Hamburg – die größte chinesische Gemeinde in Deutschland

Chinesen in Hamburg

„Man sieht nur wenige chinesische Reisegruppen in Hamburg!“, sagt Herr Li bedauernd zu mir. „Süddeutschland mit seinen Bergen und Burgen ist viel attraktiver!“ Damit meint er die von einem Fähnchen schwingenden Reiseleiter angeführten Touristengruppen. „Nein nein!“ widerspreche ich ihm.

Hamburg Neuer Wall, beliebt bei Chinesen in Hamburg
Neuer Wall

Vielleicht ist Hamburg nicht das beliebteste Ziel für Touristen aus China. Aber zum Shopping kommt man gerne in die Partnerstadt von Shanghai. Im Stadtzentrum sieht man so einige Geschäfte, die sich auf die chinesische Kundschaft eingestellt haben. In mancher Haushaltswarenabteilung der Kaufhäuser gibt es Verkäufer, die Mandarin sprechen. Messer aus Solingen, glänzende Töpfe und Pfannen sind als Mitbringsel äußerst beliebt. „Dabei stammen viele der Waren aus China“, schmunzelt Herr Li.

Abgesehen von den chinesischen Touristen, kommen viele Menschen aus China zu Besuch nach Hamburg, denn hier lebt die größte chinesische Gemeinde in Deutschland. Über 10.000 Chinesen studieren, arbeiten und leben heute in Hamburg.

Interessanterweise heißt Hamburg bei den Chinesen “Han Bao”, was übersetzt so viel bedeutet wie die “Burg der Chinesen”.

汉堡 • Hànbǎo • Die Han-Chinesen + Burg = Hamburg

Geschichte der Chinesen in Hamburg

Die Handelsverbindungen zwischen Hamburg und China haben eine lange Tradition. Bereits 1792 startete das erste Handelsschiff von Hamburg nach Kanton (Guangzhou). Im 19. Jahrhundert kam Schwung in den Handel mit China, der im Wesentlichen über den Hamburger Hafen abgewickelt wurde.

Hamburg Hafengeburtstag 2014 Segelschiffe

Anfang des 20. Jahrhunderts bildete sich in der Nähe der Reeperbahn ein vorwiegend chinesisch geprägtes Viertel, fast eine Hamburger Chinatown. Auch wenn schon um 1900 erste Vereine zur Förderung der Handelsbeziehungen gegründet wurden, waren die Beziehungen nicht immer ganz unproblematisch. 1900 schickte der deutsche Kaiser Truppen aus Hamburg unter der Führung von Alfred von Waldersee nach Peking, um dort den „Boxer“-Aufstand zu bekämpfen.

Ungefähr zur gleichen Zeit begannen europäische Handelslinien, Chinesen als Seeleute anzuheuern. Dadurch kamen viele nach Hamburg und manch einer blieb. Die Chinesen in Hamburg akklimatisierten sich, gründeten eigene Firmen und eröffneten China Restaurants. In St. Pauli treffe man „ganze Rudel von Chinesen“, schrieb das Hamburger Echo 1901.

Die meisten kamen aus Kanton (Guangzhou), aber auch aus Shanghai und Ningbo gelangten Seeleute nach Hamburg. Das ließ zunächst kaum eine Gemeinschaft entstehen, denn sie sprachen alle unterschiedliche Dialekte. Doch man erkannte sich und hielt zusammen. In den ausländerfeindlichen Zeiten der 1930er Jahre wurde es still um die chinesische Gemeinschaft.

Heute sind es wieder mehr als 550 chinesische Unternehmen in Hamburg. Sie engagieren sich lebhaft in der Hamburger Unternehmerwelt. Etliche Vereine bilden das Bindeglied zwischen Hamburgern und Chinesen. Zum Beispiel  in der Chinesisch-deutschen Gesellschaft, die regelmäßig Ausstellungen und Vorträge zu wirtschaftlichen und kulturellen Themen organisiert.

Das Generalkonsulat der VR China in Hamburg zeigt mit seiner eigenen Handelsabteilung, wie wichtig gerade Hamburg als Hafenstadt und Handelsknotenpunkt für den Handel mit China ist. Auch die Vereinigung der Chinesischen Kaufmannschaft in Deutschland hat ihren Sitz in Hamburg.

Chinesen in Hamburg Generalkonsulat an der Elbchaussee.
Die alte Villa des Konsulats ist von wunderschönem Rhododendron umgeben.

