Glückskekse, eine vollkommen unchinesische Geschichte

Der Begriff „Glückskekse“ ist in China so unbekannt, dass er in den einschlägigen Wörterbücher und Übersetzungsapps nicht vorkommt.

Typische Glückskekse mit Spruch.

幸运饼 • xìngyùn bǐng = Glück + Kekse

Tja, der Glückskeks ist auch keine chinesische oder zumindest eine asiatische Erfindung. Das o.g. Chinesisch ist eine Übersetzung aus dem Englischen.

Es gibt keinen einzigen akzeptierten chinesischen Namen für die Cookies. Eine Vielzahl von Übersetzungen wird verwendet, um sie in der chinesischen Sprache zu beschreiben. All dies sind mehr oder weniger wörtliche Übersetzungen des englischen “Glückskekses”.

Beispiele sind: 幸运 籤 饼 xìngyùn qiān bǐng “Viel Glück viel Keks”, 籤 语 饼 qiān yǔ bǐng “Glückswort-Keks”, 幸运 饼 xìngyùn bǐng “Glückskeks”, 幸运 籤 语 饼 xìngyùn qiān yǔ bǐng “Glücksbringer”, 幸运 甜饼 xìngyùn tián bǐng “Viel Glück, süßer Keks”, 幸福 饼干 xìngfú bǐnggān “Viel Glück Keks” oder 占卜 饼 zhānbǔ bǐng “Wahrsagungskeks”.

Wikipedia

Wo kommen die Glückskekse her?

Trotzdem habe ich eine Geschichte gefunden, die die Glückskekse ins China des 13. oder 14. Jahrhundert zurückführt.

Damals, als in China die mongolische Yuan-Dynastie regierte, gab es immer Widerstand durch die Chinesen. Die hatten allerdings ein Kommunikationsproblem, da ihre Nachrichten wiederholt abgefangen wurden.

Die Chinesen besannen sich auf die beliebten Mondkuchen: In einer äußeren Hülle aus Teig befindet traditionell eine Füllung aus süßer Lotuspaste. Die mochten die Mongolen nicht. Ah, ein ideales Versteck für geheime Botschaften! So dachten die Chinesen und nutzen das für ihre Kriegsführung.

Bekannt wurde Chu Yuan Chang, ein patriotischer Revolutionär, der verkleidet als daoistscher Priester durch das Land reiste, um gespickte Mondkuchen in die besetzten Städte zu schmuggeln. Auf diese Weise konnte ein Volksaufstand koordiniert werden, der schließlich zur Ming-Dynastie führte.

Selbstgebackene Mondkuchen
Mondkuchen

Danach, so heisst es, wurde es immer beliebter, kleine Botschaften in den Kuchen zu verstecken. Diese schenkte man zur Geburt eines Kindes oder zu anderen Festen. Durch regelrechte Schreibwettbewerbe wurden die Sprüche immer kreativer und origineller.

Mit der Zeit bekamen die Kekse die heutige Form und wurden ein beliebtes Gebäck, das als Dessert oder zum Tee gereicht wurde.

Die japanische Variante

Eine andere Geschichte kommt aus Japan.

Bereits im 19. Jahrhundert wurde in Kyoto, Japan, ein Keks hergestellt, der dem modernen Glückskeks sehr ähnlich war. Der kleine Zettel mit dem Spruch wurde jedoch in die Biegung des Kekses eingeklemmt und nicht in den hohlen Teil gelegt. Diese Art von Cookie wird Tsujiura Senbei (辻 占 煎餅) genannt und immer noch in einigen Regionen Japans verkauft, insbesondere in Kanazawa, Ishikawa. Es wird auch in der Nähe des Fushimi Inari-Taisha-Schreins in Kyoto verkauft.

San Francisco und schließlich die ganze Welt

Die japanische und die chinesische Geschichte treffen sich in San Francisco im Teegarten von Makoto Hagiwara, der Ende des 19. Jahrhunderts die moderne Version der Glückskekse servierte. Von dort verbreitete sich die Sitte der Glückskekse als Nachtisch und als Geschenk auf Hochzeiten und zur Geburt eines Kindes.

Mitte des 20. Jahrhundert kamen sie in Deutschland an. Und gehören in vielen deutschen China-Restaurants zum Dessert dazu.

Herstellung

Meistens entstehen sie durch industrielle Herstellung und bestehen aus Waffelteig. Bevor sie die Maschine in die bekannte Schiffchenform biegt, kommt der schmale Streifen Papier mit den mehr oder weniger sinnigen Sprüchen hinein.

Glückskekse in der üblichenVerpackung.

Funfact

Ich bin auf diese komplette Nährstoffliste gestoßen. Wen es interessiert:

Nährwertangaben Glückskekse
Quellen: USDA, Wikipedia

Menge pro 100 Gramm
Kalorien 378
Fettgehalt 2,7 g
Gesättigte Fettsäuren 0,7 g
Cholesterin 2 mg
Natrium 31 mg
Kalium 41 mg
Kohlenhydrate 84 g
Ballaststoff 1,6 g
Zucker 45 g
Protein 4,2 g
Vitamin C0 mgKalzium12 mg
Eisen1,4 mgVitamin D0 IU
Vitamin B60 mgVitamin B120 µg
Magnesium7 mg

Rezepte gibt es ohne Ende im Internet. Zum Beispiel hier. Rezept

Sprüche

Ein großer Mensch ist, wer sein Kinderherz nicht verliert.
(chinesisches Sprichwort) 

Wer sich darauf versteht, das Leben zu genießen, braucht keine Reichtümer. 
(chinesisches Sprichwort)  

Gedenke der Quelle, wenn du trinkst. 
(chinesisches Sprichwort) 

Die Wissenden reden nicht viel, die Redenden wissen nicht viel. 
(chinesisches Sprichwort) 

Bevor Du dich daran machst, die Welt zu verändern, gehe dreimal durch Dein eigenes Haus. 
(chinesisches Sprichwort)
 

Trunkenheit erzeugt keine Fehler, sie deckt sie auf. 
(chinesisches Sprichwort)
 

Gehe mit den Menschen wie mit Holz um, um eines wurmstichigen Stückchens würdest Du nie den ganzen Stamm wegwerfen. 
(chinesisches Sprichwort)

Noch mehr

Das Knallbonbon

Ein ähnliche Sitte hat sich England Mitte des 19. Jahrhundert gebildet: das Knallbonbon.

„Knallbonbons werden vor allem auf größeren Feierlichkeiten vom Gastgeber verteilt oder von den Gästen gegenseitig geschenkt. Sie können Süßigkeiten, Spielzeugschmuck, Zettel mit Witzen oder Horoskopen enthalten und häufig Partybedarf wie Konfetti, Luftschlangen und Partyhüte. Es werden im Handel auch fertige, aber leere Knallbonbons angeboten, die individuell befüllt werden können.“ Wikipedia

Bei uns in der Familie ist es ein beliebter Silvesterbrauch geworden.

Happy New Year!

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Ulrike
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3 Gedanken zu „Glückskekse, eine vollkommen unchinesische Geschichte“

  1. Hallo Ulrike!

    Bei Taobao kann man inzwischen tatsächlich Glückskekse kaufen. Aber in freier Wildbahn begegnen sie hier einem natürlich nicht. 😉

    Gruß aus Peking
    Linni

  2. Lange keine Glückskekse mehr gegessen, da das chinesische Restaurant in unserem Stadtteil vor ein paar Jahren weggezogen ist. (Die Räumlichkeiten stehen immer noch leer, traurig.)

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