St. Georg, Hamburgs lebhaftes und buntes Viertel

Hamburg-St. Georg ist eines der lebendigsten und geschichtsträchtigsten Viertel der Hansestadt. Es liegt östlich der Innenstadt, direkt hinter dem Hauptbahnhof, und vereint auf engem Raum Gegensätze, die das Viertel zu einem besonderen Ort machen. Zwischen prachtvollen Gründerzeitfassaden, modernen Hotels und kleinen Cafés entfaltet sich eine Atmosphäre, die sowohl kosmopolitisch als auch heimatverbunden wirkt.

Durch meine ehrenamtliche Arbeit bei der Bahnhofsmission bin ich oft mittendrin, gehe etwas essen in der Langen Reihe oder kaufe auch mal beim Inder ein. Ganz besonders wichtig ist mir der Christopher-Street-Day, dessen große und bunte Parade in der Langen Reihe beginnt.

Kommt mit mir auf einen interessanten Stadtspaziergang!

Geschichte von St. Georg

Die Geschichte St. Georgs reicht nicht besonders weit zurück. Ursprünglich befand sich hier im Mittelalter ein Hospital für Leprakranke, das dem heiligen Georg geweiht war. Daher der Name des Stadtteils. Es wurde um 1200 außerhalb der damaligen Stadtmauern Hamburgs gegründet, um Leprakranke aufzunehmen, die wegen der Ansteckungsgefahr nicht in die Stadt durfte.

Auch in den darauffolgenden Jahrhunderten verlegte Hamburg alles, was anrüchig war, in sein östliches Vorfeld zwischen Alster und Geestrand. Mitte des 16. Jahrhunderts befanden sich dort der Pestfriedhof, der Hinrichtungsplatz und die Schweinezüchter. Es folgten bald die Abdeckerei und der Müllabladeplatz. Auch Schnapsbrenner ließen sich in der Nähe nieder, weil deren Abfälle ein begehrtes Schweinefutter waren. Historische Museen.

Hier gab es ebenso eine Pulvermühle und den „Gassenkummerplatz“ (= Müllhalde). Mit dem Bau des Neuen Werks 1679 – 1782 wurde St. Georg dann in die Befestigung einbezogen.

Das Hospital wurde im 17. Jahrhundert in ein reines Armenwohnstift umgewandelt, das bis 1951 bestand. Nach der Umwandlung wurde das Krankenhaus unter dem Namen Allgemeines Krankenhaus St. Georg bekannt. Seit 2005 ist es Teil des Asklepios-Konzerns und trägt den Namen Asklepios Klinik St. Georg

Erst im 17. Jahrhundert wurde das Gebiet allmählich in die wachsende Stadt einbezogen, blieb jedoch lange ein Randgebiet mit einfachen Wohnverhältnissen. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich St. Georg durch den Bau des Hauptbahnhofs und zahlreicher Mietshäuser zu einem dicht besiedelten Arbeiterquartier. Viele Menschen aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands und später aus aller Welt fanden hier ein Zuhause, was dem Viertel schon früh ein multikulturelles Gesicht verlieh.

In St. Georg gibt es historische jüdische Spuren, wie die über 70 Stolpersteine, die an Menschen erinnern, die während der NS-Zeit verfolgt wurden. Der Stadtteil war während des Nationalsozialismus eine Wohngegend für viele jüdische Menschen.

Dreieinigkeitskirche St. Georg

Über die ursprüngliche, sicher nur kleine Kapelle vom „Seekenhaus“ sind uns keine näheren Nachrichten überliefert. Die Glocken hingen wohl nur in einem Holzgerüst neben der Kirche. An der Südseite war ein Leichhaus zur Aufbahrung von Toten angebaut.

1457 soll die Kapelle durch Schenkungen zur Kirche erweitert worden sein. Diese erste Kirche war bis zur Reformation schon reich ausgeschmückt.

St. Georg

Die Dreieinigkeitskirche in Hamburg-St. Georg ist eines der bedeutendsten historischen Bauwerke des Stadtteils und spiegelt eindrucksvoll seine wechselvolle Geschichte wider. Sie wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts errichtet und ist damit eine der ältesten evangelischen Kirchen außerhalb der ehemaligen Hamburger Stadtmauern. Ihr Bau markiert den Beginn einer Zeit, in der St. Georg zunehmend in das städtische Leben integriert wurde.

