Reisebericht 2. Teil: Backsteingotik und Waldmöpse

Zuletzt aktualisiert vor 4 Monaten

Brandenburg, die Stadt der Backsteingotik, präsentiert sich am nächsten Morgen kühl und trocken. Da nutze ich den Vormittag, um die Stadt zu erkunden.

Weil das Stadtmuseum Frey-Haus im Winter um 11:00 Uhr öffnet, gehe ich erstmal durch die Altstadt.

Ein wenig überrascht stehe ich schon nach wenigen Schritten vor dem alten Rathaus. Da hatte ich wohl die Entfernungen in dem kleinen Ort ein wenig überschätzt. Das Rathaus ist ein wunderbares Gebäude der Backsteingotik.

Rathaus mit Roland

Könnt Ihr ihn erkennen? Rechts vor dem Rathaus steht ein Roland! Der vor dem Altstädtischen Rathaus stehende Roland wurde 1474 aus Sandstein geschaffen. Er stand bis 1716 auf dem Neustädtischen Markt. Dort war den Soldaten, die Platz zum Exerzieren nutzten, im Weg. Also wurde er kurzerhand mit Genehmigung von König Friedrich Wilhelm I. direkt vor das Neustädter Rathaus umgesetzt.

Brandenburg Roland Statue von 1473.

Vor das Altstädtische Rathaus kam er erst nach dem 2. Weltkrieg, nachdem das Neustädter völlig zerstört wurde.

Ich begrüße ihn wie einen alten Bekannten, da ich ihn aus Bremen kenne. In meinem Artikel dazu findet Ihr auch eine ausführliche Beschreibung mit Geschichte und Legende.

Funfact: In einer kleinen Mulde auf dem Kopf wurde Donnerkraut gepflanzt, welches die Figur nach einem Aberglauben vor Blitzschlag schützen sollte.

Backsteingotik

Die Backsteingotik verbindet bis heute wie ein kulturelles Band die Regionen entlang der südlichen Ostseeküste. Eine »Europäische Route der Backsteingotik« leitet von einer architektonischen Perle zur nächsten.

Obwohl man mit der Backsteingotik die typischen roten Gebäude in Norddeutschland verbindet, gibt es diese in verschiedenen Farbtönen: Je nach Grundsubstanz und Brennvorgang werden gelbe, rotbraune, weiße, graue oder aber auch schwarze Steine hergestellt. Insbesondere in den Städten im Ostseeraum, wie zum Beispiel in Lübeck oder Stralsund, sind verschiedene Gebäude mit dieser charakteristischen roten Fassade zu finden.

Viele von der Backsteingotik geprägte historische Städte wurden in die Liste des UNESCO Welterbes mit aufgenommen. Dazu zählen beispielsweise das Holstentor und das Rathaus in Lübeck. Mit seinen Türmchen und geschwungenen gotischen Bögen ist es für die Touristen ein echter „Hingucker“ auf jeder Sightseeingtour.

Die Lübecker Marienkirche diente den Bauherrn der Backsteingotik als Musterbau für die Entstehung von weiteren Kirchen in Europa. Sie ist vergleichbar mit der klassischen Kathedralgotik sowie der Scheldegotik. Das offene Strebesystem von westlichen Kathedralen wurde ebenfalls aus Backstein hergestellt. Große Sakralbauten aus Backstein gibt es ferner in Stralsund, Greifswald, Wismar und Bad Doberan.

Es gibt keine reich verzierten Ornamente

Das ist typisch für diese Stilrichtung: Bei der Backsteingotik fehlen gänzlich die figurativen Bauplastiken, denn diese konnte man mit Backsteinen nicht umsetzten. Es gibt außerdem auch keine reich verzierten Ornamente; von daher könnte man die Backsteingotik als eine nüchterne Stilepoche bezeichnen.

Bayrische Staatszeitung

Ich gehe langsam durch die ruhigen Straßen der Altstadt. Heute ist Donnerstag, aber es fühlt sich wie Sonntag an. Nur das Kopfsteinpflaster bereitet mir viel Mühe.

