Keramik in China – Eine der ältesten und bedeutendsten Traditionen der Welt

Keramik gehört heute zu den selbstverständlichen Materialien des Alltags – vom Kaffeebecher bis zur Hightech-Bauteilkeramik. Doch ihr Ursprung reicht weit zurück in prähistorische Zeiten, lange bevor Ackerbau oder sesshafte Lebensformen entstanden. Die Geschichte der frühesten Keramik ist zugleich ein Blick auf die kreativen und technologischen Fähigkeiten früher Jäger- und Sammlergruppen.

Die ältesten Funde von Keramik!

Die bislang ältesten bekannten Keramikobjekte stammen aus Ostasien. Besonders berühmt sind die Funde aus der Xianrendong-Höhle in der Provinz Jiangxi, Südchina. Diese Keramikfragmente wurden auf ein Alter von etwa 20.000 bis 19.000 Jahren datiert – also aus der Zeit des späten Paläolithikums, als das Eiszeitalter noch nicht beendet war. Das macht sie zu den ältesten bisher bekannten Keramikgefäßen der Welt.

Nur wenig jünger sind Funde aus der Yuchanyan-Höhle (ca. 18.000–15.000 Jahre alt) sowie Keramik aus Japan, insbesondere der Jōmon-Kultur, deren Anfänge bis etwa 16.500 Jahre zurückreichen. Diese frühen japanischen Gefäße zeichnen sich durch eingeritzte oder eingedrückte Muster aus, die eine erste Form dekorativer Keramikkunst darstellen.

Diese Gefäße wurden von Jäger-Sammler-Gruppen hergestellt, lange vor Ackerbau und Sesshaftigkeit. Sie dienten vor allem zum Kochen, Lagern und Erwärmen von Nahrung (Fisch, Wurzeln, Wild).
Die Formen waren einfach, handgeformt, oft rußgeschwärzt und relativ dünnwandig.

Wozu Keramik so früh?

Bemerkenswert ist, dass all diese frühen Keramikobjekte nicht von sesshaften Bauern hergestellt wurden. Die Menschen lebten weiterhin als mobile Jäger und Sammler. Was also trieb sie an, ein so aufwendiges und zerbrechliches Material herzustellen?

Die vermutlich wichtigste Funktion war das Kochen, insbesondere das Zubereiten von stärkehaltigen Pflanzen, Suppen oder Fischgerichten, die in bestimmten Regionen wichtige Nahrungsquellen waren. Keramik erlaubte:

  • Längeres Köcheln von Wurzeln und Getreiden
  • Gewinnung von Gelatine aus tierischen Produkten
  • Verbesserte Kalorienverwertung aus ansonsten schwer verdaulichen Lebensmitteln
  • Bessere Lagerung von Nahrungsmitteln

Archäochemische Untersuchungen an Gefäßwandungen zeigen oftmals Rückstände von Fisch, Pflanzen oder Tierfetten.

Wie sah die früheste Keramik aus?

Die ältesten Keramiken waren:

Keramik
pottery dated 6875 ± 240 BC, found in 1962 (Wikipedia)
  • Handgeformt, nicht auf einer Töpferscheibe
  • Aus grobkörnigem Lehm mit pflanzlichen Beimischungen (Temper) gefertigt
  • Bei relativ niedrigen Temperaturen (600–900°C) gebrannt
  • Oft dünnwandig und unregelmäßig
  • Gelegentlich mit einfachen Schnur-, Linien- oder Punktmustern dekoriert

Die Formen ähnelten meist Schalen, kleinen Töpfen oder Bechern.

Die Bedeutung der Erfindung

Die Erfindung der Keramik war ein technologischer Wendepunkt – ähnlich bedeutsam wie das spätere Aufkommen von Metallen. Sie ermöglichte nicht nur neue Ernährungsweisen, sondern auch:

  • Längere Haltbarkeit von Nahrungsmitteln
  • Neue soziale und kulturelle Praktiken
  • Entwicklung von Kunstformen durch Verzierung
  • Übergang zu später komplexeren Siedlungsgemeinschaften

Keramik markiert also einen Meilenstein der Menschheitsgeschichte, der tief in der Altsteinzeit verankert ist.

