Blind unterwegs – wie geht das?

Ich bin nicht blind und ich habe während meiner Reise und auch während meiner Arbeit im Reisebüro keinen blinden Menschen gesehen, der gereist ist. Erst bei meiner Arbeit für die Bahnhofsmission seit mehr als 20 Jahren habe ich Menschen kennengelernt, die sich auch mit ihrer Einschränkung das Reisen nicht vermiesen lassen.

Was ist eigentlich Blindheit?

„Von einer Sehbehinderung spricht man, wenn die Sehschärfe trotz bestmöglich angepasster Sehhilfen weniger als 0,3 beträgt. Eine Sehschärfe von weniger als 0,05 ist als hochgradige Sehbehinderung definiert. Um Blindheit handelt es sich bei einer Sehschärfe unter 0,02. In Deutschland kommen pro Jahr knapp 200 Kinder blind und rund 1000 Kinder mit einer hochgradigen Sehbehinderung zur Welt.“ Uniklinik Würzburg

Doch wie viele Menschen sind von Blindheit in Deutschland betroffen? Blinde und sehbehinderte Menschen werden in Deutschland nicht gezählt. Einen großen Anteil bilden die Älteren, die bis zu 50% aller Erblindeten darstellen. Das heißt, dass sie früher sehend waren und nun nach und nach erblinden.

Laut Auskunft des Statistischen Bundesamtes gab es am 31. Dezember 2021 in Deutschland:

71.260 blinde Menschen
46.820 hochgradig sehbehinderte Menschen
440.645 sehbehinderte Menschen
Gesamt: 558.725

Das sind nur die Zahlen derjenigen, die einen Schwerbehindertenausweis haben. Viele Sehbehinderte haben keinen. Es sind nur Leute, die auch mit einer Brille oder Kontaktlinsen nur eingeschränkt bzw. gar nicht sehen können.

Meine persönlichen Erfahrungen mit dem schlechten Sehen

Ich habe mit 40 Jahren als Höhepunkt 8 Dioptrien gehabt, damit war ich eigentlich hart an der Grenze zur Sehbehinderung. Ich konnte das aber gut mit einer Brille ausgleichen. Mit einsetzender Altersweitsicht wurde es ein wenig besser. Schließlich hat mich der Graue Star erwischt. Aber der kann heute ganz leicht operiert werden. Nun kann ich wieder fast normal sehen.

Ulrike mit Brille

Aber ich kann nachempfinden, was Menschen sehen, wenn sie nicht sehen können. Vor meiner Asienreise wollte ich von Kontaktlinsen auf eine Brille wechseln. Zwei Tage waren damals notwendig, an denen ich keine Brille oder Kontaktlinsen tragen durfte.

Ich hatte mich nicht krank gemeldet (wäre vielleicht besser gewesen) und bin zu meiner Arbeit im Reisebüro gegangen. Das war schlimm. Ich konnte die Kunden zwar sehen, auch ob sie Frauen oder Männe waren, aber das wars dann. Kein Gesichtsausdruck, keine Zustimmung oder Ablehnung meines Angebots, abgesehen davon, dass ich kaum ein passendes Angebot machen konnte.

Also: Ich fühlte ziemlich blind. Aber mein Augenarzt beruhigte mich. Ich konnte nur normal nicht gut gucken. Aber das war schon eine ziemlich prägende Erfahrung. Nachdem ich vor zwei Jahren meine Augen operieren ließ und dann wieder fast normal gucken konnte, war das ein tolles Erlebnis, vor allem in den ersten Tagen. Wow!

Doch wie ist es, wirklich blind zu sein?

Wie wird Blinden geholfen?

Nachfolgendes gilt vor allem in Deutschland. Von anderen Ländern kann ich nicht viel sagen. Vielleicht könnt Ihr ja Eure Erfahrungen in den Kommentaren teilen.

Blinde und sehbehinderte Menschen erkennt man in Deutschland relativ leicht an den 3 schwarzen Punkten auf gelbem Grund.

Für das barrierelose Leben wird heute viel getan. Mir erscheint der Computer eines der wichtigsten Werkzeuge für Blinde zu sein. Durch eine entsprechende „Übersetzungsapp“ kann sich der Mensch die Texte vorlesen lassen und an dem Leben auch blind im Internet teilhaben. Aber er hat auch die Möglichkeit, Texte in die Blindenschrift Braille transferieren zu lassen und wieder zurück, so dass auch andere Menschen es lesen können.

Überall im öffentlichen Raum gibt es Hinweise in Braille für Blinde. Es gibt die weissen Streifen auf den Bürgersteigen oder z.B. im Bahnhof, an denen man sich mit dem langen Stock der Blinden orientieren kann,

Oder die Blindenampel: Das gelbe Kästchen, das an den Ampeln befestigt ist, wo man anderswo drücken, um die Ampel zu bewegen, dass sie Grün wird. Das Kästchen gibt einen Piepton von sich, wenn es sicher ist, die Fahrbahn zu überqueren.

Wenn man sich genauer informieren möchte, gibt es jetzt ein kostenloses Servicebuch Auge, das Du beim Verlag bestellen kannst.

Es gibt sicherlich noch viel mehr über Blindheit und Sehbehinderung zu schreiben, doch ich will hier nur darauf aufmerksam machen. In dem Servicebuch Auge sind alle Aspekte beschrieben.

