Höhlen der Vorzeit und Eiszeitkunst in der Schwäbischen Alp

Naja, Vorzeit stimmt nicht ganz, denn die Höhlen existieren ja auch heute noch. Für mich und Welt sind sie von Bedeutung als Fundstätten der ersten Kunstwerke, der berühmtesten Eiszeitkunst der Menschheit.

Schon immer hat mich der Vormensch und die Steinzeit fasziniert. Woher kommen wir? Wie wurden wir zu dem, was wir heute sind? Fragen, die mich auch heute nicht loslassen. Schließich wird immer Neues gefunden, das unser Wissen um frühere Zeiten erneuert, revolutioniert und verändert.

So hat man erst 2008 in der Höhle Hohle Fels einige Bruchstücke gefunden, die man letztendlich zu einer Frauenfigur, der Venus von Hohe Fels, zusammenfügen konnte.

UNESCO Welterbe Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb

2017 wurden die sechs Höhlen des Achtals und des Lonetals zum UNESCO-Welterbe ernannt.

Dazu gehören im Achtal die Höhlen Hohle Fels, Geißenklösterle und Sirgenstein, im Lonetal die Höhlen Hohlenstein, Vogelherd und Bockstein.

Die Höhlen zeugen von der frühesten figurativen Kunst weltweit und liefern wichtige Erkenntnisse über die Entwicklung der Kunst. Auch die ältesten weltweit bekannten Musikinstrumente, Flöten aus Tierknochen, wurden hier gefunden.

Blaubeuren Landschaft

Schwäbische Alp

Die Schwäbische Alp liegt in Süddeutschland. Städte, die am Rande liegen und die Alp kennzeichnen, sind Ulm, Reutlingen, Tuttlingen und Böblingen. Die Donau fließt am südlichen Rand entlang.

Die Landschaft ist bekannt für wunderschöne Wandergebiete und die außerordentlich großen Höhlen. Nebenbei gibt es noch idyllische Dörfer und Kleinstädte zu entdecken.

Die niedrigen Berge haben sich in der Zeit des Jura (vor 201 bis 145 Millionen Jahren, Blütezeit der Dinosaurier) gebildet und bestehen aus mesozoischen Sedimentgesteinen, vor allem Kalkstein. Sie gilt als eines der größten zusammenhängenden Karstgebiete in Deutschland. 

Bei Karst fällt mir spontan das Gebiet in Südchina ein, das durch die typischen Karstkegelberge auffällt. Das Karstgestein ist weich und läßt sich vor allen Dingen durch Wasser leicht formen.

Deshalb gibt es in einem solchen Gebiet meistens viele beeindruckende Höhlen, deren teils spektakuläre Hallen mit hohen Tropfsteinsäulen versehen sind. So ist es auch in der Schwäbischen Alp.

die Landschaft als die Eiszeitkunst entstand.

Diese Höhlen fanden die Menschen in der Eiszeit so bequem, dass sie diese als zeitweilige Unterkunft wählten. Wobei meistens der geschützte Teil des Eingangs als Wohn- und Schlafgelegenheit genutzt wurde.

Aber sie drangen auch in die hinten liegenden Hallen vor und gestalteten dort ihre Eiszeitkunst. Allergings schufen sie nicht gigantische Malereien, sondern feine, kleine Figürchen. Dabei hat die Forschung noch immer keine Antwort, was die Figuren bedeuten.

Eiszeitkunst Blaubeuren

Außerdem liegen zwischen der Herstellung der Figuren manchmal mehrere tausend Jahre. Stell Dir vor, wie viele Figuren es sonst noch gegeben hat! Gab es auch Statuetten aus Holz und anderem vergänglichen Material?

Es ist absolut verrückt, sich die Menge an Eiszeitkunst vorzustellen! Auch wenn nur kleine Gruppen von Menschen und über eine lange Zeit die Schwäbische Alp aufsuchten und ihre Eiszeitkunst hinterließen. Allerdings sind schon jetzt viele Figuren und Tierdarstellungen aus ganz Europa bekannt.