Neolithikum – Keramik als Kulturgut

Mit dem Beginn der Landwirtschaft entstehen regionale Keramikstile und erste wirkliche Keramikkulturen.

Typische Kulturen und Stile

  • Peiligang-Kultur (ca. 7000–5000 v. Chr.)
    • Schlichte, funktionale Keramik mit flachen Böden.
  • Yangshao-Kultur (ca. 5000–3000 v. Chr.)
    • Bekannt für rot bemalte Keramik mit spiralförmigen Mustern.
  • Dawenkou-Kultur (ca. 4300–2400 v. Chr.)
    • Feinwandige Gefäße, oft poliert und manchmal in Tierformen gestaltet.
  • Longshan-Kultur (ca. 3000–2000 v. Chr.)
    • Berühmt für schwarz polierte Eier­schalenkeramik – extrem dünnwandig und technisch anspruchsvoll.

Diese Zeit zeigt deutlich, wie Keramik nicht nur ein Gebrauchsgegenstand war, sondern auch ästhetisch, rituell und sozial bedeutsam wurde.

Die Keramik der Yangshao-Kultur

Die Yangshao-Kultur gehört zu den frühesten neolithischen Kulturen Chinas und ist vor allem für ihre frühe, oft bemalte Keramik bekannt. Sie entwickelte sich im mittleren Becken des Gelben Flusses und lässt sich etwa in die Zeit zwischen 5000 und 3000 v. Chr. datieren. Benannt ist sie nach dem Fundort Yangshao in der heutigen Provinz Henan, der 1921 archäologisch untersucht wurde und erstmals das Bild einer eigenständigen frühen chinesischen Keramikkultur vermittelte.

Die Keramik der Yangshao-Kultur stellt einen wichtigen technologischen und kulturellen Schritt dar. Die Gefäße wurden noch vollständig von Hand gefertigt, meist in der Wulst- oder Aufbautechnik, da die Töpferscheibe noch nicht bekannt war. Gebrannt wurde bei relativ niedrigen Temperaturen, wodurch ein rötlicher Scherben entstand. Charakteristisch ist die Bemalung in Schwarz oder Dunkelbraun, gelegentlich auch in helleren Tönen, die vor dem Brand aufgetragen wurde. Diese bemalte Keramik zählt zu den frühesten Beispielen figürlicher und symbolischer Gestaltung in Ostasien.

Eine wunderschöne Vase aus der chinesischen Steinzeit (Banshan Stil Gansu ca. 2800 bis 2500 v. Chr.)

Die Dekore der Yangshao Keramik

Besonders auffällig sind die Dekore, die sowohl geometrische Muster als auch gegenständliche Motive zeigen. Häufig begegnen Zickzacklinien, Dreiecke und spiralförmige Ornamente, daneben auch Darstellungen von Fischen oder stark stilisierten menschlichen Gesichtern. Die Motive werden meist als Ausdruck symbolischer Vorstellungen gedeutet, die mit Fruchtbarkeit, Nahrungssicherung oder gemeinschaftlicher Identität in Verbindung standen. Die Gefäße dienten nicht nur dem Alltag, etwa zum Kochen, Lagern oder Servieren von Nahrung, sondern spielten auch bei Bestattungen eine Rolle, wo sie als Grabbeigaben Verwendung fanden.

Ein besonders gut erforschter Fundort ist die Siedlung Banpo bei dem heutigen Xi’an. Dort wurden Reste von Wohnhäusern, Gräben, Gemeinschaftsbereichen und Keramikwerkstätten freigelegt, die ein anschauliches Bild des dörflichen Lebens vermitteln. Die Keramik aus Banpo und verwandten Fundorten zeigt, dass es innerhalb der Yangshao-Kultur regionale Stile und eine zeitliche Entwicklung gab, etwa den späteren, feineren Miaodigou-Stil mit komplexeren Mustern.

Insgesamt belegt die Yangshao-Keramik eine sesshafte, landwirtschaftlich geprägte Gesellschaft, die vor allem Hirse anbaute und bereits über ausgeprägte handwerkliche Fähigkeiten verfügte. Die bewusste Gestaltung der Gefäße macht deutlich, dass Keramik nicht nur ein Gebrauchsgegenstand war, sondern auch eine soziale und kulturelle Bedeutung hatte. In dieser Verbindung von Technik, Alltag und Symbolik bildet die Yangshao-Kultur eine wichtige Grundlage für die weitere Entwicklung der chinesischen Keramiktradition, die in späteren Kulturen wie der Longshan-Kultur neue technische und ästhetische Formen annahm.

