Nun bin ich auf einen Bericht über die Dinosaurier von Lujiatun gestoßen, der mich sprachlos gemacht hat. Die Entdeckungen dort sind so spektakulär und aufregend, dass ich mich zu einem speziellen Artikel dazu aufgefordert fühlte. Die Recherche dazu hat mich fasziniert und ich bin versucht, dort einmal hinzureisen. Seht selbst:
Wo liegt Lujiatun – und warum ist es so berühmt?
Lujiatun ist ein Dorf im Westen der Provinz Liaoning (Nordost-China). Die dort aufgeschlossenen Lujiatun-Beds bilden die unterste Einheit der Yixian-Formation, einem weltberühmten Fossillager des Jehol-Bioms aus der frühen Kreidezeit (ca. 125–123 Mio. Jahre). Vor allem hier sind Knochen dreidimensional in vulkanischen Trümmerströmen erhalten – oft so, als wären die Tiere „im Leben“ überrascht worden. Das hat Lujiatun den Spitznamen vom „Pompeji der Dinosaurier“ eingebracht. Stratigraphie und Radiodatierungen (⁴⁰Ar/³⁹Ar) verankern die Schichten sicher in dieser Zeitspanne. (Wikipedia, AGU Journals, Sciencedirect.com)
Vulkanische Katastrophen als Konservierungsfaktor
Geologisch handelt es sich um Ablagerungen von vulkanischen Schlamm- und Schuttlawinen (Lahare/Debris Flows), die Tiere, Pflanzen und Sedimente in großen Blöcken verschütteten. Diese abrupte Einbettung erklärt die außergewöhnliche, dreidimensionale Erhaltung – anders als die flachen Abdruckfossilien vieler anderer Jehol-Fundstellen*. Auch neuere Fallstudien aus der Lujiatun-Schicht illustrieren die katastrophische Entstehung einzelner Fossilverbände. (Nature, AGU Journals)
*Die Jehol-Gruppe ist eine lithostratigraphische Einheit (Gesteinsschichten anhand ihrer Gesteinseigenschaften (Lithologie) benannt) im Nordosten Chinas, die in den Provinzen Liaoning, Hebei, und Innere Mongolei aufgeschlossen ist. Bei diesem Gesteinspaket handelt es sich um eine bis zu 4700 Meter mächtige Abfolge von laminierten bis feingeschichteten siliziklastischen Seesedimenten, in die Basalte und Tuffe eingeschaltet sind, die von Vulkanausbrüchen stammen. Radiometrischen Datierungen zufolge wurde die Jehol-Gruppe während der Kreidezeit zwischen 128 und 110 Millionen Jahren vor heute abgelagert. Sie besteht aus der älteren Yixian-Formation und der jüngeren Jiufotang-Formation. Wikipedia
Leitfossilien: Kleine Pflanzenfresser und schlafende Räuber
- Psittacosaurus lujiatunensis – der „Papageiensaurier“ von Lujiatun: ein zweibeiniger, schnabeltragender Ceratopsier-Verwandter, von dem zahlreiche Skelette direkt aus den Lujiatun-Beds beschrieben wurden. Die Art wurde 2006 nach Material aus Lujiatun benannt; revidierte Datierungen platzieren sie ~123 Mio. Jahre vor heute. Funde aus derselben Schicht schließen auch den nahe verwandten Hongshanosaurus ein (teils als Psittacosaurus synonymisiert). (dinonews.net, Wikipedia, anatomypubs.onlinelibrary.wiley.com)
- Mei long – der „schlafende Drache“: ein kleiner, vogelähnlicher Troodontide, dessen Jungtier-Holotyp in typisch vogelartiger Schlafstellung (Schnauze unter dem Arm, Beine angezogen) gefunden wurde – ein ikonischer Beleg für Verhalten bei Nicht-Vogel-Dinosauriern. Ein zweites Exemplar bestätigt die Interpretation. Die Lagerung spricht für plötzliche Einbettung in Vulkanasche. (Wikipedia, PLOS, PMC, American Museum of Natural History)
Unerwartete Jäger: Säuger, die Dinosaurier fraßen
Lujiatun lieferte auch Fossilien der großen eutriconodonten Säuger Repenomamus robustus und R. giganticus. In einem Exemplar wurden Mageninhalte eines jungen Psittacosaurus dokumentiert – ein spektakulärer Beleg dafür, dass frühe Säuger nicht nur Aasfresser waren, sondern aktiv kleine Dinosaurier jagten. (Wikipedia, geotimes.org)