Die Kirche entstand zwischen 1743 und 1747 nach Plänen des Baumeisters Georg Greggenhofer. Stilistisch vereint sie barocke und klassizistische Elemente. Der schlichte Backsteinbau mit seinem markanten Turm zeigt die typisch norddeutsche Architektur jener Zeit, während das helle, weiträumige Innere durch klare Formen und dezente Ornamentik besticht. Besonders hervorzuheben ist die historische Orgel, die im Laufe der Jahrhunderte mehrfach restauriert wurde. Bis heute erklingt sie regelmäßig bei Konzerten und Gottesdiensten.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Dreieinigkeitskirche schwer beschädigt, konnte jedoch nach 1945 wiederaufgebaut werden. Seitdem steht sie nicht nur als Ort des Glaubens, sondern auch als Symbol für den Wiederaufbau und den Zusammenhalt im Stadtteil. In den folgenden Jahrzehnten öffnete sich die Gemeinde zunehmend sozialen und kulturellen Projekten, die den vielfältigen Charakter St. Georgs widerspiegeln.

St. Georg in der Neuzeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet St. Georg in Verruf. Das Bahnhofsviertel wurde mit Armut, Prostitution und Drogen in Verbindung gebracht. Doch gerade in dieser Zeit entstand hier auch eine besondere Form des Zusammenhalts. Künstler, Studierende und Menschen aus der LGBTQ+-Community entdeckten das Viertel in den 1970er- und 1980er-Jahren als Freiraum, in dem Individualität und Vielfalt Platz fanden. Diese Offenheit prägte St. Georg nachhaltig und machte es zu einem Symbol für Toleranz und kulturelle Vielfalt in Hamburg.

Heute präsentiert sich St. Georg als ein Stadtteil im Wandel, in dem Tradition und Moderne aufeinandertreffen. Rund um die Lange Reihe, die Hauptstraße des Viertels, finden sich Boutiquen, internationale Restaurants und kleine Galerien. Gleichzeitig erinnert die Architektur mit ihren Altbauten und historischen Fassaden an die bewegte Geschichte des Ortes.

Trotz zunehmender Gentrifizierung bewahrt St. Georg seinen besonderen Charakter. Ein Ort, an dem sich Geschichte und Gegenwart auf einzigartige Weise begegnen und der den Geist Hamburgs in seiner ganzen Vielfalt widerspiegelt.

CSD
Christopher Street Day

Koppel 66, das künstlerische Zentrum von St. Georg

Die Koppel 66 in Hamburg-St. Georg ist heute ein bekanntes Zentrum für Kunst und Handwerk, doch das Gebäude blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück, die eng mit der Entwicklung des Stadtteils verbunden ist. Ursprünglich war der Gebäudekomplex im 19. Jahrhundert Teil der typischen Wohn- und Gewerbestruktur St. Georgs.

Die Koppel – eine kleine Seitenstraße der Langen Reihe – war damals von Handwerksbetrieben, kleinen Werkstätten und Mietshäusern geprägt. Hier lebten und arbeiteten Menschen aus einfachen Verhältnissen, oft auf engem Raum, in einem Viertel, das durch seine Nähe zum Hauptbahnhof und zur Innenstadt schon früh ein Ort des ständigen Wandels war.

Das Gebäude mit der heutigen Hausnummer 66 wurde um die Jahrhundertwende errichtet und diente zunächst verschiedenen gewerblichen Zwecken. Nach dem Zweiten Weltkrieg, der auch St. Georg stark in Mitleidenschaft zog, verfiel das Haus zunehmend.

In den 1970er-Jahren, einer Zeit, in der viele Altbauten in Hamburg dem Abriss weichen sollten, stand auch die Koppel 66 kurz davor, verloren zu gehen. Doch engagierte Anwohnerinnen und Anwohner sowie Künstlerinnen und Künstler setzten sich für den Erhalt ein.

Aus dieser Initiative entstand in den 1980er-Jahren das Künstlerhaus Koppel 66. In den alten Werkstatträumen richteten Kunsthandwerkerinnen, Designer, Fotografen und Goldschmiede ihre Ateliers ein. Das Konzept war von Anfang an darauf ausgelegt, der Öffentlichkeit den Zugang zu ermöglichen.

St. Georg

Die Koppel 66 ist damit nicht nur ein Arbeitsort für Kunstschaffende, sondern auch ein lebendiges Kulturdenkmal. Sie steht für den erfolgreichen Erhalt historischer Bausubstanz, für bürgerschaftliches Engagement und für die kreative Vielfalt, die St. Georg auszeichnet.

Mein altes Hamburg

Die Unbehagensche Schule

Die Unbehagensche Schule wurde im Jahr 1800 von Johann Andreas Christoph Unbehagen (geb. 1776) gegründet, zunächst ausschließlich für Knaben, ab 1802 auch für Mädchen.

Etwa 1804 zog das Institut in die Vorstadt St. Georg am östlichen Stadtrand Hamburgs — damals noch ein eher ländliches Gebiet außerhalb der dänischen Festungsanlagen. Die Schule verfügte über ein Pensionat-Modell: Einige Schüler lebten dauerhaft im Haus, z. B. Kinder von Eltern, die im Ausland tätig waren.

