Der Sachsenwald, stille Grabhügel und laute Vögel

Ich war im Sachsenwald! Ein wunderbares Naturerlebnis, sag ich Euch!

Im Urwald des Sachsenwald

Schon früh bin ich unterwegs. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, der Tau tropft von den Blättern. Die Luft ist frisch und feucht.

Der Morgen angetan mit Purpur
Betritt den Tau des hohen Hügels dort

William Shakespeare (1564 – 1616), Hamlet

Ich könnte singen vor Freude, als ich in Aumühle aus der S-Bahn steige und gleich in den Wald gehe, den Sachsenwald voller alter Bäume und Geschichten.

Geschichte des Sachsenwald

Ein Wald voller Geschichten? Ich habe nicht viele Mythen und Legenden aus dem Sachsenwald gefunden. Jedenfalls ist es ein Wald, der eine interessante Geschichte hat.

Vorgeschichte

750 Grabhügel und Wälle zeugen von der ausgedehnten bronzezeitlichen Besiedlung des Sachsenwaldes. Das lässt mich sofort aufhorchen.

Magischer Sachsenwald

Außerdem haben Archäologen Spuren von „Celtic Fields“ nachgewiesen. So nennt man viereckige oder unregelmäßig vieleckige, unterschiedlich große, von Wällen oder Steinsetzungen umgebene Äcker aus der vorchristlichen Eisenzeit und römischen Kaiserzeit in England, Dänemark, Holland und Norddeutschland. Mit den Kelten haben sie nichts zu tun und zu sehen ist davon, außer vielleicht mit den fachmännischen Augen eines Archäologen, nichts.

Der Sachsenwald ist also mindestens seit der Bronzeit besiedelt.Das heisst auch, dass er zu manchen Zeiten ein dicht besiedeltes Gebiet war mit offenen Flächen. Der üppige Wald, den wir heute erleben, ist bis auf einige schmale Streifen Urwald erst ein paar Hundert Jahre alt.

Der Schweinekrieg

Immer wieder treffe ich auf die Geschichte vom „Schweinekrieg“, die sich 1660, also kurz nach dem Dreissigjährigen Krieg (1618 – 1648), zugetragen hat.

Damals ist so ein Wald „ein Fressen“ für die Schweine, die von den Bauern der Umgebung gemästet wurden. Hamburger und Lübecker trieben ihre Schweine tief in den Wald. Der lag nun eigentlich auf Lauenburgischen Gebiet. Aber das Unterholz des Waldes war – mitsamt den Eicheln für die Schweine – wesentlich nahrhafter als das, was die Weideflächen damals hergaben. So dachten die Hamburger.

Als nun im genannten Jahre eine beträchtliche Anzahl Hamburgischer Schweine sich abermals, wie gebräuchlich, dort gütlich thut, läßt der Herzog zu Sachsen-Lauenburg ohne Umstände, soviel er deren habhaft werden kann, durch seine Leute wegnehmen, also daß manch schöner Braten der Stadt und ihren Bürgern widerrechtlich entzogen worden, was großen Zorn und heftige Entrüstung bei Vornehm und Gering erregte, denn wer mag sich den Bissen vorm Munde wegschnappen lassen!

Und zumal waren es die Knochenhauer, welche unablässig dem Rathe anlagen, daß er solch himmelschreiendes Unrecht nicht dulden und veranstalten möge, daß der Schade gebessert werde. E. E. Rath schickte also flugs mehrere 100 Mann Reiter und Kriegsknechte mit Spießen und Büchsen in den Sachsenwald, wo sie einige Dörfer besetzten und auf Lauenburg zu marschiren droheten, wenn nicht gütliche Beilegung der Sache erfolgte.

Die ganze Geschichte
Gras, von Tau benetzt

Fürst Bismarck

Seit 1871 ist der Sachsenwald in Privatbesitz – ein Geschenk von Kaiser Wilhelm I. an Fürst Otto von Bismarck, der ein großer Naturliebhaber war.