Fossil of Psittacosaurus lujiatunensis and Repenomamus robustus pair (WZSSM VF000011) locked in mortal combat. Insets depict (left to right): hand of R. robustus wrapped around lower jaw of P. lujiatunensis, teeth of R. robustus embedded in forearm of P. lujiatunensis, hind foot of R. robustus wrapped around lower hindlimb of P. lujiatunensis. Scale bar equals 10 cm. Lujiatun Member of the Yixian Formation, Lujiatun, Liaoning Province, China, Lower Cretaceous
Ökosystem und Lebensräume
Zur Zeit von Lujiatun prägten Vulkane, Seen und Nadelwälder die Landschaft Liaonings; Flüsse transportierten Sedimente in Becken, wo sich vulkanische und klastische Ablagerungen abwechselten. Zusammen mit Vögeln, Pterosauriern, frühen Blütenpflanzen und einer diversen Kleintierfauna bildet die Yixian-Formation einen der vollständigsten Einblicke in ein Kreidezeit-Ökosystem weltweit. Lujiatun repräsentiert darin die früheste, grobkörnige und katastrophisch geprägte Fazies mit 3D-Erhaltung; höher gelegene Lagen der Formation liefern überwiegend flache Abdruckfossilien mit Weichteilen (die berühmten „gefiederten Dinosaurier“). (Wikipedia, pteros.com)
Wissenschaftliche Bedeutung
- Taphonomie* & Verhalten: Die „im Leben“-Haltungen (z. B. Mei long) und dreidimensionalen Skelette erlauben seltene Einblicke in Ruhestellungen, Altersstrukturen und Todesursachen. (PLOS)
- Evolution kleiner Ornithischia**: Psittacosaurus lujiatunensis ist Schlüsselmateriel für die frühe Radiation der Papageiensaurier und für demografische Analysen (Lebens-/Sterbetafeln). (dinonews.net, anatomypubs.onlinelibrary.wiley.com)
- Interaktionen im Nahrungsnetz: Repenomamus belegt aktive Prädation*** von Säugern auf Dinosaurier – eine Revision klassischer Vorstellungen zur ökologischen Rolle früher Säuger. (Wikipedia, WIRED)
*Taphonomie, Fossilisationslehre, beschreibt alle Prozesse zwischen dem Tod eines tierischen oder pflanzlichen Lebewesens und seiner zum Fundzeitpunkt vorliegenden Erscheinungsform als Fossil. Spektrum.de
**Ornithischia: Vogelbeckensaurier
***Prädation [von latein. praedatio = Raub], Episitismus, Beziehungssystem zwischen 2 Arten (Bisystem), in dem eine Art (der Prädator oder Räuber) die andere Art (Beute) tötet und als Nahrungs-Ressource nutzt (Nahrungserwerb). Den Räubern werden meist Tiere, aber auch carnivore Pflanzen zugeordnet. Der hohe Selektionsdruck auf die Beute führt in einer Vielzahl von Fällen zur Coevolution zwischen Räuber und Beute. Spektrum.de
Fazit
Lujiatun ist einzigartig, weil es Katastrophensedimente mit dreidimensional erhaltenen Dinosauriern vereint. Ikonische Funde wie der schlafende Troodontide Mei long, Massenvorkommen von Psittacosaurus lujiatunensis und der dinosaurierfressende Säuger Repenomamus machen die Fundstelle zu einem der wichtigsten Fenster in das Alltagsleben eines kreidezeitlichen Ökosystems – von Ruhehaltungen über Populationsstrukturen bis hin zu überraschenden Räuber-Beute-Beziehungen. (Wikipedia)
Hinweis: In der populären Literatur werden teils Funde aus anderen, jüngeren Yixian-Horizonten (mit flächigen Abdruckfossilien) pauschal „Liaoning“ zugeschrieben. Der Lujiatun-Horizont unterscheidet sich davon klar in Alter, Sedimenttyp und Erhaltung – ein Detail, das in der Forschung zentral ist. (Wikipedia, AGU Journals)
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Zuletzt aktualisiert vor 1 Monat
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