okubo-House eine Methodistische Kirche, vor der ein großes Schild in Englisch einen kostenlosen Abend mit Gospels und anderen Kirchenliedern ankündigt. Dafür bin ich immer zu haben! Ich erlebe einen wunderschönen besinnlichen Abend. Ich bin die einzige Westlerin unter den vielen japanischen Zuhörern, die mich freundlich lächelnd begrüßen.

06.07.91 Tokyo – Himeiji Castle – Shimonoseki

Mit dem Shinkanzen unterwegs an der Südseite von Honshu. Das bedeutet, dass man endlos durch ein fast geschlossenes Stadtgebiet fährt. Tokyo scheint nahtlos in Osaka überzugehen. Bis Hiroshima reißen die Siedlungen nicht ab.

Ich steige unterwegs in Himeji aus, denn ich möchte wenigstens eines der berühmten Schlösser sehen, die mich in dem Film „Shogun“ so sehr beeindruckt haben. Die Burg von Himeji beherrscht das Stadtbild. Ich kann den breiten Turm mit den vielen geschwungenen Dächern schon vom Bahnhof aus sehen. Das Schloss wirkt wie ein japanisches Neuschwanstein: ein wenig zu renoviert, zu perfekt. Natürlich dürfen Geschichten über traurige Prinzessinnen und starke Krieger nicht fehlen. Es ist eine Burg wie im Märchen.

Weiter geht die Fahrt nach Shimonoseki, einer kleinen Stadt, in der sich alles um den großen Hafen dreht. Leichter Fischgeruch liegt über den Straßen. Nach den letzten schönen sonnigen Tagen bewölkt es sich gegen Abend merklich.

Fähre und Taifun – eine üble Kombination

Der große Schlafsaal in der Fähre nach Südkorea
Der große Schlafsaal in der Fähre nach Südkorea

Die Fähre nach Korea ist zuerst etwas gewöhnungsbedürftig. Quer durch das ganze Schiff zieht sich der Schlafsaal. Durch niedrige Regale und schmale Gänge sind einzelne Abteilungen markiert, in denen jeweils ca. 12 Personen auf dem Teppichfussboden schlafen können. Natürlich finden sich die anwesenden Westler alle zusammen und belegen ein Abteil. Eine Engländerin legt sich sofort hin und wickelt sich eng in ihre Decke. Sie ist schon seekrank, bevor das Schiff überhaupt abgelegt hat.

Ich erkunde begeistert die Fähre und lasse mich schließlich in der Cafeteria nieder, um Briefe zu schreiben. Ich bin so vertieft in meine Arbeit, dass ich gar nicht merke, wie das Schiff immer mehr zu schaukeln beginnt und die übrigen Gäste das Restaurant verlassen. Die Stewardessen räumen die Tische ab. Dann fordert mich ein Mädchen höflich auf, den Raum zu verlassen. Wieso denn?! Es ist doch noch gar nicht so spät!

Sie deutet zum Fenster hinaus: Draußen tobt ein schrecklicher Sturm. Himmel und Wellen scheinen grau in grau ineinander überzugehen. Jetzt spüre ich endlich die starke Bewegung des Schiffes. Beim Anblick eines kleinen Frachters, der nicht weit von uns immer wieder tief in den hohen Wellen versinkt, wird auch mir ein wenig mulmig. Ich packe meine Sachen zusammen und gehe in den Schlafsaal.

Die Engländerin liegt, voll mit Tabletten, halb bewusstlos in der Ecke und stöhnt. Leider können wir ihr nicht helfen. Hauptsache, sie kann ein wenig schlafen, bis wir morgen in Pusan, Korea, ankommen! Ich habe während der Nacht erhebliche Schwierigkeiten, nicht zur anderen Seite des Schlafsaals zu rollen. Wahrscheinlich haben uns die Ausläufer eines Taifuns erwischt. Es ist die richtige Jahreszeit dafür!

Südkorea!

Ach, ich könnte noch so viel von Japan erzählen! Doch nun bin ich in Südkorea, in dem netten Ort Kyongju (Gyeongju), der auf Grund seiner königlichen Geschichte unglaublich viele archäologische, geschichtliche und buddhistische Sehenswürdigkeiten zu bieten hat.

Übrigens: Im Jahr 2000 hat es eine Erneuerung der Umschrift koreanischer Wörter gegeben. Die „Revidierte Romanisierung“ führt dazu, dass die Ortsnamen, so wie ich sie kenne, heute alle anders geschrieben werden. Ich werde versuchen, die aktuellen Namen zumindest in Klammern hinter die mir bekannten Namen zu setzen.

Wie alles begann

Ulrike
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7 Gedanken zu „06.07.1991 Japan – Kamakura und ein Rückblick“

  1. Wärst du jetzt nach Japan gereist, so hätte ich dir einiges erzählen können. Morgen wird es einen Beitrag über Japan von mir geben. Aber anders, als man denkt. Grund ist der bevorstehende Urlaub und die Vorbereitungen. Ich bin gespannt auf Korea 🙂

  2. Hihi, ja das war damals recht schnell. Und wenn ich hier nur einmal in der Woche über meine Große Reise 1991 schreibe, dann muss ich schon richtig viel zusammenfassen.
    Liebe Grüße
    Ulrike

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