Auf alten Stadtplänen aus dem 16. Jahrhundert ist die Cremon-Insel noch deutlich als Insel zu erkennen, umgeben von Fleeten, wie die schmalen Wasserverbindungen in Hamburg genannt werden.
Cremon-Insel
Die Cremon-Insel ist eine Marschinsel im Mündungsgebiet der Alster in die Elbe. Man findet sie zwischen Speicherstadt und Katharinenkirche. Heute ist das Katharinenfleet zugeschüttet und die Cremon-Insel kaum noch als Insel erkennbar.
Der Name Cremon-Insel leitet sich wahrscheinlich vom ersten im Stadtbuch erwähnten Grundeigentümer „Fredhericum de Crimun“ ab. Aber neueste Erkenntnisse deuten auch auf eine andere Erklärung hin: Das Wort „Cremun“ bedeutet auch „Kies“. So bleibt die Frage: Wer war zuerst da und was hat von woher den Namen? Der Friedrich von Cremun oder die Kies-Insel?
Die Insel wurde vermutlich erst im 12./13. Jahrhundert besiedelt und dann 1247 zusammen mit dem Katharinenfleet erstmals urkundlich erwähnt.
Dies schmale Band zwischen dem ehemaligen Katharinenfleet und der Straße Bei den Mühren war seit dem 12. Jahrhundert besiedelt. Die Bebauung änderte sich ständig. Dieser Entwicklung will man mit den Ausgrabungen auf die Spur kommen.
Die Ausgrabung
Wenn man dem Chef-Ausgräber Kay-Peter Suchowa bei seinen intensiven und begeisterten Ausführungen zuhört, welches Vergnügen ich am 14.09.17 hatte, erlebt man die Ausgrabung und die Stadtgeschichte ganz plastisch und mit allen Sinnen.
Bei widrigstem Wetter ist man nun seit Mai 2017 dabei, sich auf der Cremon-Insel in die Tiefe zu graben. Das soll noch bis November weitergehen. Ist schon beeindruckend, wie das Ausgrabungsteam dort ausgraben kann! Ein Zelt oder ein anderer Schutz vor dem Regen kann aus statischen Gründen nicht aufgebaut werden.
Das Wasser
Oft müssen morgens Archäolgen die Gruben erstmal auspumpen. Nicht nur der Regen treibt Wasser hinein, sondern auch die zahlreichen mittelalterlichen Wasserleitungen, die tatsächlich noch funktionieren und bei Flut das Wasser aus der Elbe in die Gruben leiten.
Überhaupt: Das Wasser! Schon im Mittelalter war das häufig ein Problem. Ebbe und Flut setzten der Insel zu. Zeitweise neigten sich die Häuser in den schmalen Katharinenfleet. Dieser fiel bei Ebbe trocken und machte es auch den flachen Kähnen nicht immer möglich, ihre Waren auszuliefern. Hinzu kam, dass die Abwässer in den Fleet eingeleitet wurden, wie es im Mittelalter üblich war. So wurde immer wieder neu gebaut, verbessert und das Fleet ausgeschachtet.
Im 2. Weltkrieg wurden auch fast alle mittelalterlichen Häuser der Cremon-Insel zerstört. 1946 schüttete man schließlich das Katharinenfleet mit den Trümmern zu. Das bewirkt eine wahre Fundgrube heute für die Archäologen! Viel Keramik, alte Trümmer von Kaminöfen und andere interessante Funde kamen zutage. Wobei diese überwiegend nicht besonders hilfreich sind, weil Scherben aus dem 13. Jahrhundert mit welchen aus dem 15. Jahrhundert vermischt sind. 18. Jahrhundert mengt sich mit neuzeitlichen Resten. Da sind zeitliche und räumliche Zusammenhänge nicht mehr erkennbar.
Kleine Alltäglichkeiten
Doch manches erregt die Aufmerksamkeit der Ausgräber. Kay-Peter Suchowa lässt vor unseren Augen und Ohren Geschichten aus dem Alltag längst verstorbener Bewohner der Cremon-Insel entstehen. Da ist dieser kleine Hahn, ein Kinderspielzeug. Oder der Porzellan-Schuh. Mit solchen kleinen Schuhen haben sich Liebende früher zaghaft und schüchtern ihre Liebe gestanden.
