Am Ende der Welt gibt es eine grüne Halbinsel, von Sturm und dem wilden Atlantik geschüttelt und umtost. Die Dingle Halbinsel. Wenn Du denkst, es geht nicht weiter, siehst Du auf halbem Weg zwischen Ozean und kahlen Hügeln ein merkwürdiges graues Gebäude, wie ein umgedrehtes Schiff: Das Gallarus Oratory.
Die Dingle Halbinsel
Wie einsam muss es einst hier gewesen sein! Wahrscheinlich der ideale Rückzugsort für frühe christliche Mönche. Damals, im 7. Jahrhundert empfanden manche Mönche eine große Sehnsucht nach Einsamkeit und einem ruhigen Ort zur Kontemplation. Hier fanden sie ihn und bauten ein kleines Kloster und später ein einfaches Gebetshaus, das Gallarus Oratory.
Länge innen 4,65m
Breite außen 5,75m
Breite innen 3,10m
Das bedeutet, dass die Mauern mehr als 1 Meter dick sind.
Das Kloster von Kilmalkedar, von dem Archäologen Spuren gefunden haben, ist lang vergangen. Nur das Gebetshaus steht noch, als könne ihm nichts und niemand was anhaben. Aus grauen flachen Granitsteinen ohne Mörtel errichtet trotzt es noch immer den Stürmen der irischen See. Die Mauern und das Dach sind so genial gebaut, dass niemals der irische Regen ins Innere gelangt.
Die Dingle Halbinsel war schon immer ein abgelegener Ort mit wenigen armen Dörfern. Die Erinnerung an das Gallarus Oratory ging verloren. So kommt es, dass man von einer „Entdeckung“ der Kapelle durch einen Charles Smith im Jahr 1756 spricht. Zwei Jahre später besuchte Richard Pococke die Kapelle und erzählte die Legende vom Riesen.
Geschichte
Die Forscher sind sich fast sicher, dass das Gallarus Oratory im 8. Jahrhundert erbaut wurde. Es könnte aber auch das 12. Jahrhundert gewesen sein. Der Name „Gallarus“ kommt aus der Gälischen. „Gall Aras“ bedeutet „Haus der Fremden“. Eine andere Möglichkeit der Deutung ist „Gall-iorrus“, was mit „felsige Landzunge“ übersetzt wird. Heute spricht man auf Gälisch von Sáipéilín Ghallarais – der Gallarus Kapelle.
Schon diese wenigen Worte lassen es wenig verwunderlich erscheinen, dass sich die Gelehrten noch nicht einmal über den Zweck des Gebäudes klar sind: Gebetshaus? Kirche? Pilgerherberge? Einsiedelei? Es heißt sogar, dass sich auf dem Dach einst eine Glocke befand, die bei Gefahr geschlagen wurde. Damit wurden die Menschen in der Umgebung gewarnt.
V. R. Tiede von der Yale University will herausgefunden haben, dass sich die stets an der Ostseite liegenden Fensteröffnungen am Sonnenlauf orientieren und auf den 17. März und 31. August ausgerichtet sind. Wikipedia)
Ich möchte diesen abgelegenen Ort gerne mit den Geschichten von Irischen Mönchen verbinden, die in die Welt hinausgingen, um das Christentum zu verbreiten.
Das iroschottische Christentum, das bereits vor dem 5. Jahrhundert auf der Insel Fuß fasste, war geprägt durch das Mönchtum. Die Klöster legten Wert auf das Bibelstudium; Irland stand im Ruf einer „Insel der Heiligen und Gelehrten“. Karl der Große lud aus diesem Grund irische Gelehrte von der „Insel der Gebildeten“ an seinen Hof ein.
Die Peregrinatio der Mönche, das Verlassen der Heimat um der Mission willen, galt als asketische Übung. Irische Mönche trugen die sogenannte transverse Tonsur, bei der die vordere Hälfte des Schädels geschoren wurde.
Die Mission der Irischen Mönche
Irische Mönche sollen schon sehr früh mit Schiffen über den Atlantik gefahren sein und Amerika entdeckt haben. Wenn man vom Gallarus Oratory aufs Meer blickt, so befindet sich nichts mehr zwischen dieser Küste und dem amerikanischen Kontinent. Eine faszinierende Vorstellung!
Ein berühmter Missionar aus dieser Gegend ist der Heilige Brendan. Bekannt ist er durch die Navigatio Sancti Brendani, einen im Mittelalter sehr beliebten und verbreiteten Bericht über eine Seereise, die er zwischen 565 und 573 mit zwölf Gefährten unternommen haben soll.
Das Ziel dieser Reise war die „Terra Repromissionis sanctorum“, eine verheißene heilige Insel im Westen. Auf dem Weg zu dieser Brendaninsel, die in mehreren mittelalterlichen Karten verzeichnet ist, erlebte er allerhand Abenteuer, von denen das bekannteste die Verwechslung des Fisches Jasconius mit einer Insel ist. (Wikipedia). Diese Legenden bieten den Nährboden für die Vermutung, dass die irischen Missionare schon so früh Amerika entdeckten.
Das Gallarus Oratory heute
Ich habe das Gallarus Oratory an einem strahlenden Sommertag besucht. Das Wetter war so ganz anders als das bekannte irische Regenwetter. Alle Farben leuchteten, die Bienen summten in den Fuchsienhecken und die Vögel erhoben sich jubelnd in den Himmel.
Das graue Gebäude strahlt Ewigkeit und Beständigkeit aus. Die schlichte Bauweise passt genau richtig in die irische Landschaft. Es reduziert die Betrachtungen des Besuchers auf das Einfache und Wesentliche. Auch wenn ich Buddhistin bin, spüre ich hier eine spezielle Heiligkeit und kann mir gut vorstellen, dass manch gläubiger Mensch sich an dieser Stelle seinem Gott nahe fühlt.
Im Sommer ist dies ein beliebtes Ziel für Tourbusse und Reisegruppen.
Mit diesem Beitrag nehme ich an einem Roundup der Reiseeule teil. Hier geht es nun zu 37 sagenhaften sakralen Bauten rund um die Welt
Links
Zum Schluss noch ein Gedicht, das die schöne Atmosphäre beschreibt:
In his meditation on Gallarus Oratory poet Seamus Heaney explores its entranceway as a metaphorical “door into the dark,” which is also the title of his collection of poems published in 1969. He enters this ancient space and senses a kinship with the monks who may have prayed there a millennium earlier.
In Gallarus Oratory
You can still feel the community pack
This place: it’s like going into a turfstack,
A core of old dark walled up with stone
A yard thick. When you’re in it alone,
You might have dropped, a reduced creature,
To the heart of the globe. No worshipper
Would leap up to his God off this floor.Founded there like heroes in a barrow,
They sought themselves in the eye of their King
Under the black weight of their own breathing.
And how he smiled on them as out they came,
The sea a censer and the grass a flame.Quelle: voicesfromthedawn.com
- Die Taklamakan-Wüste, geheimnisvoll und abenteuerlich - 1. Dezember 2024
- Deutsches Zollmuseum Hamburg - 26. November 2024
- China Visum – ein Rückblick - 22. November 2024