Zuletzt aktualisiert vor 2 Jahren
Damit entpuppt sich das Emsland mit dem Bourtanger Moor als genau das Richtige, um runterzukommen und sich zu entspannen nach anstrengenden Arbeitstagen in der hektischen Großstadt.
Über Grenzen hinweg: Das Bourtanger Moor
Ein großer Teil des Naturparks Bourtange liegt in den Niederlanden, daher auch die Bezeichnung “international”. Als ich an der Grenze stand, merkte ich kaum etwas davon. Die Grenze ist nicht beschildert. Auch im Laufe des Tages querten wir hin und wieder die Grenze und merkten das höchstens an den unterschiedlichen Straßenschildern.
Wie hochinteressant, sich der Landschaft unter kundiger Führung zu nähern! Wir, eine kleine Gruppe von Journalisten, erlebten als erstes einen Aussichtsturm, von dem wir die flache Landschaft mit kleinen Tümpeln, spärlichem Baumbewuchs und einem Dorf in der Ferne.
“Da drüben, das Dorf liegt in Holland! Und schauen Sie sich den Aussichtsturm an: So hoch reichte einst das Moor, bevor der Torf abgebaut wurde!” Sprachlos schaute ich in die Höhe. Wow!
Da waren in den letzten Hundert Jahren offensichtlich Unmengen an Torf abgebaut worden!
Im Frühjahr und im Herbst sind die Flächen des Bourtanger Moor beliebte Rastplätze der Zugvögel. Dann machen riesige Schwärme von Kranichen und Gänsen hier Pause und füllen mit ihren Rufen die Luft. Davon war an diesem Tag Ende Mai nichts zu hören oder zu sehen. Doch wir waren umgeben von unendlichem Vogelgezwitscher und dem Quaken der Frösche. Über uns kreiste ein Milan und rief hoch und melodisch. Herrlich!
Wozu wurde Torf abgebaut?
Torf ist sehr nützlich und wird seit rund 1.000 Jahren abgebaut.
Besonders wurde der Torf als Brennstoff und als isolierendes Füll- und Dämmmaterial im Häuserbau verwendet. Seit jeher dient Torf auch als
Einstreu in Viehställen. Er entwickelt schnell Wärme und wirkt antiseptisch. Deshalb wird er gerne für Moorbäder bei rheumatischen Erkrankungen verwendet.
Besonders interessant: Früher wurde Torf als Bettunterlage für Kleinkinder gebraucht. Der Torf ist besonders saugfähig und wirkt dem Geruch entgegen.
Schafe und ihre Disziplin
Wir fahren nach Holland, wo ein moderner riesiger Schafsstall im niederländischen Teil des Naturparks Bargervenn – Bourtanger Moor gebaut wurde. Die riesigen begrünten Dächer fügen sich schön in die Landschaft ein. 1.000 Schafe und auch rund 100 Rinder wohnen hier.
Als wir unter der kundigen Führung eines knorrigen holländischen Urgesteins die Halle betreten, sind nur wenige Tiere zu sehen. Denn natürlich sind die meisten tagsüber auf der Weide. Alles ist faszinierend sauber und großzügig mit Stroh ausgelegt.
Wir erfahren erstaunliches: Schon seit vielen Hundert Jahren halten die Bauern ihre Schafe so, dass sie sich tagsüber auf den saftigen Moorwiesen satt futtern. Abends kehren sie freiwillig in den Stall zurück. Dort erst kötteln sie das Gefressene ins Stroh. Darüber freut sich der Bauer, denn das Kot-Strohgemisch ist ein hervorragender Dünger, der in einem unendlichen Kreislauf wieder auf die Felder und Weiden ausgebracht wird. Dazu gehört natürlich eine erstaunliche Disziplin der Tiere.
Wölfe!
“Verbraucher wollten gern Nutztiere wie Schafe, Kühe und Pferde auf der grünen Wiese sehen, erklärte das Landvolk weiter: „Und am besten den Wolf als harmlosen Wald- und Wiesenbewohner daneben.“ Aber das funktioniere nun einmal nicht. Viele Weidetierhalter seien den Anblick gerissener Schafe sowie den damit verbundenen Verwaltungsaufwand leid und stiegen enttäuscht aus der Weidetierhaltung aus.
Die Bauernverbände sprechen sich deshalb für ein „aktives Wolfsmanagement“ aus. Dazu zählen der Abschuss auch ganzer Rudel sowie die Einrichtung „wolfsfreier Zonen“.” NWZ online
Es bleibt ein schwieriges Thema
Immer wieder kommt das Gespräch in diesen zwei Tagen auf die Wölfe. Doch wir sehen natürlich keine.
Bourtanger Moor
Wir fahren weiter ins Moor hinein. Unser holländischer Führer zeigt uns Wollgras und andere seltene Pflanzen des Moors. Die fleischfressende Pflanze Sonnentau ist hier heimisch. Doch die finden wir nicht.
Dafür schreckt uns der Holländer plötzlich auf: “Kreuzottern!”. Gerade noch können wir zwei dunkle Schlangen im Gras verschwinden sehen. Viel zu schnell für ein Foto! Dafür zeigt uns der Mann die Narben an seiner Hand, die von einem Kreuzotternbiss stammen. “Sehr schmerzhaft!” lacht er. Er hat es überstanden. Kreuzotternbisse sind schlimm aber in der Regel nicht tödlich für den Menschen.
Die Landschaft sieht hier nicht so sehr nach Moor aus. Grüne Viehweiden, Sandwege, Gräben.
