Eine Moschee gebaut zu Ehren der Schwiegermutter

In Samarkand besuchen wir auch eine gewaltige Moschee, eine riesige Anlage mit einer blauen Kuppel, die über die Häuser der Altstadt hinausragt und schon von weitem leuchtet. Die Moschee Bibi Khanum, die der Schwiegermutter von dem Herrscher Timur errichtet worden sein soll, wurde um 1400 als große Freitagsmoschee erbaut.

Samarkand Moschee Bibi Khanum Kuppel Detail

Die Große Moschee Bibi Khanum in Samarkand

Es ist unklar, wann der Name Moschee Bibi Chanum aufkam. Im Mittelalter wurde die Moschee immer nur als große Moschee oder Freitagsmoschee (جامع مسجد masğed-e ğāme‘, persisch) bezeichnet.

Historisch ist Bibi Khanum (خانم بیبی, persisch: Frau Bibi) als Name einer Ehefrau Timurs nicht zu belegen. Im Persischen ist Bibi auch eher eine allgemeine ehrende Bezeichnung im Sinne von verehrenswürdige Frau, besonders als achtungsvolle Anrede für die Großmutter väterlicherseits.

Die Moschee Bibi Khanum hat aber einen Bezug zu Timurs Hauptfrau Sarai-Molk Chanum. Timur war damals auf jahrelangen Feldzügen unterwegs; in der Zeit hatte seine Gattin – damals schon eine ältere Dame – vermutlich die Aufsicht über die Arbeiten an der Moschee, dem wichtigsten Bauprojekt der Hauptstadt.

Gesichert ist, dass Sarai-Molk Chanum in derselben Zeit unmittelbar gegenüber der Moschee Bibi Chanum eine eigene Stiftung, eine Medresse, erbauen ließ. (Auf deren Gelände ist heute nur ein Kuppelbau erhalten geblieben, der im Volksmund als Mausoleum der Bibi Khanum überliefert ist.)

Die Moschee

Die Legende laut Wikipedia

Der Legende nach ist Bibi Chanum die junge und hübsche Lieblingsfrau Timurs, die den Bau der Moschee als Geschenk an Timur veranlasste. Man erzählt die Geschichte heute folgendermaßen:

Der Baumeister, dem Bibi Chanum den Auftrag gab, verliebte sich leidenschaftlich in sie. Er erklärte dreist: „Ich werde die Moschee erst fertigstellen, wenn du mir erlaubst, dich zu küssen.“ „Das ist unmöglich,“ wehrte Bibi Chanum ab. „ Aber du darfst stattdessen eine meiner Dienerinnen küssen. Es ist ja gleich, aus welchem Becher du deinen Durst stillst: Ein Trank ist wie der andere.“ „Oh nein,“ erwiderte der Baumeister. „Schau einmal her. Hier habe ich zwei Becher: einen mit klarem Wasser, den anderen mit hellem Wein. Von außen sehen beide gleich aus und beide löschen den Durst. Aber der Wein wird mich zudem erheben und glücklich machen.“

Bibi Chanum war verzweifelt. Denn Timur war schon auf dem Weg nach Samarkand, und die Zeit drängte: Die Moschee musste fertig werden. Schließlich gab sie nach und erlaubte dem Baumeister einen Kuss auf ihre Wange. Im letzten Augenblick zog sie noch ein kleines Kissen dazwischen, doch der Kuss war so heiß und leidenschaftlich, dass er sich durch das Kissen in ihre zarte Wange brannte.

Bald traf Timur ein und war begeistert von der Moschee, diesem herrlichen Geschenk seiner geliebten Frau. Doch dann, als er Bibi Chanum den Schleier vom Gesicht nahm, entdeckte er die Spur des Frevels auf ihrer Wange. Rasend vor Eifersucht ließ er nicht locker, bis Bibi Chanum ihm alles gestanden. Wütend forderte er den frechen Baumeister zu sich. Doch der wusste, dass auf ihn der sichere Tod wartete. Kunstfertig wie er war, baute er sich ein Paar Flügel, stieg auf das höchste Minarett seiner Moschee und flog davon bis nach Maschhad in Persien.

Unser Reiseleiter erzählt mit Begeisterung diese Geschichte. Wir folgen ihm mit großem Staunen zu den gewaltigen, teilweise renovierten Mauern. Unfassbar! Eine Moschee zu Ehren einer Schwiegermutter!

Unfassbar schön

Timur ließ die Moschee erbauen, nachdem er aus Indien zurück gekehrt war. Manch ein Element mag den architektonisch versierten Menschen an Indien erinnern. Einst war die Moschee die größte und schönste im Orient. Doch zahlreiche Erdbeben, die in Samarkand häufig sind, haben sie schnell beschädigt. Ende des 19. Jahrhunderts war die Moschee Bibi Khanum komplett verfallen. Nur die große Kuppel mit ihrem kräftigen Unterbau existierte noch. Heute wird die Moschee nach und nach renoviert und entsteht in alter Pracht neu.

Samarkand Moschee Bibi Khanum

Eigentlich habe ich heute schon so viel Schönheit und Blau gesehen, dass ich mich am liebsten abseits der Gruppe in dem großen schattigen Hof der Moschee aufhalte. Dort steht ein riesiges Postament für einen überdimensionierten Koran. Ob der wirklich jemals dort gelegen hat und gelesen wurde: „Jaja!“, nickt Toni, unser Reiseleiter. Doch ich bleibe skeptisch. Irgendwie ist das nicht vorstellbar. So ein Koran hätte Seiten von 2 Metern haben müssen! Doch dann erfahre ich, dass es in einem Museum beim Registan-Platz genau so einen riesigen Koran gibt. Unfassbar!

Diese ganze Moschee Bibi Khanum ist in ihren Ausmaßen kaum vorstellbar:

Die Moschee Bibi Khanum in Zahlen

Erbaut: 1399 bis 1404

Außenmaße: 167 x 109 Meter

Innenhof: 78 x 64 Meter

Kuppel: 44 Meter hoch 

Samarkand Moschee Bibi Khanum
Samarkand Moschee Bibi Khanum Erdbebenschaden
Samarkand Moschee Bibi Khanum Koranständer
Koranständer
Samarkand Moschee Bibi Khanum

Bazar

Völlig überwältigt, vor lauter Eindrücken schweigend werden wir für eine Stunde auf den nahe gelegenen Markt entlassen. Hier empfängt uns das pulsierende Leben des Orients und der Seidenstraße. Ein leichter Hauch von Marihuana  schwebt über dem bunten Obst und Gemüse. Tatsächlich gibt es hier Marktstände, an denen das Zeug verkauft wird. Ich fühle mich herrlich frei, beeindruckt, tauche tief ein in das bunte Gewusel von Handel und freundlichen Menschen.

Samarkand Bazar Frauen
Samarkand Bazar Hüte
Samarkand Bazar Hülsenfrüchte
Samarkand Bazar Auberginen und Kohl
Samarkand Bazar

Mittagessen? Wer mag schon essen bei all den Eindrücken heute? Doch auf dem Bazar gibt es leckere Kleinigkeiten, zum Beispiel würzige Schaschlik-Spieße, und Melonen und Tomaten und frisches duftendes Fladenbrot. Da kommt der Appetit zurück. Gestärkt geht es schließlich weiter zum berühmten Registan Platz.

Die Seidenstraße – Geschichte und Geschichten

Ulrike
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