Auf den Spuren von Timur Lenk in Usbekistan

Seidenstraße 2007 – Shakri Sabz – Samarkand

Auf den Spuren von Timur dem Lahmen geht die Reise heute weiter. Durch endlose Steppen und Baumwollfelder fahren wir zuerst nach Shakri Sabz, dem Geburtsort des usbekischen Nationalhelden. Ein Tag voller Mythen und Geschichten aus einer prachtvollen Vergangenheit.

Shakri Sabz - Gök Gumbas Moschee
Shakri Sabz – Gök Gumbas Moschee

Timur

Wieder möchte ich Wikipedia zitieren mit den unterschiedlichen Schreibweisen sowohl des Namens Timur als auch des Ortes Shakri Sabz.

Timur der Lahme
Temür ibn Taraghai Barlas (von mitteltürkisch temür „Eisen“; * 8. April 1336 in Kesch; † 19. Februar 1405 in Schymkent) war ein zentralasiatischer Militärführer und Eroberer islamischen Glaubens am Ende des 14. Jahrhunderts.

In der europäischen Geschichtsschreibung ist er besser bekannt als Timur (persisch تیمور Tīmūr), auch Timur Lenk oder Timur Leng (persisch Timur-i Lang für „Timur der Lahme“). Inzwischen ist fast nur noch außerhalb der Wissenschaften Tamerlan geläufig, wohingegen dies jenseits des deutschen Sprachraums weiterhin geläufig ist.

Timur wird in einigen persischen Quellen pejorativ als تیمور لنگ Timur-i Lang „Timur der Lahme“ bezeichnet. Aufgrund einer Verwachsung an der rechten Kniescheibe (Knochentuberkulose laut sowjetischen Forschern) war sein rechtes Bein gelähmt, dazu kam eine Verwachsung an der rechten Schulter. Des Weiteren hatte ein Pfeilschuss die Beweglichkeit der rechten Hand eingeschränkt, wie sowjetische Wissenschaftler bei einer Untersuchung des Skelettes im Jahre 1941 feststellten.

„Timur der Lahme“ wurde in Europa daher teils zu Tamerlan verkürzt. Er selbst bezeichnete sich als gurkāni („Schwiegersohn“)[1][2] und deutete damit auf seine Heirat in die Familie Dschingis Khans hin, um seine Herrschaftsansprüche zu untermauern.

Shakri Sabz

Hatte ich nicht geschrieben, dass Timur in Shakri Sabz geboren wurde? Da oben steht nun Kesch. Das Rätsel wird auch auf Wikipedia gelöst:

Shakri Sabz
Shakhrisabz (Uzbek: Шаҳрисабз Shahrisabz; Tajik: Шаҳрисабз; Persian: شهر سبز‎‎ shahr-e sabz (city of green / verdant city); Russian: Шахрисабз), is a city in Qashqadaryo Region in southern Uzbekistan.

Formerly known as Kesh or Kish (i.e., „heart-pleasing“) and tentatively identified with the ancient Nautaca, Shahrisabz is one of Central Asia’s most ancient cities. It was founded more than 2,700 years ago. Its name was officially changed to Shahrisabz in the modern era.

Shakri Sabz: Der Weiße Palast mit einer Statue von Timur in Vordergrund
Der Weiße Palast mit einer Statue von Timur in Vordergrund

Diese unterschiedlichen Schreibweisen der Ortsnamen sind, wie schon mehrfach bemerkt, einerseits sehr interessant, da sie auch die Geschichte und Beziehungen entlang der Seidenstraße widerspiegeln. Andererseits machen sie die Recherche ziemlich schwierig. Der DuMont Reiseführer „Zentralasien“ bevorzugt die persische Variante „Schahr-e Sabs“. Wie soll man jetzt darauf kommen? Am besten ist es immer, den Namen zunächst einmal laut auszusprechen und dann zu überlegen, welcher Ort in einem Ortsregister dem gesuchten wohl am nächsten kommt.

So, genug gelästert! Ich habe mich für „Shakri Sabz“ und „Timur“ entschieden. Nach der Fahrt durch die Hungersteppe ragt vor uns plötzlich eine riesige Ruine empor. Das sind die Reste des Weißen Palastes – Ak Saraj. Timur hatte einst Shakri Sabz, das damals noch Kesch hieß, zu seinem Hauptsitz zu machen. Entsprechend großartig sollten Moscheen und Paläste sein. Davon ist nicht mehr viel übrig geblieben.

Palast Ak Saraj

Die riesigen Reste des einstigen Palast-Portals geben einen ungefähren Eindruck von der einstigen Größe. Die Pylone sind noch an die 38 Meter hoch! Von der Pracht erzählen alte Reiseberichte. Gold, glasierte Ziegel und bunte Mosaike sollen die zahlreichen Wände, Dächer und Räume geschmückt haben. Ein Gebäude soll sechs Stockwerke hoch gewesen sein, eine schier unvorstellbare architektonische Leistung damals.

Eine Legende erzählt folgendes:

Nachdem das Hauptgebäude fertiggestellt worden war, wurde Timur hektisch und forderte die Arbeiter auf, möglichst schnell die Dekorationen an der Fassade zu vollenden. Aber diese hatten es nicht besonders eilig. Timur beorderte seinen Haupt-Architekten zu sich. Der Architekt verschwand, nachdem er eine schwere Kette an der Mitte des Hauptbogens angebracht hatte. Nun war Timur in Bedrängnis, denn es fand sich niemand, der so gut war und willens, den Bau zu vollenden.

Lange blieb der Palast ein Rohbau.

Plötzlich tauchte der alte Architekt wieder auf. Er prüfte die Kette, die sich in der Zwischenzeit ein gutes Stück gesenkt hatte. Daraufhin setzte er die Arbeiten an der Dekoration des Palastes fort.