Beeindruckend auch die vielen Reste von Kaminöfen. Man kann erkennen, dass hier nicht die reichsten Leute gelebt haben. Doch ein gewisser Wohlstand herrschte schon. Mir haben es natürlich die blauweißen Scherben angetan. Man hat auch Kacheln mit asiatisch anmutenden Malereien gefunden. Darauf sind Häuser mit geschwungenen Giebeln zu erkennen oder Menschen mit spitzen Strohhüten. Diese sind allerdings zu wertvoll, um sie auf den Scherbentisch zu werfen.
Die mittelalterliche Cremon-Insel
Dank der Erzählungen von Kay-Peter Suchowa nehmen die Schichten, Verfärbungen und Mauern der ausgegrabenen Häuser plastische Formen an. Die kleinen Häuser mit ihrer Front zum Fleet, viele mit einem Hinterhof versehen, in dem eine Kuh gehalten wurde oder ein Schwein. Ein Baum, der seine Äste über die schmalen Grundstücke hinaus ausbreitete. Die Wurzeln wurden bei der Ausgrabung gefunden und können dank der Dendrochronologie ins frühe Mittelalter datiert werden.
Die Zuckersiederei
Von 1750 bis 1850 war Hamburg ein Zentrum der Zuckerherstellung. Das Zuckerrohr wurde mit Schiffen hergebracht und zu Zucker gesiedet. So eine Zuckersiederei befand sich auf der Cremon-Insel und gleich daneben gab es auch eine Schnaps-Destille bis 1870. In einer Abfallgrube hat man viele der bei der Zuckersiederei gebrauchten Gefäße aus Keramik gefunden. Jetzt weiß ich auch, wie die Zuckerhüte entstehen bzw. entstanden sind! Bei der Zuckerherstellung wird die flüssige Melasse durch die „Trichter“ geschüttet. Im Auffanggefäß bleibt die Flüssigkeit, der Zucker setzt sich in den konischen Trichtern ab.
In einer Abfallgrube hat man neben den Resten von Zuckertrichtern auch zahlreiche Pfeiffenstiele und anderes gefunden. Funde von Tierknochen erzählen von der Tierhaltung und Ernährung der Menschen.
Links
- Archäologie-Blogs
- Das niedersächsische Landesmuseum
- Der Bischofsturm und die Hammaburg
- Das Archäologische Museum Hamburg die Seite des Museums
- Die Funde aus der Schloßstraße in Harburg sind recht ähnlich.
Ich bitte die mangelnde Qualität der Fotos zu entschuldigen! Ich habe mit dem Handy fotografiert.
- Kaffeemuseum Burg in Hamburgs Speicherstadt - 13. Oktober 2024
- Frau und Gesellschaft – China Nachrichten - 10. Oktober 2024
- Kaffee in China – eine erstaunliche Entwicklung - 6. Oktober 2024
Moin!
Danke für die lieben Worte! Ihr macht mich alle ganz verlegen mit Eurem Lob zu meinen unwürdigen Handy-Fotos!
LG
Ulrike
Liebe Ulrike,
vielen Dank für deinen Ausgrabungsbesuch und den wunderbaren Blogbeitrag – sowie natürlich die tollen Fotos ;)!
Viele Grüße,
Katrin
Archäologisches Museum Hamburg
Danke!
Wie Du schon bei mir geschrieben hast, jeder hat einen anderen Blick auf so eine Führung. Ich bin froh, dass ich jetzt auch Deinen sehen konnte. Schöne Fotos.
Danke!
Sehr schön dokumentiert und beschrieben.
Danke, Tine, das hör ich gene!
vielen Dank,eindrucksvoll dokumentiert und die Fotos sind prima,Tine
🙂
Klasse! Da wäre ich gerne dabei gewesen!
Ja, der ist einfach Spitze! Am Hopfenmarkt war ich nicht. Aber ich hab mal ne Führung von ihm zur Ausgrabung in Harburg (Ausstellung) und zur EisZeiten-Ausstellung mit ihm erlebt! Ganz große Klasse!
LG
Ulrike
Hi Ulrike,
der Kay ist wirklich ein Vollblut Archäologe, oder? Ich wollt ihn da auch noch mal besuchen. Hattest Du eigentlich auch mal eine Führung beim Hopfenmarkt (das war die Ausgrabung 2015) mitgemacht?
Lg Miriam