Denkt aber immer daran: Der Blinde ist ein selbstbestimmter Mensch, der sekbst entscheidet, welche Hilfe und wieviel Hilfe er braucht oder annimmt.

Wenn Ihr einem Blinden begegnet, greift ihm nicht einfach unter den Arm und zerrt ihn über eine Straße o.ä.! Er hat Euch nicht gesehen!! Fragt ihn ruhig, ob Ihr ihm helfen könnt. Wenn er möchte, dann führt ihn, indem Ihr ihm den Arm anbietet und er sich einhaken kann. Macht ihn auf Himdernisse und einen Richtungswechsel rechtzeitig aufmerksam.

Bei der Bahnhofsmission kann sich jeder Blinde oder Behinderte anmelden, wenn er beim Umsteigen Hilfe braucht!

Begegnungen unterwegs

Wir können uns glücklich schätzen, dass wir in Deutschland leben. In anderen Ländern ist es sehr viel schlechter um Blinde und Sehbehinderte bestellt.

Ihr werdet Euch vielleicht schon gefragt haben, ob man anderswo keine Blinde hat. Nun, man sieht sie nicht, weil sie zuhause bleiben oder man sie in unsäglichen Heimen hält.

Beispiel Nepal

In Nepal gibt es verschiedene Organisationen, die sich speziell um Blinde und Sehbehinderte kümmern. Es scheint angesichts der vielen Probleme dieses nachwievor sehr armen Landes verschwindend wenig zu sein, was getan wird.

In Nepal gibt es über 260.000 Haushalte, in denen sehbehinderte Menschen leben.

Kind in Nepal

Die Anzahl der blinden Kinder in Nepal wird auf ca. 30.000 geschätzt. Wie in vielen Entwicklungsländern ist auch in Nepal der Hauptgrund für Blindheit oft nur ein Mangel an Vitamin A in der Nahrung.

Sayata DSA Lalitpur

Häufig sind es ausländische Hilfsorganisationen, die sich kümmer, nicht um Blinde auch um all die anderen Schwerbehinderten. Es gibt in Nepal, wie auch in anderen armen Ländern, vielzuviel zu tun. Im öffentlichen Leben gibt meistens die vielen Hilfsmittel, die uns zur Verfügung stehen (s.o.), nicht.

Blind in China

Auch in China ist das Leben für Blinde nicht leicht. 2008 ratifizierte die chinesische Regierung die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen.

„Heute zielen nach staatlichen Angaben rund 80 Gesetzte und 50 Verwaltungsvorschriften darauf ab, die Rechte von Menschen mit Beeinträchtigungen zu schützen.“ – „Nach Angaben des chinesischen Bildungsministeriums ist die Einschulungsquote von Kindern mit Behinderungen bis 2020 auf über 95 Prozent gestiegen“. Konrad-Adenauer-Stiftung

Das sind natürlich alle Menschen mit Beeinträchtigung gemeint. Und die Blinden?

Leitstreifen für Blinde

„In China gibt es 17 Millionen Menschen mit Sehbehinderungen. Obwohl sie Computer- und Handy-Bildschirme nicht sehen können, können sie durch Bildschirm-Lesesoftwares Informationen aus dem Internet erhalten. He Chuan ist Direktor des Zentrums für barrierefreie Informationsverbreitung der Chinesischen Braille-Bibliothek. Selbst unter einer Sehbehinderung leidend, setzt er sich seit mehr als 20 Jahren für die Förderung einer barrierefreien Informationsverbreitung für Blinde ein – egal ob als Braille-Redakteur oder Entwickler von Bildschirm-Lesesoftwares. He erklärt: „Menschen mit Sehbehinderungen können mit Bildschirm-Lesesoftwares ganz bequem den Computer nutzen und im Internet surfen. Es gibt jetzt auch viele Handy-Apps, um Schwierigkeiten bei der Arbeit und im Alltag zu lösen. Das ist jetzt sehr bequem.“ Beijing Info

In den Großstädten findet man schon manchmal entsprechende barrierefreien Einrichtunge wie Streifen auf den Strassen oder Hinweise in Blindenschrift.

Chinesisch

盲 •  máng = blind

Übrigens: 盲肠炎 • mángchángyán = Blinddarmentzündung

Blinde Bettler

Unterwegs in anderen Ländern werdet Ihr auch blinden Bettlern begegnen. Da müsst Ihr immer überlegen, dass wenn Ihr Geld gebt, dass dies nicht nachhaltig ist. Ich sag nicht, dass Ihr nichts geben sollt.

Aber es ist es wert, darüber nachzudenken, was Du tun kannst, das nachhaltig wirkt. Wenn Du den Blinden irgendwo auf der Welt helfen will, dann wende Dich an eine der Hilfsorganisationen. Diese können viel zielgerichteter helfen.

Blindenschrift Braille
Braille

Servicebuch Auge

In dem kürzlich erschienenen „Servicebuch Auge“ sind alle Informationen und Organisationen, die für Sehbehinderte von Nutzen sind, zusammengefasst.

  • Von AMD bis Vorsorge – großer Infoteil
  • Tests und Tabellen
  • Adressen und Anprechpartner

zitiert aus dem Servicebuch Auge

Links

Fotos alle von Pixabay

Zuletzt aktualisiert vor 2 Wochen

Ulrike

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