Die Höhlen der Eiszeitkunst

Bislang wurden 6 Höhlen im Blaubeurer Urstromtal entdeckt und erschlossen. Sie werden seit ungefähr 130 Jahren erforscht. Gerade in den letzten 20 Jahren sind neue Entdeckungen hinzugekommen, die unser Bild von der Eiszeit ergänzen und uns immer wieder überraschen.

Hohle Fels

Eiszeitkunst
Venus von Hohle Fels (Wikipedia)
Venus vom Hohle Fels (Wikipedia)

Die Höhle besteht aus einem 30 Meter langen Gang und der darauffolgenden Halle, aus der zu beiden Seiten ein jeweils etwas über 20 m langer Gang auszweigt. Die Höhlenhalle ist mit bis zu 30 m Höhe, 500 m² Grundfläche und einem Rauminhalt von 6000 m³ eine der größten der Schwäbischen Alb.

In der Höhle vom Hohe Fels wird seit 1870 gegraben. Schon vorher hat man Knochen vom Höhlenbären und anderen Tieren dort gefunden. Nunmehr forschteman auch nach Werkzeugen vrgeschichtlicher Menschen. Dabei wurden viele Artefakte gefunden, die dem Aurignacien und Magdalénien (40.000 bis 12.000 Jahre alt) zuordnete. Seit 1997 finden regelmäßige Grabungen statt.

Diese Figur, die diee Venus vom Hohle Fels genannt wird, wurde 2008 gefunden und auf ein Alter von ca. 32.000 Jahren geschätzt. Damit ist sie die zur Zeit älteste bekannte Venusfigur der Welt.

Außerdem wurde weitere Figürchen, wie z.B. eine Flöte aus dem Knochen eines Gänsegeiers oder ein Pferdeköpfchen, gefunden. Sie bestehen überwiegend aus Mammuthelfenbein.

Was mich so fasziniert, ist, dass die Figürchen sehr klein sind und manchmal in viele Spitter zerfallen. Welch eine Aufgabe müssen die Ausgrabenden haben, diese Figuren als solche zu erkennen!?

Noch ein erstaunlicher Fund wurde im Jahre 2005 in den Gravettien-Fundschichten gefunden: Ein Retuscheur aus Kieselstein, der „Phallus von Schelklingen“.

Eiszeitkunst: Phallus
Gravettien 32.000 bis 24.000 Jahre alt

Ich finde es erstaunlich, dass die Diskussionen über die weiblichen Statuetten der Eiszeit so viel Raum einnimmt, ohne zu erwähnen, dass auch männliche Geschlechtssymbole und Figuren ausgegraben wurden. Mir war das jedenfallsnicht bewüsst, bevor ich das Museum in Blaubeuren besuchte.

Funfact: Während des Zweiten Weltkrieges diente die Höhle der Wehrmacht als Bunker und Lager für Feuerwehrspritzen.

Geißenklösterle

Diese Höhle der Schwäbischen Alp ist eigentlich keine richtige Höhle. Es ist eher ein Abris, eine Halbhöhle. Nichtsdestotrotz ist sie ein guter Unterstand wie man auch schon in Frankreich oder Spanien gesehen hat (Abris de Cro Magnon usw.).

In den 1950er und 1970ern kamen die Grabungen im Geißenklösterle langsam in Gang und offenbarten auch hier zahlreiche Artefakte und Eiszeitkunst. Über Jahrtausende wurden diese Unterstände von unseren Vorfahren als schützende Wohnstatt genutzt.

Nachweisbar ist ein Aufenthalt kleiner Gruppen von Menschen ungefähr zwischen 43.000 und 32.000 Jahren vor heute. Besonders bemerkenswert ist das Halbrelief einer männlichen Person mit erhobenen Armen, der offenbar eine rituelle Handlung ausführt. Auch diese Figur gehört zu den ältesten der Menschheit.

Auch hier wurden Elfenbeinfigürchen von Tieren, z.B. ein Bär, und Flöten aus Vogelknochen gefunden.

