True Crime, Krimis und Thriller sind etwas, dass ich gerade jetzt, wo es mir nicht so gut geht, ansehe oder lese. Die Mörder. wenn sie gefasst werden, enden immer mit einer heftigen Strafe und meine Hoffnung auf Gerechtigkeit wird befriedigt. Doch Buddha hat eine ganz andere überraschende Lösung!
Die buddhistische Überlieferung kennt viele eindrucksvolle Begegnungen, doch kaum eine ist so radikal wie die zwischen Buddha und dem gefürchteten Mörder Angulimala. Diese Geschichte zeigt nicht nur die Kraft von Mitgefühl, sondern auch den Glauben an die Möglichkeit vollständiger innerer Wandlung – selbst für den schlimmsten Verbrecher.
Über Angulimala – Aṅgulimāla Sutta
Angulimala, ursprünglich Ahimsaka („der Gewaltlose“) genannt, war ein begabter Schüler eines angesehenen Brahmanen. Aus Neid und Intrigen der Mitschüler wurde Ahimsaka von seinem eigenen Lehrer manipuliert. Dieser verlangte als „letzte Prüfungsaufgabe“, er solle tausend Finger von getöteten Menschen bringen – ein perfider Plan, um den jungen Mann zu vernichten.

Ahimsaka, verwirrt und gehorsam, wurde so zum Banditen Angulimāla („Fingerkette“), der in einem Wald Reisende überfiel und tötete. Sein Name rührte von einer Kette aus Fingern seiner Opfer her, die er um den Hals trug. Die Menschen im Königreich lebten in Angst, und selbst Soldaten wagten sich nicht in seine Nähe.
Die Begegnung mit Buddha
Als Buddha erfuhr, dass Angulimāla sein nächstes Opfer eine schwangere Frau machen wollte, entschloss er sich, persönlich einzugreifen. Ohne Schutz oder Waffen ging er allein in den Wald – ein Schritt, den niemand sonst zu wagen bereit war.
Dann, als es Morgen war, kleidete sich der Erhabene an, nahm seine Schale und äußere Robe und ging um Almosen nach Sāvatthī hinein. Als er um Almosen in Sāvatthī umhergegangen war und nach seinem Mahl von seiner Almosenrunde zurückgekehrt war, brachte er seine Lagerstätte in Ordnung, nahm seine Schale und äußere Robe und machte sich auf der Straße, die zu Aṅgulimāla führte, auf den Weg.
Vorbeikommende Hirten, Schäfer und Bauern sahen den Erhabenen die Straße, die zu Aṅgulimāla führte, entlanggehen und sagten zu ihm: „Nimm nicht diese Straße, Mönch. An dieser Straße hält sich der Verbrecher Aṅgulimala auf, ein mörderischer Mensch mit Blut an den Händen, der sich der Gewalt und dem Totschlag verschrieben hat und lebenden Wesen gegenüber gnadenlos ist. Dörfer, Marktstädte und Bezirke sind von ihm verwüstet worden. Ständig bringt er Menschen um und er trägt ihre Finger als Halskette. Es sind Männer in Gruppen von zehn, zwanzig, dreißig und sogar vierzig diese Straße entlanggekommen, aber trotzdem sind sie Aṅgulimala in die Hände gefallen.“ Nach diesen Worten ging der Erhabene schweigend weiter.
Ein zweites Mal sagten die Hirten, Schäfer und Bauern dies zum Erhabenen, aber der Erhabene ging dennoch schweigend weiter. Ein drittes Mal sagten die Hirten, Schäfer und Bauern dies zum Erhabenen, aber der Erhabene ging dennoch schweigend weiter.
Majjhima Nikāya 86
Über Angulimala – Aṅgulimāla Sutta
Angulimala bemerkte Buddha und rannte auf ihn zu. Doch obwohl der Mörder schnell war, konnte er Buddha nicht einholen. Er schrie:
„Bleib stehen, Mönch!“
Buddha antwortete ruhig:
„Ich bin stehen geblieben. Du aber bist es, der nicht stehen geblieben ist.“
Verwirrt fragte Angulimala, was Buddha damit meine. Buddha erklärte, dass er selbst aufgehört habe, Gewalt auszuüben und andere zu verletzen. Angulimala aber jage weiter Leid und Tod hinterher.