Das Emsland Moormuseum
Wir besuchen natürlich auch das Moormuseum. Dort dreht sich alles um das Leben im Moor. Lange Zeit schien das Moor ein fast unüberwindbarer Landstrich zwischen Holland und dem Emsland gewesen zu sein. Es war sehr gefährlich, den unsicheren feuchten Boden zu überqueren. Die kargen Wiesen und sauren Böden boten wenig Möglichkeiten für Viehzucht oder Landwirtschaft.
Erst mit dem intensiven Torf-Abbau kam etwas Wohlstand für die Bevölkerung. Doch es blieb eine mühsame Arbeit mit langen Arbeitszeiten. Teilweise noch heute wird der Torf mit schweren Maschinen abgebaut. Doch auch das wird in wenigen Jahren vorbei sein.
Eine Möglichkeit der Neuzeit, um Geld zu verdienen, ist die Ölförderung geworden. Unter den Mooren hat man Erdöl gefunden und baut dies seit einigen Jahrzehnten ab.
Das Moormuseum von Groß Hesepe ist unbedingt sehenswert! Bei meinen Recherchen ist mir nun aufgefallen, dass man im Internet recht wenig über Leben am Moor und das Bourtanger Moor erfährt. Da bleibt einem anscheinend nichts anderes übrig, als selbst mal dort vorbeizugucken.
Etwas Geschichte
Bis in das 20. Jahrhundert hinein galt das Emsland als das Armenhaus Deutschlands. Kaum passierbare Straßen durch kümmerliche Dörfer, Tuberkuloseendemien und tausende Quadratkilometer unerschlossenen Ödlandes mit niedrigsten Bevölkerungszahl pro Fläche. Die Armut der Landbevölkerung war überall offensichtlich. Die Not führte zu einer hohen Zahl von Auswanderungen.
Der Staat Preußen verstärkte nach 1866 die Ödlandkultivierung und versuchte die Wirtschaftsleistung zu stärken. Doch erst der Emslandplan, 1952 vom Deutschen Bundestag verabschiedet, bündelte infrastrukturelle Maßnahmen gewaltigen Ausmaßes, finanzierte diese und führte den nordwestdeutschen Grenzraum Deutschlands binnen 30 Jahre an die Lebensstandards und Wirtschaftsleistungen anderer Regionen heran.
Eine alte Torfbahn macht Runden um das Museum, den Siedlerhof und die Weiden mit Schafen, Gänsen und Schweinen. Wir dürfen mal mitfahren und erleben einen kurzen Schrecken, als ein Wägelchen aus den Gleisen springt. Nichts passiert!
Öffnungszeiten:
Das Museum öffnet vom 01. März bis 31. Oktober für die Saison 2019.
Museum
Dienstag bis Sonntag von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr und nach Vereinbarung. (Montags geschlossen da Ruhetag, außer an Feiertagen)
Museumscafé
Vom 01. März bis zum 31. März jeweils Samstags und Sonntags, von 12:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Ab dem 1. April, täglich außer Montags, von 12:00 Uhr bis 17:00 Uhr.
Webseite: Emsland Moormuseum
Das Moormuseum: Siedlerhof
Beim Museum kann man einen Nebenerwerbshof sehen, wie sie in der Gegend des Bourtanger Moor weit verbreitet waren. Das waren kleine Höfe, die wohl gerade so den Bauer und seine Familie versorgten.
Ein absolutes Highlight war die Sau mit ihren Ferkelchen! Gerade am Abend vorher waren sie zur Welt gekommen. Die süße Bande hatte sich aufgeteilt: Etliche lagen an der Milchbar bei der Sau. Der Rest hatte sich einen Sonnenfleck vor dem Stall gesucht und kuschelte in der Wärme.
Weitere fast ausgestorbene Haustierrassen tummeln sich auf dem kleinen Hof.
Das Moormuseum: Seltsame Ausstellung
Das Bourtanger Moor wurde von einigen Menschen zu seltsamen Treiben missbraucht: Als Autofriedhof! Alte Autos wurden vor allem nach der Wende einfach im Moor versenkt und entsorgt. Vor einigen Jahren kam ein örtlicher Verein auf die Idde, diese Autos wieder auszugraben. Nun gibt es im Museum eine skurrile Ausstellung mit Fotos von den Autowracks verrostet und bedeckt mit Pflanzen.
Der Rote Franz
Natürlich fragte ich bei der Führung auch danach, ob man in dem ausgedehnten Bourtanger Moor nicht auch Moorleichen gefunden habe. Ja, hat man! Sogar eine ganz berühmte! Den Roten Franz!
Anmerken möchte ich noch, dass man im Museumscafe leckere Buchweizen Pfannkuchen und hausgebackenen Kuchen essen kann.
Deshalb sollte man kein Torf mehr zum Verfeuern nehmen und auch Pflanzenerde mit Torfbestandteilen meiden.
Links
- Reisebericht von der Pressereise ins Emsland
- Das Bibercafe
- Haselünne und der Schnaps
- Stadtspaziergang Hamburg an der Wandse
- Eine Wanderkarte findet Ihr hier
- Archäologie in China – China Nachrichten - 30. Oktober 2024
- Spannende Tiere auf dem Bambooblog – Übersicht - 29. Oktober 2024
- Fledermäuse, weltweit geliebt, gefürchtet oder verabscheut - 27. Oktober 2024
Danke für diesen wunderschönen und interessanten Blogpost und die feinen Fotos, liebe Ulrike.
Sehr informativ! Ich wusste nicht, dass Hochmoore einst so hoch waren, und dass in Laufe der Zeit so viel abgebaut wurde. Erstaunlich!