Alle zwei Jahre ist China Time

Für den Hamburger bietet sich ein Kontakt mit Chinesen vor allem auf der alle zwei Jahre stattfindenden China Time statt. In unzähligen Veranstaltungen, Vorträgen, Ausstellungen und Konzerten präsentieren sich chinesische Unternehmen und kulturelle Einrichtungen. Orchester, Chöre, Künstler aus China treten auf und zeigen die bunte Vielfalt des faszinierenden Reichs der Mitte.

Das 2007 gegründete und an der Universität Hamburg ansässige Konfuzius-Institut trägt mit verschieden Veranstaltungen und Projekten zur Verbreitung der chinesischen Kultur und Sprache bei.

Hamburg Summit 2912
Hamburg Summit 2012

Hamburg Summit – China meets Europe

Ein weiteres Event, das die enorme Wichtigkeit der chinesischen Handelsbeziehungen für Hamburg und Deutschland betont, ist der Hamburg Summit, der alle zwei Jahre unter der Teilnahme hochrangiger Politiker und Unternehmer aus China und Deutschland stattfindet.

Auf Initiative von Altbundeskanzler Helmut Schmidt und der Handelskammer Hamburg entstand die Idee, um den wirtschaftlichen und politischen Dialog zwischen Europa und China zu intensivieren und die wirtschaftlichen Beziehungen weiter voranzubringen. Hamburg als Veranstaltungsort für die Konferenz bot sich besonders durch die ausgeprägten Wirtschaftsbeziehungen der Hansestadt mit der Volksrepublik China an.

Der achte „Hamburg Summit: China meets Europe“ fand am 26. und 27. November 2018 in der Handelskammer Hamburg statt. Teilnehmer waren unter anderem Liu He, Vizeministerpräsident der Volksrepublik China, Margrethe Vestager, EU-Kommissarin für Wettbewerb und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer.

Ich hatte die grandiose Gelegenheit, 2012 als Redakteurin der Deutsch-Chinesischen Allgemeinen Zeitung den kompletten Hamburg Summit verfolgen zu können.

Chinesen in Hamburg: Familien und Kinder

Über die handelsbezogenen Vereine und kulturellen Angebote hinaus gibt es für die chinesischen Kinder Sonntagsschulen, in denen ihre Sprache und ihr Verständnis für die eigene Kultur früh gefördert wird. Die Frauen haben sich in Vereinen zusammengetan, singen gemeinsam und tauschen sich aus.

Chinesischer Verein Frauen für Frauen Hamburg e. V.

Chinesischer Verein Frauen für Frauen in Hamburg e.V. ist eine gemeinnützige Organisation von Chinesen in Hamburg mit dem Ziel, den in Hamburg und Umgebung lebenden chinesischen Frauen bei der Integration zu helfen und den kulturellen Austausch zu fördern.

Das chinesische Frühlingsfest

Jedes Jahr wird in Hamburg das chinesische Frühlingsfest gefeiert. Ganz so, wie man es aus der Heimat gewohnt ist mit einer großen Gala und leckerem Essen. Dann kann man die vielen kulturellen Angebote der chinesischen Gemeinschaft kennen lernen. Meistens werden diese Veranstaltungen überwiegend von Chinesen besucht. Doch es ist jeder herzlich willkommen, der einen Abend mit großartiger Musik und beeindruckenden Laienkünstlern erleben möchte. Da spielt auch schon mal eine Band von einem Hamburger Gymnasium, an dem Chinesisch unterrichtet wird.

Qipao chinesisch Neujahr, große Show in Hamburg.
Bühnenprogramm Chinesisch Neujahr in Hamburg

Natürlich darf zum Schluss eine großzügige Tombola nicht fehlen! In den vergangenen Jahren hat außerdem das Hangzhou Touristboard ein spritziges beeindruckendes Feuerwerk an der Alster spendiert!

Jin Yong, eine chinesische Unternehmerin in Hamburg

Jin Yong ist die Inhaberin der Dehua Touristic. Das Büro liegt zentral in der Spitalerstraße. Die Dehua Touristic wurde vor mehr als 20 Jahren gegründet und ist heute der erfolgreichste Veranstalter von chinesisch sprachigen Reisen durch Europa. Mehr als 10.000 Chinesen erkunden jedes Jahr auf den speziell ausgearbeiteten Touren von Dehua Touristic die Nachbarländer. Dabei geht es nicht nur in die üblichen Touristenhotspots, sondern auch in manch eine interessante alte Stadt, zum Beispiel nach Gent und Liege in Belgien. Auch die Tulpenreise nach Holland, die ich selbst erlebte, ist nicht einfach nur eine Sightseeing-Tour. Es wird viel an Geschichte und Kultur vermittelt.