Diese Worte trafen den Mörder tief. Niemand hatte zuvor zu ihm in solcher Klarheit gesprochen. Statt ihn zu verurteilen, bot Buddha ihm Verständnis und Mitgefühl.
„Obwohl du gehst, Mönch, sagst du, du seist steh’n geblieben;
Ich stehe, doch du sagst, ich sei nicht steh’n geblieben.
Ich frag‘ dich nun, o Mönch, was das bedeutet:
Wieso bist du statt meiner steh’n geblieben?“
„Aṅgulimāla, für immer bin ich steh’ngeblieben,
Enthalte mich aller Gewalt gegenüber den Wesen;
Doch du kennst Zurückhaltung nicht gegenüber dem Leben:
Deshalb bin ich stehengeblieben, dagegen du nicht.“
„Zu guter Letzt ist dieser Mönch, ein hochverehrter Weiser,
In diesen großen Wald gekommen, meiner Rettung willen.
Nachdem ich deinen Vers gehört, der mich das Dhamma lehrte,
Will ich für immer in der Tat das Übel unterlassen.“
Nach diesen Worten nahm der Räuber seine Waffen,
In hohem Bogen warf er sie in einen Abgrund.
Den Füßen des Erhab’nen huldigt‘ der Verbrecher
Und auf der Stelle bat er ordiniert zu werden.
Da sprach zu ihm der Buddha, voll von großem Mitleid,
Der Lehrer dieser Welt mit allen ihren Göttern,
Der So-Gewordene, er sagte, „Komm, oh Bhikkhu.“
Und so geschah es, daß der Mörder Bhikkhu wurde.Majjhima Nikāya 86
Über Angulimala – Aṅgulimāla Sutta
Der Wendepunkt
Gerührt und erschüttert legte Angulimāla seine Waffen nieder und bat um Aufnahme in Buddhas Gemeinschaft. Buddha akzeptierte ihn ohne Zögern – sehr zum Erstaunen seiner Schüler.
Von da an lebte Angulimāla als Mönch, lernte Meditation und Achtsamkeit, und verzichtete vollständig auf jede Form der Gewalt.
Akzeptanz in der Gesellschaft
Obwohl Angulimāla sich gewandelt hatte, begegnete ihm die Gesellschaft mit Feindseligkeit. Menschen warfen Steine nach ihm, sobald er um Almosen bat. Buddha sagte zu ihm:
„Du erleidest nun im Kleinen die Folgen deiner Taten aus der Vergangenheit. Hätte ich dich nicht aufgenommen, wärst du im Großen dafür bestraft worden.“
Trotz aller Ablehnung blieb Angulimala beständig, geduldig und gewaltlos.
Die spirituelle Vollendung
Am Ende erreichte Angulimala laut buddhistischer Überlieferung sogar den Zustand des Arhats – jemand, der Befreiung vom Leiden erlangt hat. Seine Geschichte wird bis heute erzählt als Beispiel dafür, dass kein Mensch unrettbar verloren ist.
Bedeutung der Geschichte heute
Die Erzählung von Buddha und Angulimala ist mehr als ein religiöser Mythos. Sie vermittelt zeitlose Botschaften:
- Jeder Mensch kann sich verändern, unabhängig von seiner Vergangenheit.
- Mitgefühl kann Gewalt durchbrechen, wo Strafe allein es nicht kann.
- Echte Reue und Verantwortung sind der Schlüssel zu innerem Frieden.
In einer Welt, die oft zwischen „Gut“ und „Böse“ unterscheidet, erinnert die Legende daran, dass selbst im tiefsten Dunkel ein Funken Menschlichkeit bleiben kann – und dass jemand wie Buddha diesen Funken sehen kann.

Analyse: Die Begegnung zwischen Buddha und Angulimala
Die Erzählung von Buddha und dem Mörder Angulimāla gehört zu den eindrucksvollsten Transformationsgeschichten im Buddhismus. Ihre Bedeutung reicht über religiöse Grenzen hinaus und behandelt Fragen nach Schuld, Veränderung und moralischer Verantwortung.
Radikale Wandlung
Die Geschichte zeigt die buddhistische Überzeugung, dass kein Mensch essenziell böse ist. Angulimāla wird nicht als Monster dargestellt, sondern als jemand, der manipuliert und fehlgeleitet wurde. Seine Umkehr verdeutlicht das buddhistische Prinzip:
„Nichts ist unveränderlich – auch nicht der Mensch.“
Gewalt vs. Mitgefühl
Buddhas Ansatz ist revolutionär: Er geht ohne Schutz auf den gefährlichsten Mörder zu. Er bekämpft Gewalt nicht mit Gewalt, sondern mit überragender Ruhe, Klarheit und Mitgefühl.
