Gestörtes Vertrauen Schaupspielhaus Hamburg

Schützt der Rechtsstaat gegen Rechtsextremismus?

„Gegen den Willen des Bundesverfassungsgerichts, wurde Maja T. im Juni 2024 nach Ungarn ausgeliefert. Sie soll dort an Angriffen auf Neonazis beteiligt gewesen sein. Sowohl Frankreich als auch Italien verweigern die Auslieferung weiterer Verdächtiger: Es gibt Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit Ungarns. Dennoch droht in Deutschland weiteren Angeklagten die Auslieferung. Wie kann das sein? Wir wollen den konkreten Fall zum Anlass nehmen, um über das Verhältnis von Rechtsstaat und Rechtsextremismus zu sprechen: Ist der Rechtsstaat noch in der Lage, unsere Grundrechte zu verteidigen? Oder bedarf er nicht selbst inzwischen des Schutzes der Zivilgesellschaft?

Gemeinsam mit „family & friends Hamburg“ , einem Zusammenschluss aus Familie, Freund*innen und Unterstützer*innen der Beschuldigten im Budapest-Komplex wollen wir diese Fragen diskutieren. Moderator Michel Abdollahi wird mit Eltern von Beschuldigten sprechen, mit dem Mailänder Staatsanwalt und ehemaligen Vizepräsidenten des Internationalen Strafgerichtshofs Cuno Tarfusser, mit Anna Busl, der Anwältin des von Auslieferung bedrohten Zaid A., mit Prof. Dr. Katrin Höffler vom Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht der HU Berlin und mit Sebastian Krumbiegel, der sich seit langem für Demokratie und Menschenrechte engagiert. Gemeinsam mit Jan Plewka wird Krumbiegel den Abend auch musikalisch begleiten.“ Das schreibt das Schauspiel zu der Diskussion, die ich zusammen mit einer Freundin am 20.06.25 besucht habe.

Kopf Rechtsstaat

Ich muss sagen, es war ein Eye-opener! Von der ersten Minute an war ich trotz heftiger Rückenschmerzen aufmerksam und beim Thema. Und ich fasste sofort den Entschluss, auf meiner Website über mein Demokratieverständnis und Antifaschismus zu schreiben.

Begriffe erklärt

„Nach Artikel 20 des Grundgesetzes ist die Bundesrepublik eine Demokratie. In dieser Staatsform übt das Volk die Herrschaftsgewalt aus. Demokratien zeichnen sich unter anderem durch Achtung der Menschenrechte, Gewaltenteilung, Verantwortlichkeit der Regierung, Unabhängigkeit der Gerichte, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, ein Mehrparteiensystem sowie freie, gleiche und geheime Wahlen aus. Die Bundesrepublik ist eine repräsentative Demokratie, in der das Volk durch gewählte Volksvertreter „herrscht“. Diese Volksvertreter bilden den Bundestag, der das einzige unmittelbar demokratisch gewählte Verfassungsorgan ist.“ Der Bundstag

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Solidarität begegnen.“ Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Artikel 1

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 5
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Antifaschismus ist ein vielschichtiger Begriff, der eine breite Palette von Haltungen und Aktionen umfasst, von demokratischen Abwehrbewegungen gegen Rechtsextremismus bis hin zu linksextremen, militanten Aktionsformen. Ich lehne die extremen und gewaltätigen Aktionen einiger Antifa-Gruppen ab.

Ein Rechtsstaat ist ein Staat, in dem die Regierung und alle staatlichen Institutionen an das Recht gebunden sind. Das bedeutet, dass staatliches Handeln nur auf Grundlage von Gesetzen und der Verfassung erfolgen darf. Zudem garantiert ein Rechtsstaat die Grundrechte der Bürger und sorgt für Rechtssicherheit.

Kopfbedeckung Hut

Rechtsstaat und Grundgesetze

Ich bin nachwievor froh, dass ich jetzt und dass ich der Bundesrepublik Deutschland lebe. In letzter Zeit haben sich aber bei mir Zweifel an diesem unseren Rechtsstaat eingeschlichen. Es war gut, dass man für diese Aktion einen konkreten Fall genommen hat. Dieser und weitere während der Veranstaltung erwähnte Fälle mögen Einzelfälle sein. Aber

Wehret den Anfängen!  Principiis obsta!

Sind es noch „Anfänge“? Oder sind wir schon mittendrin in einer Abkehr von den Prinzipien des Rechtsstaats?

Ich finde es erschütternd, dass der Mailänder Staatsanwalt Cuno Tarfusser sagte, dass sowas in Italien und Frankreich nicht vorkommen würde. Dort hat man in ähnlichen Fällen wie der von Maja das Recht darauf, dass man die Entscheidung des Gerichts auf einen Eilantrag abwartet.