Timur verlangte von dem Architekten eine Erklärung für sein Verhalten. Der antwortete: „Ich hab mich nicht getraut, dem Befehl zum Weiterbau zu widersprechen. Aber fortführen konnte ich das nicht. Egal, was ich täte, würde ich fürchterlich bestraft werden. Denn so ein imposantes Gebäude braucht Zeit, bis es sich gesenkt und fest im Boden verankert hat. Wenn das nicht geschehen wäre, wäre all der schöne Wandschmuck schnell zerstört worden.“ Timur war beeindruckt von der Weisheit des Architekten und Baumeisters und zeigte sich dankbar.

Timur war ein kriegerischer Herrscher, und auch seine Nachfolger regierten mit harter Hand. Deshalb gab es einige Versuche, Shakri Sabz zu erobern und zu zerstören. Hinzu kommt, dass die Gegend hin und wieder von Erdbeben heimgesucht wird. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts stehen deshalb nur noch diese imposanten Eingangspylone.

Hasrati Imam Moschee

Zahlreiche Moscheen und deren Überreste prägen noch heute das Bild der Kleinstadt und erinnern an glanzvollere Zeiten. Eine davon ist die Hasrati Imam Moschee aus dem 14. Jahrhundert. Diese wurde erbaut zu Ehren des persischen Heiligen Hasrati Imam. Nach Hasrati Imam wurde auch das Mausoleum benannt, das Timur für sich und seine Familie hier errichten ließ. Die Nähe zu einem Heiligen war und ist wichtig bei muslimischen Grabstätten.

Shakri Sabz Hasrati Imiman Moschee
Hasrati Imam Moschee

Eigentlich sollte hier auch Timur seine letzte Ruhestätte finden. Auf einem der Sarkophage gibt es Inschriften, die darauf hindeuten. Doch neueste Forschungen haben ergeben, dass anscheinend nur sein Sohn Dschahangir hier begraben wurde. Timur wurde in Samarkand beerdigt. Sein Grab sollen wir später sehen!

Uralte Holzsäule der Hasrati Imam Moschee

Anhand der alten Holzsäulen der Moschee erklärt uns Toni eine architektonische Besonderheit, der man überall in Zentralasien begegnet: Die tragenden Säulen bestehen aus zwei Teilen: Einem unteren Fuss und der eigentlichen Säule. An der Stelle, wo die beiden Teile zusammengefügt sind, sind sie deutlich schmaler als der Rest. Dies soll den Säulen bei Erdbeben mehr Stabilität und Flexibilität geben.

Mir gefällt hier die ruhige Atmosphäre mit alten Bäumen und bunten Blumen. Langsam wird es heiß. Es ist Mittag und alles Leben scheint zu ruhen. Die Menschen ziehen sich zur Siesta zurück. Auch die Vögel scheinen ihr Gezwitscher erschöpft eingestellt zu haben.

In der Gruft der Timuriden
In der Gruft der Timuriden

Wir brechen auf und fahren die 80 Kilometer nach Samarkand. Doch die aktuelle Politik macht uns einen Strich durch eine schnelle Fahrt. Die direkte Straße führt so nah an Tadjikistan vorbei und ist für Ausländer gesperrt, dass wir einen Umweg fahren müssen.

Samarkand – Ziel meiner Träume!

Samarkand – der Name dieser Stadt steht für Alexander den Großen, für Timur, für Handel und Pracht der Seidenstraße, für den Glanz des Orients!

Wir checken schnell im Hotel Afrosiab ein. Einige meckern schon wieder: Das Hotel ist ein moderner Kasten mit 12 Stockwerken. Wirklich nicht besonders schön! Doch der Ausblick von der Dachterrasse ist einfach spektakulär! Der Blick geht nicht nur auf einen schönen Swimmingpool ganz unten, sondern auch über die alten Moscheen mit ihren blauen Fassaden und Kuppeln.

Ulrike glücklich auf dem registan Platz in Samarkand
Schreckliches Foto! Aber das muss jetzt sein. Ulrike glücklich auf dem Registan-Platz

Ich werfe einen sehnsüchtigen Blick auf den Registan-Platz. Da wollte ich immer schon mal sein! Wie magisch angezogen von dem legendären Platz gehe ich los. Es ist wirklich nicht weit. Dann stehe ich dort, umgeben von purer Schönheit. Nach der Hitze des Tages ist es jetzt angenehm mild. Die Luft ist voller exotischer Blütendüfte. Die Vögel scheinen mit ihrem Gesang die Eleganz des Orients zu preisen.

Wie im Traum gehe und stehe ich auf dem berühmten Registan-Platz. Ich genieße es, allein zu sein, mich in uralte Zeiten zurück zu träumen, die freundlichen Menschen anzulächeln. Glück beseelt schlecke ich leckere Eiscreme. Dann eile ich zum Hotel zurück.

Hier wartet ein umfangreiches Buffet auf uns. Einheimische Spezialitäten wie Plow und usbekische Teigtaschen Manti, Salat, Reis, Brot, Suppen. Es ist alles reichlich vorhanden. Auch unsere Magenkranken können sich mit leichten Speisen satt essen. Und ich? Der Durchfall der letzten Tage ist vergessen. Außerdem habe ich ja ein Zimmer mit Bad und eine Tasche voll Imodium. Nichts kann mich davon abhalten, die Genüsse des Orients zu kosten!

Blick auf Samarkand
Blick auf Samarkand

Ich befinde mich in einem Glückstaumel. „Leute, ich bin in Samarkand“ möchte ich jedem zurufen. Alle anlächeln, alle umarmen… Was für ein Glück, in Samarkand zu sein!

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Die Seidenstraße – Geschichte und Geschichten

Ulrike

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