Frau Jin engagiert sich in zahlreichen kulturellen Aktivitäten, zum Beispiel im dem o.g. Verein Chinesischer Frauen, die gemeinsam singen und alte Traditionen pflegen. Darüberhinaus organisiert sie den jährlich statt findenden internationalen Chorwettbewerb, zu dem viele Chöre aus China und Europa zusammentreffen, gemeinsam singen und sich kennen lernen.

Ein kleiner aber sehr geschätzter Teil der Arbeit von Frau Jin konzentriert sich auf die Organisation von Reisen nach China. Unter der Bezeichnung „feel China“ werden besondere Reisen ganz nach den Wünschen der Kunden zusammengestellt. Auch hier ist der Jugendaustausch ein wichtiger Teil der Arbeit. Viele Schülergruppen aus ganz Deutschland nutzen die Expertise von feel China, um ein authentisches Bild von China zu erhalten.

China Time
China Time

Wie leben Chinesen in Hamburg?

Ich habe einige chinesische Freunde nach ihrem Leben in Hamburg gefragt. Viele leben schon seit Jahren in Hamburg. Sie sind wegen des Studiums gekommen und wegen der guten Arbeitsmöglichkeiten geblieben. Shanghaier betonen, dass ihnen Hamburg gefällt, weil es eine große Stadt ist, einen bedeutenden Hafen ähnlich wie Shanghai hat und schöne Parks und Gärten.

Manchen erscheint die Luft hier besser als in den großen chinesischen Städten. Sie schätzen die vielen Möglichkeiten, die sie hier haben, um mit anderen Chinesen etwas gemeinsam zu unternehmen. Sie wünschen sich aber noch mehr Möglichkeiten für den Kontakt mit den Hamburgern, die sie als sehr freundlich und offen erleben.

Es gibt auch chinesische christliche Gemeinschaften in Hamburg.

Immanuel Kirche https://immanuelkirche.com/de_ueberuns/

Chinesische Christliche Gemeinde Hamburg e.V. https://www.ccg-ham.de/uber-uns/

Hamburg Liaison Office in Shanghai

Seit 1986 unterhält Hamburg in seiner Partnerstadt Shanghai eine Repräsentanz, die die Interessen der Hansestadt vertritt. Träger der Vertretung „Hamburg Liaison Office Shanghai“ sind der Hamburger Senat, die Handelskammer Hamburg, der Hafen Hamburg, die Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und die Hamburg Tourismus GmbH. Rund 800 Hamburger Unternehmen haben Zweigstellen und Büros in Shanghai und China. Seit der EXPO 2008 in Shanghai ist das Hamburg Liaison-Büro im einstigen deutschen Pavillon untergebracht. Dort gibt es auch ein Deutsches Restaurant, falls mal jemand dort vorbei schauen möchte.

Chinesische Restaurants in Hamburg

Für Chinesen ist das gemeinsame Essen eine wichtige Sache. Deshalb gibt es mehr als 80 China-Restaurants in Hamburg. Wer Lust hat, kann sich auf eine kulinarische Reise durch China machen. Man hat die Wahl zwischen Mongolischen Hotpot, Show Cooking, den Küchen der meisten Provinzen: Elegante Peking-Küche, scharfe Hunan und Sichuan-Küche und vieles mehr.

Wer meint, es gäbe in Deutschland kein authentisches chinesisches Essen, der sollte mal nach Hamburg kommen! Selbst wenn auf der Speisekarte die „üblichen“ Touristenspeisen stehen, so kann kann man in der Regel nach der „Speisekarte für Chinesen“ fragen. Dort sind dann die leckeren Spezialitäten wie Schweineohren, spezielle Fisch-Gerichte und einfache Gemüse-Gerichte zu finden.

Tipp: Meine Empfehlung für authentische Hunan-Küche ist der Chinese am Fleet. Doch Achtung! Man sagt, dass die Hunan-Küche schärfer als die in Sichuan ist!

Hamburg China

Man begegnet also bei vielen Gelegenheiten den Chinesen in Hamburg. Für erste Kontakte ist das Konfuzius-Institut mit seinen interessanten und vielseitigen Veranstaltungen eine gute Möglichkeit!

Chinesen in Hamburg:

Dieser Artikel erschien zuerst im Kathai Magazin und wurde von mir leicht überarbeitet für den Bambooblog.

Ulrike
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1 Gedanke zu „Hamburg – die größte chinesische Gemeinde in Deutschland“

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