Die Umwelt der Eiszeitjäger.
Im Urmu von Blaubeuren

Sirgenstein

Der Höhleneingang unterhalb des Felsen Sirgenstein ist 5,40 Meter breit und orientiert sich nach Südwesten. Die Gesamtlänge der Höhle beträgt 42 Meter.

Die Höhle ist seit 1488 bekannt und wurde lange Zeit zur Düngergewinnung genutzt. Dabei wurden auch Knochen gefunden, die man mangels besseren Wissens als Zyklopenknochen bezeichnete.

Erst im Jahr 1906 wurde die Höhle dann von Robert Rudolf Schmidt (1882–1950) von der Universität Tübingen vollständig ausgegraben. Nach Schichten aus der Neuzeit, dem Mittelalter, der Römer-, Eisen- und Bronzezeit fand er in der Höhle eine vollständige Schichtenfolge von der jüngeren bis zur mittleren Altsteinzeit vor.

Dies bedeutet eine Nutzung der Sirgenstein-Höhle zuerst durch Neandertaler und anschließend durch moderne Menschen. Genutzt wurden fast ausschließlich der Eingangsbereich und der Vorplatz der Höhle.

Gefunden wurden neben zahlreichen Steinwerkzeugen sowohl der eandertaler als auch moderner Menschen auch Perlen uas Elfenbein.

Eiszeitkunst Perlen

Hohlenstein

Als Hohlenstein wird der gesamte Fels bezeichnet, inklusive der darin befindlichen Karsthöhlen Bärenhöhle, Stadel und Kleine Scheuer. Die Zusammenschreibung Hohlenstein ist bereits aus dem 19. Jahrhundert überliefert. Hier sind wir endlich bei dem sensationellsten und weltbekannten Fund, Eiszeitkunst vom Feinsten: Der Löwenmensch.

Löwenmensch

Bereits 1939 wurden in der Höhle Splitter vomMammuthstoßzahn gefunden, die aber erst 1969 zum Löwenmenschen zusammengesetzt wurden. Er ist 31 cm groß und ca. 40.000 Jahre alt.

Seht Euch das Foto mal genauer an! Diese feinen Spitter wurden als zusammengehörig befunden und als eine bis dahin nichtbekannte Form erkannt und zusammengesetzt! Das Original wurde 2013 noch einmal ganz neu und etwas anders zusammengesetzt. Die Skulptur wird heute im Museum Ulm ausgestellt.

Stellt Euch das mal vor! Ich bin vollkommen hingerissen, nicht nur von der Statuette als solcher sondern auch von der feinen Arbeit und dem Vorstellungsvermögen der Restauratoren. Die Mundpartie der Figur wurde mit einem Feuersteinmesser so fein ausgearbeitet, dass man beinahe vermeint, ein Lächeln zu sehen.

In der Höhle wurden außer der Eiszeitkunst auch fossile Knochen der Neandertaler gefunden. Diese sind ca. 62.000 bsi 183.000 Jahre alt. Das hat zu neuen Erkenntnissen zur Geschichte der Menschheit geführt.

Eine Analyse der mitochondrialen DNA dieses Fossils hatte 2017 zugleich Hinweise auf einen Genfluss von einer bislang unbekannten afrikanischen Population oder von einer frühen afrikanischen Population des anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens) zu den Vorfahren des Neandertaler-Fundes gegeben.

2019 wurden ferner Teile der DNA des Zellkerns sequenziert und – wie beim Fund aus der Grotte Scladina – Hinweise auf eine engere genetische Nähe des Fossils mit den späteren, vor 40.000 Jahren in Westeuropa lebenden Neandertalern gefunden als mit den annähernd gleich alten Neandertalern aus Sibirien, was als Beleg für eine kontinuierliche Siedlungsgeschichte in Westeuropa interpretiert wurde.

Wikipedia

Vogelherd

Mammuth
Mammut aus Mammutelfenbein, Sammlung der Älteren Urgeschichte, Museum der Universität Tübingen MUT

Die Höhle hat drei Eingänge (Mundlöcher). Die zwei großen, 2,5 bis 3,5 m hohen Mundlöcher sind durch einen ca. 40 m langen gebogenen Durchgang miteinander verbunden und werden Große Vogelherdhöhle genannt.

