Die Kreativität der Chinesen beim Umgang mit Vorschriften

Zuletzt aktualisiert vor 2 Jahren

Manchmal frage ich mich, ob der Erlass neuer Vorschriften, Regeln oder Anweisungen manche Chinesen zu besonderer Kreativität herausfordert.

Olympia 2008: Kreativität.
Olympia 2008

Bewerbung um Olympia 2000

Besonders zu der Zeit der ersten Olympia-Bewerbung 1993 (für die Spiele 2000) habe ich in Peking erleben können, wie der Besuch einer Delegation des Olympischen Komitees die Bevölkerung (und auch die Regierung) in Aktionismus ausbrechen ließ.

Grünes Gras

Die Delegation kam im Februar 1993, ein Monat, in dem es kalt und trocken ist. Peking ist dann immer ziemlich staubig und ohne blühende Blumen und grünes Gras. Grünes Gras? Da kann man doch etwas tun. So konnte ich damals selbst beobachten, wie mancher Straßenrand und Mittelstreifen grün eingefärbt wurde. Ja, ganze Kolonnen von Arbeitern gingen mit großen Spritzen durch die Straßen und sprühten grüne Farbe auf die gelben vertrockneten Gräser am Wegesrand.

Zu wenig Taxis?

Peking Hauptstadt Chinas

Die Delegation war nicht beeindruckt. Zu wenig Öffentliche Transportmittel. Schon konnte sich jeder, der wollte, dank großzügiger Subventionen der Regierung ein kleines Auto anschaffen, meistens Suzuki-Minibusse, die bis zu 6 Fahrgästen Platz boten, aber doch recht klein waren. Die Stadt wimmelte bald von diesen „Mianbao-Che’s“, den Brötchen-Autos, wie sie liebevoll genannt wurden.

Sicherheitsgurte

Sicherheitsgurte? Wozu? Doch auch solche wurden gefordert, damit die Autos internationalen Standards entsprachen. Ganz schnell gab es T-Shirts mit einem schwarzen Streifen quer über der Brust. Ich weiß nicht, wie oft ich 1993 aufgefordert wurde, einen Gurt, der so aussah wie ein Sicherheitsgurt, über die Brust zu ziehen und festzuhalten. Vor allem, wenn ein Polizist in Sichtweite war. Ich hab es mit Humor genommen. An schnelles Fahren war in den damals schon dramatischen Staus in Peking sowieso nicht zu denken.

im Jahr 2000 wurde es trotz aller Mühe nichts mit den Olympischen Spielen in Peking. Erst 2008 war es soweit!

Fahrverbote gegen Luftverschmutzung

2015 We hereby announce that,

According to Circular of the Beijing Municipal People’s Government on Implementing Traffic Management Measures to Restrict Regional Traffic in Rush Hour on Working Days, with approval of Beijing Municipal Government, it is decided to divide all the tail plate numbers of no-driving vehicles in regional rush hours on working days from April the 11th, 2015 … (gekürzt)

IV. From January the 10th, 2016 to April the 10th, 2016, the tail plate numbers of no-driving vehicles from Monday to Friday are 3 and 8, 4 and 9, 5 and 0, 1 and 6, 2 and 7 respectively.

According to Circular of Beijing Municipal Public Security Bureau on Traffic Control of Non-Local Passenger Vehicles to Enter the Capital, the rotation of tail plate number for no-driving vehicles stipulated above also applies to non-local passenger vehicles to enter the capital from 09:00 to 17:00 hours on working days.

(The circular is authentic in Chinese. English is provided for reference only. ) Quelle: Goverment Bulletin

Verstöße sollen die zahlreichen Überwachungskameras, die überall auf Pekings Autobahnen und Straßen verteilt sind, aufdecken. Die gerade mit Fahrverbot zur Smog-Bekämpfung belegten Nummern werden übrigens auch auf vielen Schildern an den Autobahnen angezeigt. Es kann also niemand behaupten, dass er nicht Bescheid wusste.

Und schon sind manche Pekinger kreativ geworden, wie man auf diesem Foto erkennen kann:

Fahrverbote in Peking
gesehen 2015 beim Fahai-Tempel

Update 2020: Mittlerweile haben die strengen Maßnahmen gute Resultate gebracht. Immer seltener müssen Fahrverbote in Peking ausgesprochen werden. Immer öfter strahlt der Himmel über Peking in einem tiefen Blau.

Elektro-Auto wird aufgeladen
Ob diese Methode des Aufladens noch unter Kreativität fällt? 2017 in Peking.

Habt Ihr noch mehr Beispiele für chinesische Kreativität, vor allem aus neuerer Zeit? Dann freue ich mich über Eure entsprechenden Kommentare!

Links

Diesen Artikel habe ich bereits 2015 geschrieben. Im Zuge meiner aktuellen Optimierungsbemühungen habe ich ihn überarbeitet, ergänzt und für neu befunden..

Ulrike
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2 Gedanken zu „Die Kreativität der Chinesen beim Umgang mit Vorschriften“

  1. Liebe Ulrike,

    sooo kreativ hatte ich die Chinesen gar nicht in Verdacht… Aber ja, warum nicht: man passt sich an und geht mit der Zeit. Und macht das beste aus seiner Situation. Die Veränderung ist ein ständiger Begleiter in einem Land, welches sich so rasant entwickelt, und die Menschen in China haben sie als Dauerzustand angenommen und akzeptiert – ich weiß nicht mehr, wo ich das gelesen habe. Aber da ist was wahres dran, wenn ich mir deinen Artikel so durchlese. Am besten gefällt mir die Geschichte mit den T-Shirts mit schwarzem Querbalken. Hauptsache es sieht aus wie ein Gurt… herrlich. Aber auch der „grüne“ Rasen ist nicht schlecht. Hauptsache der Gesamteindruck stimmt 😉

    Liebe Grüße
    Kasia

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