Die Schlüsselszene – „Ich bin stehen geblieben, du aber nicht“ – illustriert die innere Dimension von Gewalt:
- Buddha steht für innere Ruhe und Nicht-Verhaftung.
- Angulimāla für inneren Drang, Getriebenheit und Unwissenheit (Avidyā).
Karma und Verantwortung
Das Weiterleben von Karma wird deutlich: Angulimāla wird zwar Mönch, aber er kann seiner Vergangenheit nicht entkommen. Die Steine, die Menschen nach ihm werfen, repräsentieren seine früheren Taten.
Buddhas Kommentar dazu:
Angulimāla erlebt nun milde karmische Folgen, statt einer extremen karmischen Konsequenz.
Damit verbindet die Geschichte Mitgefühl mit moralischer Accountability – keine naive Vergebung, aber auch keine ewige Verdammung.
Philosophische Perspektiven
Die Auflösung des „Bösen“
Die Erzählung bricht mit der Vorstellung eines ontologisch bösen Menschen. Für den Buddhismus ist das „Böse“ ein Zustand des Leidens, der Verblendung, nicht ein fester Wesenskern.
Angulimāla handelt aus:
- Täuschung
- Angst
- Verblendeter Loyalität gegenüber seinem Lehrer
Das macht sein Handeln nicht gut – aber erklärbar.
Die Kraft der Einsicht
Entscheidend ist nicht ein Wunder, sondern Einsicht. Die kurze, aber präzise Aussage Buddhas wirkt wie ein Spiegel, der Angulimāla zeigt, wer er geworden ist. Die Transformation beginnt geistig, nicht äußerlich.
Bedeutung für Ethik und Recht
Die Geschichte fordert moderne ethische Systeme heraus:
- Können extrem schuldbehaftete Menschen sich ändern?
- Welche Rolle spielen Reue, Einsicht und spirituelle Entwicklung in der Bewertung von Schuld?
- Welche Verantwortung trägt die Gesellschaft gegenüberjenigen, die sich geändert haben?
Angulimālas Leiden als Mönch zeigt, dass soziale Vergebung schwieriger ist als spirituelle.
Psychologische Dimension
Die Erzählung lässt sich auch psychologisch lesen:
- Trauma und Manipulation: Angulimāla wird durch einen Vertrauensbruch zerstört.
- Identitätsverlust: Sein Name („Der Gewaltlose“) steht im krassen Gegensatz zu seiner späteren Identität.
- Konfrontation: Buddha zwingt ihn nicht zur Wandlung – Angulimāla erkennt selbst, dass er einen zerstörerischen Weg eingeschlagen hat.
Diese Struktur ähnelt modernen Modellen der Rehabilitationspsychologie.
Wirkung und Rezeption
Die Geschichte wird in buddhistischen Traditionen unterschiedlich betont:
- Theravāda: Beispiel für die Macht der Meditation und ethisches Verhalten.
- Mahāyāna: Symbol für unendliches Mitgefühl und Bodhisattva-Ideal.
- Moderne Leser: Parabel über Vergebung, Entstigmatisierung und Neuanfang.
Heute wird sie häufig in Gefängnissen erzählt und therapeutisch verwendet.
Fazit
Die Begegnung zwischen Buddha und Angulimāla ist weit mehr als eine religiöse Legende. Sie ist eine tiefgründige Reflexion über:
- die Möglichkeit von Veränderung
- die Grenzen von Gewalt
- die Macht von Mitgefühl
- die Verantwortung für eigene Taten
Sie zeigt eine Welt, in der selbst der schlimmste Täter nicht auf seine Vergangenheit reduziert wird – und in der Mitgefühl stärker sein kann als Angst.
Meine Meinung
Welche Möglichkeiten! Ich fand die Geschichte schon immer faszinierend. Wie viele „Was wäre wenn?“ werden mit einer solchen Vision möglich? Ich weiß, dass es jetzt nicht möglich wird. Es ist noch sehr viel Umdenken nötig. Wie wäre die Welt ohne Kriege, ohne Morde! Stattdessen Verständnis, Behutsamkeit, friedliches Sprechen miteinander.
Links
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