Überall gibt etwas zu sehen. Die Altstadt wirkt sehr harmonisch mit den vielen alten Häusern.

In den Straßen der Altstadt

Stadtmauer

Ich gehe langsam und vorsichtig, gelange zu der alten Stadtmauer. Es ist nicht mehr viel übrig, nur ein schmaler Park und ein paar Türme.

An jedem bemerkenswerten Gebäude findet sich ein Schild mit ausführlichen Erklärungen.
An jedem bemerkenswerten Gebäude findet sich ein Schild mit Erklärungen.

An jedem bemerkenswerten Gebäude findet sich ein Schild mit ausführlichen Erklärungen. Das finde ich sehr hilfreich.

Der Park ist ruhig und frisch, die Bäume scheinen zu schlafen. Hin und wieder piepst ein Vogel. In einer windgeschützten Ecke vergnügt sich eine lautstarke Bande von Spatzen.

Das Beste ist, dass es kein Kopfsteinpflaster gibt, das mir das Gehen so beschwerlich machen könnte. So gelange ich recht entspannt an das Havelufer.

Brandenburg St Gotthardt

An einer Stelle linst St. Gotthardt über Reste der Stadtmauer. Sie eine der ältesten Kirchen in Brandenburg und erinnert an den letzten slawischen Fürst Pribislaw-Heinrich, der wahrscheinlich 1147 eine Gemeinschaft von neun Klerikern aus dem Prämonstratenserstift Leitzkau an der Kirche berief. Nach einigen Umbauten wurde sie zu einer gotischen Kirche. Im Inneren kann man noch vieles aus dem Mittelalter besichtigen. Mir ist heute aber nicht nach Kirche.

Am Ufer des Kleinen Beetzsee bläst der Wind etwas frisch. Aber es stört mich heute nicht. Es sieht aus wie wenn hier im Sommer eine lustige und maritime Stimmung herrscht. Jetzt aber scheint alles im Winterschlaf.

Also gehe ich weiter. An einer Stelle bekomme ich interessante Einblicke in eine Hausmauer aus Fachwerk. Wie alt es ist, weiß ich nicht. Ich finde die Verwendung von Holzstöcken mit kräftigen Seilen oder Stoffen sehr besonders.

Das Stadtmuseum Frey-Haus

Nach einem kleinen Mittagessen spaziere ich zum Stadtmuseum Frey-Haus, das gleich neben meiner Unterkunft liegt. Es ist barockes Gebäude von 1723 und das einzige erhaltene barocke bürgerliche Hofensemble der Stadt. Der Name geht auf die Steuerfreiheit zurück, die sein Besitzer im 18. Jahrhundert genoss.

Frey-Haus Museum
Frey-Haus Museum

In dem Museum gibt es eine interessante Ausstellung von Blechspielzeug. Brandenburg war über 100 Jahre lang zentraler Herstellungsort für Blechspielzeug, das sich großer Beliebtheit erfreute.

Das Hauptstück aber ist die Loriotausstellung im 2. Stockwerk. 2023 wäre Vicco von Bülow (Loriot) 100 Jahre alt geworden. Und er ist in Brandenburg an der Havel geboren worden! Lange lebte in Berlin und im Westen, wo er zum berühmten Humorist avancierte.

1985 kehrte er kurz zurück, um eine bedeutende Ausstellung seiner Werke zu zeigen. 1993 erhielt er dann die Ehrenbürgerwürde der Stadt. Im Museum sind viele Fotos aus seinem Leben zu sehen. Aber auch die Cartoonreihe, wie aus einem Elchkopf der Waldmops wurde. Sein Leben und vor allem seine ungewöhnliche Ausstellung zu DDR-Zeiten sind spannend. Die Ausstellung gibt es noch bis 31.05.2024.

In ganz Brandenburg an der Havel sind 20 Skulpturen des Waldmopses verteilt, aber ich hatte noch keine gesehen. Das änderte sich erst am nächsten Tag.

Brandenburg

Bis dahin zog ich mich in mein kleines Appartement zurück und genoss die Ruhe. Ich war noch ganz erfüllt von meinen Eindrücken und der schönen Backsteingotik.

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Ulrike

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