Das war bei Maja nicht der Fall. Sie wurde um 2 Uhr nachts aus ihrer Zelle in einem deutschen Gefängnis und war schon ausgeliefert in Ungarn, als die Gerichte mit der Tagesarbeit anfingen. Da spielte keine Rolle mehr, dass das Gericht entschied, dass sie nicht ausgeliefert werden dürfe in ein Land, in dem die Mindestanforderung an Gefängniszellen nicht erfüllt werden.

Das erinnert doch sehr an das, was zur Zeit in USA mit vielen Einwanderern passiert.

Und ich?

Ich bin zutiefst von der Demokratie überzeugt. Gewaltenteilung oder Menschenrechte sind mir so selbstverständlich, dass ich da gar nicht mehr drüber nachdenke. Aber jetzt ist es wohl an der Zeit, darüber neu nachzudenken und zu handeln!

Demokratie heißt, dass wir das Volk etwas zu sagen haben. Da wir aber zu viele sind, dass jeder seinen Willen, seine Meinung kundzutun, gibt es die Parteien. Ich entscheide mich für die Partei, die meine Meinung und die Regeln überwiegend vertritt, die ich für sinnvoll erachte. Überwiegend, denn ich stimme nicht mit allen Punkten überein. Ist ja auch nicht verwunderlich, denn es gibt so viel.

Wie weit darf Polizeigewalt gehen? Wie weit soll Datenschutz reichen? Welche Maßnahmen sind zum Schutz der Menschen, der Frauen, der Kinder oder der Tiere nötig? So vieles ist möglich, so vieles ist übertrieben in meinen Augen.

Umweltschutz, Klimaschutz, Flüchtlingsschutz… Was ist richtig? Was ist zu viel? Und was ist unnötig?

Zu jedem Problem hat jede Partei, jeder Mensch eine andere Meinung. In einer Demokratie muss ich auch eine andere Meinung akzeptieren und aushalten. Das ist ok, für manchen Menschen aber schwer zu verstehen.

Grenzen sind dort gesetzt, wo andere Menschen diskriminiert und beleidigt werden. Wo aber sind diese Grenzen?

CSD
Christopher Street Day

Was kann ich tun? Wo passiert es mir, dass ich deutlich Stellung nehmen muss?

Es ist wichtig, dass ich demonstriere, wenn der Rechtsstaat in Gefahr ist. Es ist wichtig, dass ich wählen gehe.

Und es ist wichtig, dass ich im Alltag Stellung nehme. Das fängt in der eigenen Familie an. Zum Beispiel, wenn ein Verwandter oder Freund antisemitische oder rassistische Sprüche macht. Da sage deutlich, dass das nicht geht, oder im schlimmsten Fall kündige ich die Freundschaft, auch wenn es manchmal weh tut.

Ich gehe jedes Jahr zum Christopher Street Day. Zum Einen, weil ich es einfach herrlich finde, mit welcher Fantasie und Farbe die Menschen auf die Straße gehen, zum Anderen, weil ich meine Solidarität zeigen will.

Rechtsstaat

Es sind aber auch die kleinen, alltäglichen Szenen, in denen ich für Gleichberechtigung und die Rechte anderer eintrete. Wenn jemand in meiner Gegenwart eine Frau, ein Kind schlägt oder verbal verletzt, werde ich laut. Das geht gar nicht!

Gewalt ist immer ein Zeichen von Schwäche! Wenn jemand keine Argumente hat, dann schlägt er zu!

Deshalb fordere ich mehr Bildung, mehr Aufklärung und mehr Gewaltfreiheit!

Eine waffenfreie Zone am Hauptbahnhof (oder sonstwo) zum Beispiel ist ja ganz nett und eine hübsche Augenwischerei, aber sie löst keine Probleme. Es ist wichtig, dass den gewaltbereiten Menschen geholfen wird und sie lernen, ihre Argumente gewaltlos zu lösen.

Bei meiner Tätigkeit als Nachhilfelehrer erlebe ich es häufig, dass die Kinder kaum Deutsch sprechen. Das führt dazu, dass ihnen der Respekt und Anerkennung, die sie so nötig brauchen, fehlt. Sie suchen sie dann über Gewalt und manchmal auch mit Waffen zu bekommen. Das ist Hilflosigkeit!

Bildung, schon von Anfang an, ist notwendig!

Wenn man sich darauf verlassen kann, dass der Rechtsstaat einspringt und einen letztendlich schützt, dann gibt das Sicherheit. Die Sicherheit, dass man nicht einfach so zum Verbrecher gemacht wird, dass man nicht dafür eingesperrt wird, dass man seine Meinung äussert. Dass diesem immer ein gerechter Prozess vorausgeht.

So, jetzt will ich ein Ende finden, sonst verliere ich mich in dem Thema. Was sagt Ihr dazu? Was tut Ihr gegen Gewalt und für Meinungsfreiheit?

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Zuletzt aktualisiert vor 2 Wochen

Ulrike

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