Die Pensionäre nannten übrigens Unbehagens „Vater“ und „Mutter“, Mama und Papa. Heimweh gab es offensichtlich nie, dafür sorgten die Unbehagens:

Trotz guter Leitung und Engagement musste Unbehagen das Institut am 27. September 1845 schließen. Seine drei Söhne zeigten kein Interesse, das Lehrgeschäft fortzuführen. Damit existierte die Schule rund 45 Jahre und trug in einer Zeit, in der Hamburgs Vorstadt-Gebiete stark im Wandel waren, zur Bildung junger Menschen bei. Ihr Gründer blieb bis zu seinem Tod 1857 mit vielen ehemaligen Schülern verbunden. (Geschichtsbuch Hamburg)

Hans Albers und St. Georg

Hans Albers, einer der bekanntesten deutschen Schauspieler und Sänger des 20. Jahrhunderts, war eng mit Hamburg verbunden – insbesondere mit dem Stadtteil St. Georg. Geboren 1891 in Hamburg, wuchs Albers in dieser lebendigen und oft rauen Gegend auf. Das Viertel war damals ein Schmelztiegel aus Arbeiterviertel, Hafenmilieu und Künstlerleben – ein Umfeld, das den jungen Albers prägte und später in seinen Rollen als charismatischer Draufgänger und Seemann wiederzuerkennen war.

Obwohl er später zum Filmstar in Berlin und ganz Deutschland wurde, blieb Hamburg für Albers zeitlebens ein zentraler Bezugspunkt. In St. Georg erinnert heute vieles an den berühmten Sohn der Stadt, unter anderem Straßennamen und Denkmäler, die an seine unverwechselbare Mischung aus hanseatischem Charme und Rebellion erinnern.

Hansa-Platz in Hamburg – ein kleiner Platz mit Geschichte

Der Hansa-Platz liegt im Herzen von St. Georg, nur wenige Schritte vom Hauptbahnhof entfernt. Trotz seiner überschaubaren Größe hat er eine lange Tradition als urbaner Treffpunkt. Der Platz entstand im Zuge der städtebaulichen Erweiterungen Ende des 19. Jahrhunderts und wurde nach der Hanse benannt, der historischen Handelsgemeinschaft, die Hamburg über Jahrhunderte prägte.

Hansa Platz St. Georg

Heute wird der Hansa-Platz vor allem von Reisenden, Berufspendlern und Anwohnern genutzt. Er ist von Hotels, Läden und Gastronomie umgeben und dient oft als Ausgangspunkt für Spaziergänge durch St. Georg oder die benachbarte Innenstadt. In den vergangenen Jahren gab es wiederholt Diskussionen über seine Umgestaltung, da der Platz sozial eine wichtige Rolle im Viertel spielt.

Trotz seiner Lage im geschäftigen Bahnhofsviertel bietet der Hansa-Platz kleine Grünflächen und Sitzmöglichkeiten – ein kurzer Moment der Ruhe mitten im urbanen Trubel.

Drogen in St. Georg – ein Stadtteil im Spannungsfeld

St. Georg ist bunt, laut und voller Leben – und doch liegt über manchen Ecken ein Schatten. Rund um den Hauptbahnhof, am Hansaplatz und in kleinen Seitenstraßen trifft man Menschen, die im Strudel von Abhängigkeit, Armut und Hoffnungslosigkeit feststecken. Für viele Anwohner ist das tägliche Bild von Not und Verzweiflung schwer auszuhalten, zugleich prägt es das Mitgefühl und den Zusammenhalt im Viertel.

Helferinnen und Helfer versuchen, Halt zu geben, doch die Realität bleibt rau. St. Georg zeigt, wie nah Lebendigkeit und Leid in einer Großstadt beieinander liegen – und wie wichtig Menschlichkeit inmitten all dessen ist.

Und sonst so?

Es gibt noch viel mehr über St. Georg zu berichten. Z.B. gibt es dort auch einige Moscheen und nicht zu vergessen Theater. Das Ohnsorg-Theater gleich hinterm Bahnhof, wo in Erinnerung an die Schauspielerin Heidi Kabel Stücke auf Plattdeutsch gegeben werden. Oder das prächtige Schauspielhaus mit den klassischen und auch modernen Aufführungen.

Meiner Meinung nach behandelt man St. Georg meist stiefmütterlich, es liegt halt „hinterm Bahnhof“. Touristen gehen lieber in die Mönckebergstraße. Dort lockt das verheißungsvolle und vornehme Hamburg mit eleganten Läden und prachtvollen Sehenswürdigkeiten wie dem Rathaus.

Aber macht Euch mal auf und entdeckt ein anderes Hamburg: Vielfältig, bunt und nicht immer leise.

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Zuletzt aktualisiert vor 9 Stunden ago

Ulrike

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