2 Tage Urumqi – Reisebericht Seidenstraße

Zuletzt aktualisiert vor 1 Jahr

Eigentlich wollte ich schon während meiner Großen Asienreise 1992 nach Urumqi, hatte sogar das GPO dort als Postadresse für meine nächste Station angegeben. Doch schon auf dem Weg, schon in Kashgar erfahre ich, dass Urumqi nicht besonders interessant sein soll, sehr chinesisch, wenig uigurisch, kaum Sehenswürdigkeiten. Da erscheint mir Turfan viel attraktiver. Also lasse ich Urumqi 1992 links liegen auf dem Weg Richtung Osten.

2007 habe ich die Gelegenheit, auf meiner Seidenstraßenreise endlich auch Urumqi zu sehen. Die Stadt ist doch sehr viel interessanter als erwartet!

People's Park am frühen Morgen
People’s Park am frühen Morgen

Urumqi 2007

Noch haben keine Terror-Attentate die Hauptstadt des Uigurischen Autonomen Gebietes Xinjiang erschüttert. Die Stadt hat rund 2 Millionen Einwohner. Die meisten sind Han-Chinesen. Doch die Atmosphäre ist geprägt von den vielen Völkern Zentralasiens: Uiguren, Hui, Kasachen, Mongolen und mehr.

Das Seidenstraßen-Museum

Das bekommen wir gleich nach dem Frühstück zu sehen. Eine kurze Pause und wir fahren zum Seidenstraßen Museum, genauer dem Xinjiang Regional Museum. Das ist genau das richtige für mich! Begeistert gehe ich von Ausstellung zu Ausstellung.

Es gibt eine ausführliche Übersicht über die Minderheiten. Sogar mit Englisch sprachigen Erklärungen. Trachten, Musikinstrumente, Möbel – herrlich! In einem besonderen Raum gibt es Mumien zu sehen. Mumien aus der Taklamakan-Wüste, die durch ihr fremdes Aussehen und die teilweise gut erhaltene Kleidung darauf hinweisen, dass schon vor mehr als 2.000 Jahren die Gegend ein Schmelztiegel der Kulturen war. Manch eine der trockenen Mumien hat blondes Haar. So auch die berühmte „Schöne von Loulan“.

Die merkwürdigen Kamele

In einem Seidenstraßen- Museum dürfen natürlich die Schätze der Tang-Dynastie (618 – 907) nicht fehlen! Ich bestaune die schönen Figuren, die Kamele und Pferde mit ihrer bunten Glasur. Ich würde ja gerne fotografieren! Aber das ist hier streng verboten.

Ich entdecke zwei große Kamele aus Ton, das eine stehend, das andere liegend. Sie sind so perfekt, so unbeschädigt, dass ich mich wundere. Doch das beste ist das Grinsen, das die Tiere im Gesicht haben. Sie sehen aus, als ob sie den Besucher nicht nur an- sondern eigentlich auslachen. Sind die wirklich echt?

Ich schleiche um die Vitrine herum, den Fotoapparat auf lautlos gestellt in der Hand. Es muss doch möglich sein, ein Foto von diesen merkwürdigen Kamelen zu machen! Doch eine Museumsmitarbeiterin beäugt mich misstrauisch. Sie ahnt meine Absicht und lässt mich nicht mehr aus den Augen. Es gelingt mir nicht, ein Foto zu machen!

Es überraschte mich dann nicht besonders, als ich ein, zwei Jahre später lese, dass der Direktor des Museums wegen Korruption und der Ausstellung gefälschter Artefakte verhaftet und verurteilt wird. Doch ich habe nie herausgefunden, ob die Kamele immer noch zu sehen sind. Weiß jemand von Euch mehr?

Das Fotografier-Verbot scheint nicht länger zu gelten (2018). Auf der Seite von Souvenirchronicles gibt es einige schöne Impressionen aus dem Museum: mehr

People’s Square

Urumqi

Wie jede Stadt in China hat auch Urumqi einen Volksplatz. Zentral gelegen ist er der Treffpunkt für die Einheimischen. Heute ist der Platz voll, denn es findet eine lebhafte Werbeveranstaltung für Mineralwasser statt. Bunte Marktstände, Spiele und Sport lassen die Teilnehmer unserer Reise staunen. So viel Kommerz hatte kaum einer im äußersten Westen Chinas erwartet!

Urumqi - Roter Berg
Urumqi Roter Berg

Der Rote Berg

Natürlich besuchen wir auch gleich den Roten Berg 红 山, ein Hügel, von dem man eine tolle Aussicht bis zum Tianshan, dem schneebedeckten Himmelsgebirge, hat. Hier ist noch der Kindertag zu spüren. Überall Karussells, Buden und Kinder. Es ist Samstag und damit Familienausflugstag. Wir haben genug Zeit, um uns treiben zu lassen. Ich erfreue mich mehr am „Leute gucken“ als an der Aussicht über die im Dunst liegende Stadt.

Der nächste Tag

Am nächsten Morgen bin ich früh wach und natürlich wieder vor dem Frühstück und alleine unterwegs. Es sind nur ein paar Schritte bis zum People’s Park, eine schöne  Anlage mit Teich, Mondtoren, Pavillons.

Ich genieße die kühle frische Luft, folge der Aufforderung einer Gruppe, mit ihnen Tai Ji zu machen. Ach, ich habe schon so viel vergessen! Aber die Leute freuen sich, dass ich Interesse zeige. Kurz komme ich ins Gespräch mit einer jungen Uigurin, die Englisch spricht. Ich liebe diese netten Begegnungen!