Steinzeitlicher Dampfgarer
Steinzeitlicher Dampfgarer Banpo

Bronzezeit und frühe Staaten (ca. 2000–200 v. Chr.)

Mit den frühen Dynastien (Xia, Shang, Zhou) werden Keramik und Proto-Porzellan weiter verfeinert.

  • Grautonkeramik für Alltags- und Grabbeigaben
  • Fang Ding – keramische Nachbildungen bronzener Ritualgefäße
  • Erste Entwicklung von Proto-Porzellan in der späten Shang-/frühen Zhou-Zeit
    • Hoher Feldspatanteil
    • Höhere Brenntemperaturen
    • Harte, glasartige Oberfläche

Kaiserzeit – Der Aufstieg des Porzellans (Han bis Tang, 206 v. Chr.–907 n. Chr.)

China entwickelt als erstes Land der Welt echtes Porzellan.

Han-Dynastie (206 v. Chr.–220 n. Chr.)

  • Ziegel, Statuetten und Haushaltskeramik
  • Erste glasierte Keramikgefäße
  • Verbreitung grüner Bleiglasuren
Shanghai Museum Figur aus der Tang-Dynastie
Dame aus der Tang-Zeit

Tang-Dynastie (618–907)

  • Internationaler Export boomt entlang der Seidenstraße
  • Sancai-Keramik (Dreifarbenglasur) – ikonisch für Tang-Gräber
  • Frühe, hochqualitative Porzellane aus Nordchina und Yue-Keramik aus Südchina

Höhepunkt des chinesischen Porzellans (Song–Qing, 960–1912)

Song-Dynastie – Die Ästhetik der Einfachheit

Die Song-Zeit gilt als die goldene Ära der Keramikkunst. Berühmt sind die „Fünf großen Song-Brennöfen“:

Die „5 großen Song-Brennöfen“ (Song-Dynastie, 960–1279) sind eine berühmte Gruppe chinesischer Keramik-Öfen, die für ihre exquisite Qualität bekannt sind: Ru, Jun, Guan, Ding und Ge; diese repräsentieren die Höhepunkte chinesischer Keramikkunst mit einzigartigen Glasuren und Techniken, weit entfernt von modernen Brennöfen für Töpferwaren. 

Paris Musee Guimet
  • Ru – türkisblau, feine Risse (Craquelé)
  • Guan – graublau, edle kaiserliche Keramik
  • Ge – charakteristische doppelte Rissnetzglasur
  • Jun – milchig-blau-violett
  • Ding – elfenbeinfarben, dünn, präzise

Yuan–Ming–Qing

  • Kobaltblaues Unterglasurporzellan (Blau-Weiß) wird weltberühmt
  • Jingdezhen entwickelt sich zum Porzellan-Zentrum der Welt
  • Export nach Europa ab dem 16. Jahrhundert – große wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung

Bedeutung für Kultur und Technologie

Keramik war in China nicht nur handwerklich, sondern auch kulturell zentral:

  • Nutzung in Ritualen, Begräbnissen und Ahnenkult
  • Entwicklung von Spezialtechniken wie Celadon, Sancai oder Underglaze Blue
  • Exportgut, das den Welthandel prägte
  • Symbol für Status, Kunstsinn und technisches Können
Porzellanvitrinen China

China gilt daher bis heute als „Land des Porzellans“ – ein Begriff, der sogar in viele Sprachen eingegangen ist (engl. china, ital. porcellana).

Zum Schluss

Ich wollte hier vor allem die frühe Keramik und ihr erstes Vorkommen im prähistorischen China darstellen. Was ich besonders bemerkenswert finde, dass diese früheste Keramik lange vor der Landwirtschaft entstand, also von Jäger- und Sammlerkulturen erfunden und genutzt wurde. Fantastisch, nicht wahr?!

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Zuletzt aktualisiert vor 5 Stunden ago

Ulrike

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