1931 wurde sie in der Schwäbischen Alp entdeckt und ausgegraben: Die Vogelherdhöhle. Bei den Ausgrabungen kamen sofort einige Figürchen aus Elfenbein zutage, die für großes Aufsehen sorgten.

Die nur wenige Zentimeter großen Statuetten sind mit feinen Verzierungen versehen. Sie werden in die gleiche Zeit wie der Löwenmensch datiert. Somit gehören auch sie zu den ältesten figürlichen Darstellungen der Menschheit.

Eine Figur wird als eine stark stilisierte Frauenfigur identifiziert. Die „Venus vom Vogelherd“ wurde aus einem Wildschweinzahn gefertigt und wird ins Magdalenien datiert. Es ist nicht viel mehr als der ausladende Unterleib und ein angedeuteter Kopf zu erkennen. Das steht im Gegensatz zu den mehr naturalistischen darstellungen wie der Venus vom Hohle Fels.

Etwa 90 % der Werkzeuge aus Stein, Knochen, Elfenbein und Geweih wurden in den Schichten V und IV des Aurignacien (vor 40.000 bis 31.000 Jahren) gefunden. Die am häufigsten verwendeten Gesteinssorten sind Hornstein und Jaspis, die aus der Umgebung stammen.

Eiszeitkunst
Ein Raum in dem Museum in Blaubeuren

Bockstein

Die Bocksteinhöhle befindet sich an einem Nordwesthang im mittleren Lonetal. Sie liegt 50 Meter über der Talsohle bzw. 12 Meter über dem Tal an dieser Stelle. Der eigentliche steinzeitliche Haupteingang, das Törle, entdeckte man erst in den 1950er Jahren bei Ausgrabungen. Die Höhle hat eine Größe von ungefähr 20 Metern Breite und 15 Metern Tiefe.

Forscher graben hier seit 1883. Außer zahlreichen Artefakten aus Stein und Knochen fanden sie hier die Skelette einer Frau und eines Kleinkindes. Um die Datierung der Skelette gab es Unsicherheiten. Zeitweilig waren die Knochen verschollen. Als man das Skelett des Neugeborenen 1992 wiederentdeckte, konnte man das auf ungefähr 6.300 v. Chr. datieren.

Die kulturellen Funde lassen sich 50.000 bis 70.000 Jahre zurückdatieren. Sie bezeugen den ältesten Siedlungskomplex des Neandertalers in Süddeutschland. Zu den Werkzeugfunden gehören verschiedene Gegenstände wie 50 Faustkeile und mehrere Hundert Spitzen aus Quarzit oder Hornstein.

Das Museum für Urgeschichte Blaubeuren
Das Museum für Urgeschichte Blaubeuren

Fazit

Ich kann nur kurz über die großartigen Funde in den Höhlen schreiben. Es so viel mehr gefunden worden. Nicht nur eine Flöte, sondern viele teils nur in Fragmenten erhaltene. Frauenfiguren, Tierfiguren! Diese sind in vielen Jahrtausenden entstanden.

Sie sind durch die Zeiten getrennt und auch örtlich dürfte es für die Menschen nicht immer einfach gewesen zu sein, in Kontakt zu treten oder sich auszutauschen. Und doch geschah es! Die Forscher können Ähnlichkeiten zwischen weit entfernten Kulturen erkennen.

Die Höhlen sind zum Teil nicht zugänglich. Dafür kann man die Funde im Urgeschichstmuseum in Blaubeuren sehen und dort vieles Wissenswerte darüber erfahren. Manche Artefakte, z.B. der Löwenmensch, sind im Museum Ulm ausgestellt.

Außerdem eignet sich die Landschaft rundum Blaubeuren gut zum Wandern und Fahradfahren.

Links zu weiteren prähistorischen Funden

Urmu Blaubeuren

Zuletzt aktualisiert vor 1 Monat

Ulrike

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