People doing their Taiqi at People's Park
People doing their Tai Ji at People’s Park
Urumqi - Hochzeitsauto

Als ich zum Hotel zurück kehre, kann ich beobachten, wie eine prachtvolle Limousine für eine Hochzeit geschmückt wird. So bin ich schon voller Erlebnisse, als ich die Gruppe wieder treffe.

Obst- und Gemüsemarkt von Urumqi

Urumqi Auf dem Markt

Bevor wir nach Turfan weiterfahren ist heute der Besuch des Obst- und Gemüsemarktes vorgesehen. Wow! Was für ein riesiger Markt! Die Früchte, das Gemüse, alles wird liebevoll aufgeschichtet. Großartige exotische Eindrücke! An manchen Stellen ist der Markt so groß, dass die Käufer mit ihren feudalen Autos direkt bis vor den Verkaufsstand fahren und bequem vom Autofenster aus einkaufen.

Urumqi Maulbeeren
Hier werden die Früchte des Maulbeerbaumes nach Farbe sortiert

Ich komme vor lauter Gucken kaum zum Fotografieren. Je weiter wir in die Tiefen des Marktes vordringen, desto fremder wirkt alles. Vor allem die Fleischstände, in denen das Fleisch ungeschützt im Freien hängt, bringen uns zum Kopfschütteln. Manch ein Teilnehmer wendet sich erschüttert ab. Mich lässt das eher unberührt. Das Leben ist hier so. Und wenn die Einheimischen das normal finden, dann muss ich das so akzeptieren.

Urumqi Markt Kuhfüsse
Markt in Urumqi
Urumqi

Anschließend können wir uns noch im Bazar von Urumqi an dem schönen Kunsthandwerk und allerlei Schnickschnack für die Touristen erfreuen. Doch dies ist nur ein kleiner Teil des Bazars. Je weiter wir in den Trubel eintauchen, desto authentischer wird es. Da sind die bunten Seidenstoffe für die uigurischen Frauen, die Rasiermesser und Hüte für die Nomaden. Bei denen sind anscheinend Cowboy-Hüte gerade sehr beliebt.

Fahrt durch die Dsungarei nach Turfan

Die Fahrt geht über die Autobahn, die in einem sehr guten Zustand ist. Wir passieren eine wüstenartige Ebene. Geheimnisvolle Bezeichnungen gehören zu diesem Gebiet: Die Dsungarei, Durchgang für Nomaden, Eroberer und Entdecker. Von manchen wird die Landschaft auch als Gobi-Wüste bezeichnet. Doch im Chinesischen ist „Gobi“ einfach eine Steinwüste und hat zunächst nichts mit der Wüste Gobi in der Mongolei zu tun.

Rechts und links immer wieder Berge, teilweise schneebedeckt, aber im Dunst manchmal kaum zu sehen. Sie gehören zum Tianshan (Himmelsgebirge) und dem Altay-Gebirge. Lange fahren wir durch eines der größten Windkraftwerke der Welt: ca 580 Windräder (2007)! Bei einer kurzen Pause merken wir, wie windig es ist.

Seidenstraße 2007

Die Fahrt dauert inklusive Pausen 3 Stunden. Das ist nicht lang. Aber wir sind dann doch froh, als wir endlich unsere Zimmer im Oasis-Hotel in Turfan beziehen können.

Links

Die Seidenstraße – Geschichte und Geschichten

Weitere Impressionen aus Urumqi

Urumqi Backofen
Hier wird leckeres Fladenbrot gebacken
Urumqi
Urumqi
Urumqi Bazar
Urumqi - Volkspark
Urumqi People's Park
Urumqi People's Park
Urumqi People's Park
Ulrike
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7 Gedanken zu „2 Tage Urumqi – Reisebericht Seidenstraße“

  1. Liebe Corinna,
    ich sehe gerade: Du wohnst in China. Da muss ich mir deinen Blogb wohl auch mal in Ruhe angucken. Wenn du nicht allezuviel Zeit hast, würde ich Dir empfehlen, Dir Turfan anzugucken. Ist hochinteressant dort, meiner Meinung nach interessanter als Urumqi.
    Liebe Grüße
    Ulrike

  2. Liebe Ulrike,

    freue mich sehr, Dein Blog gefunden zu haben und werde sicher zum Stöbern wiederkommen. Ich überlege gerade, im April eine kurze Reise in den Nordwesten Chinas zu machen — bisher kenne ich fast nur die Ostküste Chinas und möchte endlich mehr vom Land sehen und mich mit meinem mickrigen Chinesisch alleine durchschlagen. Ürümqi ist jedenfalls einer meiner Favoriten, aber auch andere Orte würden mich interessieren… bin noch unentschlossen…

    Liebe Grüße,
    Corinna

  3. So viele interessante und schöne Eindrücke… Zwei meiner Arbeitskollegen sind Uiguren. Der eine ist sehr verschlossen, von dem weiß ich nicht viel, aber der andere, ein sehr liebenswerter Schlingel, hat vor etlichen Jahren fliehen müssen, weil man die Todesstrafe über ihn verhängt hatte.
    Liebe Grüße!

  4. Ja, ich stimme Dir absolut zu! Noprmalerwiese habe ichkein Problem damit, in einem Museum nicht zu fotografieren. Aber diese Kamele wollte ich eigentlich dokumentieren und vielleicht auch andere nach ihrer Meinung dzau fargen. Tja, das wurde dann leider nichts! Ich bin froh, dass ich dies BIld im Internet gefunden habe.
    Beste Grüße
    Ulrike

  5. Das Seidenstraßen-Museum klingt klasse! Ich bin manchmal ganz froh, wenn im Museum nicht fotografiert werden darf, sonst kann es passieren, dass ich die ganze Zeit über knipse 😉 Das Kamel sieht echt kurios aus!

Ich freue mich auf Deinen Kommentar!