Zuletzt aktualisiert vor 1 Jahr
China? Nein, nach all den Reisen nach China und Asien musste es 1997 mal woanders hin gehen. Also erfüllte ich mir den Traum von einer Reise nach Mexiko: Ausgrabungen, Ruinen, alte Kirchen und Tempel, eine uralte Geschichte – dazu noch schöne Strände, Urwald – all das sprach für ein interessantes Reiseziel.
Höhepunkt sollte der Besuch der damals fast unbekannten Ruinen von Bonampak und Yaxchilan sein. Sie liegen tief im Dschungel an der Grenze zu Guatemala. Beide Orte waren bedeutende Zentren der Maya gewesen und in den Reiseführern wurde von den schönen Reliefs und Wandmalereien geschwärmt. Ein besonderer Reiz war für mich, dass Bonampak erst 1946 entdeckt wurde, also praktisch gestern.
Beide Orte im südlichen Mexiko waren damals nicht über Straßen erreichbar. Eine Bootsfahrt auf dem Ucumacinta war notwendig. Zu den Ruinen von Bonampak musste man über einen schmalen Pfad zu Fuß gehen. Das alles war so zeitaufwändig, dass der Ausflug 2 Tage dauern sollte, mit einer Übernachtung im Zelt bei Yaxchilan – mitten im Urwald. Keine Chance, dass ich sowas alleine und selbst zustande bringen würde. Ich buchte kurzentschlossen einen organisierten Ausflug bei einer Agentur in Palenque.
Dieser Ausflug beinhaltete auch die Fahrt mit einem Minibus soweit, wie es ging. Zuerst sollte es nach Yaxchilan gehen: drei bis vier Stunden Autofahrt und ein bis zwei Stunden Bootsfahrt. Anfangs schien alles nach Plan zu laufen. Die Straße war ok und wenig befahren. Rechts und links tiefer Urwald.
Dann eine Polizeikontrolle, schließlich näherten wir uns der Grenze zwischen Mexiko und Guatemala. Wir waren kaum durch, als unser Fahrer wieder stoppte. Besorgt ging er einmal um den Wagen herum. Ja, da war ein Reifen platt. Wir waren nicht besonders glücklich, als der Fahrer zusammen mit dem Reiseführer sich daran machten, den Reifen auszuwechseln. Mit mir hatten noch zwei Jungs aus England die Tour gebucht. Die wurden schnell ungeduldig. Es war auch zum „Mäuse melken“! Um uns herum nur Urwald, vor uns eine endlos scheinende gerade schmale Straße. Hinter uns in der Ferne war noch der Kontrollposten zu erkennen.
Während wir noch darauf hofften, dass mal ein Affe aus dem Dschungel sprang oder sich eine interessante Schlange über den Asphalt der Straße schlängelte, bastelten die beiden Mexikaner an dem Reifen rum. Es schien eine gefühlte Ewigkeit zu dauern. Einmal kam unser Reiseführer Pedro zu uns, die wir mürrisch am Straßenrand hockten, und entschuldigte die Panne mit einem breiten Lächeln. „It is part of the adventure!“ meinte ich lässig, ganz erfahrene Backpackerin. “Das gehört zum Abenteuer dazu!”. Ha! Was habe ich meinen Spruch später bereut!
Endlich ging es weiter. Wir erreichten den Ucumacinta und stiegen in einen motorisierten Einbaum um. Die Fahrt war ziemlich unspektakulär. Eigentlich sollte es in dem Fluss noch Krokodile geben. Wir sahen keine. Als wir in Yaxchilan ankamen, wurde es langsam dunkel. Yaxchilan! Außer den Ruinen, die wir an dem Abend noch nicht sahen, gab es nur ein etwas vernachlässigtes Flugfeld und eine Hütte, in der aber niemand wohnte. Wir schlugen die Zelte auf und machten ein Lagerfeuer. Picknick, ein Bier und dazu ein Baum voll krächzender Tukane. Später tanzten die Glühwürmchen in der pechschwarzen Nacht. Der Fluss rauschte und der Wind spielte in den alten Urwaldbäumen. Einfach toll! Aber für mich zivilisationsgeschädigte Stadtmaus auch ein wenig unheimlich.
Am nächsten Morgen standen wir schon früh auf, um uns die Ruinen von Yaxchilan anzugucken. Durch dunkle Gänge in einer Mauer ging es hinein in die Ruinenstadt. Dann tobten und brüllten über uns in den Baumwipfeln die Brüllaffen! Ich fühlte mich ein wenig wie Indiana Jones auf Entdeckungstour in Mexiko. Aber ich hatte auch Angst vor Begegnungen mit giftigen Schlangen und riesigen Spinnen. Hab aber keine gesehen.
Dann ging es zurück. Die Straße hatte uns bald wieder! Bonampak war auch toll, die Fresken in dem einen Tempel einfach überwältigend. Doch der Marsch über einen schlammigen Trampelpfad unter der Führung durch einen jungen Lacandonen war sehr anstrengend.
Schließlich war ich froh, als ich wieder im Minibus saß und es nicht mehr weit bis Palenque war. Doch dann: Ein Schleudern, der Fahrer bremste scharf! Diesmal war ein Reifen geplatzt und es gab keinen Ersatz. Wir mussten warten, bis jemand vorbeikam, der den Fahrer mit nahm, damit er in Palenque einen neuen Reifen besorgte. In der Zwischenzeit nörgelten wir alle vor uns hin. Wir waren müde und erschöpft. Die Lichter von Palenque waren in Sichtweite. Doch keine Chance, bei der nun schnell einsetzenden Dunkelheit zu Fuß nach Palenque zu gehen. Als wir langsam anfingen, wirklich ungeduldig und ärgerlich zu werden, kam Pedro auf uns zu und meinte mit seinem strahlenden Lächeln: „It’s part of the adventure!“ Glaubt mir, ich fand das in dem Moment nicht lustig. Doch ich musste anerkennend nicken: Der Mann hatte schnell gelernt.
Irgendwann kamen wir an dem Abend auch wieder zurück. Ein frisches Bier, ein leckeres Essen und schon war das Abenteuer eine gute Geschichte.
Aber eines werde ich nie verstehen: Reifenpannen gehören zum Backpacker-Alltag dazu. Warum aber müssen die immer an den langweiligsten, uninteressantesten Stellen der ganzen Fahrt passieren?!
Dieser Artikel entstand als Beitrag zu der kleinen Serie „Pannen unterwegs“ von Gundel auf thoringi.info. Ein interessanter Reiseblog
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