Da war er für Jahre kaiserliches Jagdrevier und nur dem Adel zugänglich. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten erinnern an Bismarck wie das Schloss Friedrichsruh mit dem Bismarck-Museum.

Einer Legende nach soll der Fürst sogar im Jahr 1891 bei einem seiner allmorgendlichen Streifzüge die nach ihm bekannte Bismarck-Quelle entdeckt – und sich fortan täglich am kristallklaren Quellwasser erquickt haben. 

Der Wald befindet sich heute noch überwiegend im Besitz seiner Nachfahren. Im Jahr 2003 erwarb der Reeder Eberhard von Rantzau ein Drittel des Sachsenwalds von der Familie von Bismarck

Sachsenwald Weg

Wo sind die Grabhügel?

Eigentlich wollte ich zu dem kleinen Ort Ohe, wo in der Nähe ein Gräberfeld bestehend aus einigen Hügelgräbern sein sollte. Als ich nun aber auf einer Karte gegenüber dem Aumühler Bahnhof sehe, dass der ganze Wald nur so von Hügelgräbern übersät war, gebe ich den Plan auf und mache mich auf, diese zu erkunden.

Ich habe keinen Plan von dem Gebiet. Aber ich verlasse mich auf mein gutes Orientierungsvermögen. Links (also östlich) ist die Bille, an der ich kurz entlang gehe, und rechts – naja – endloser Wald. Muss ich eben aufpassen, dass ich nicht zu weit nach rechts komme. Ansonsten weisen Schilder den Weg, manchmal.

Durch den Wald gehe ich, die Augen immer weit offen, den Blick schweifen lassend. Jetzt, am frühen Morgen scheint das üppige Grün magisch. Ja, das könnte ein Hügelgrab sein! Oder das da! Ich kann es nicht deuten.

Ich bin schon fast umgekehrt, da entdecke ich ein Schild. Ein archäologisches Denkmal scheint nur auf mich gewartet zu haben.

Archäologisches Denkmal, ein Riesenbett. NUr das Schild.

Nur das Schild macht darauf aufmerksam. Eine Zeichnung vermittelt mir eine Idee, wie es ausgesehen haben muss. Ob die drei oder vier Felsbrocken, die zaghaft aus dem Erdboden ragen, die letzten, kaum sichtbaren Reste sind?

Wie ich später lese, ist es mit 100 Metern Länge eines der größten im Sachsenwald.

Obwohl ich eigentlich nichts sehe, bin ich’s zufrieden. Hatte ich das Riesenbett wenigstens erahnen können. Im Sachsenwald gibt es noch mehr Langgräber bei Dassendorf. Diese sollen besser erkennbar sein.

Ein überwältigendes Konzert

Ein weiteres Highlight meiner Wanderung ist das überwältigende Konzert der Vögel. Oft bleibe ich stehen, um andächtig dem melodischen Gesang der vielen Vögel zu lauschen.

Gesehen hab ich die wenigsten. Mal ein Rascheln im Gebüsch, mal eine Schar Vögel, die gleich wieder verschwunden ist. Ca. 80 Vogelarten soll es im Sachsenwald geben. Einige recht seltene sind darunter, Der farbenprächtige Eisvogel hat sein Jagdrevier an der Bille.

Ich hab dann einen munteren Schwarzspecht sogar eine Weile beobachtet, Er machte sich mit Eifer über eine verrottende Baumwurzel her.

Schwarzspecht.
Schwarzspecht, Pixabay
Der Schwarzspecht
Der etwa krähengroße Specht ist durch seine Größe und seine Färbung unverwechselbar. Er besitzt ein komplett schwarzes Gefieder und einen hellen, meißelförmigen Schnabel. Die Geschlechter unterscheiden sich durch ihren Scheitel, der beim Männchen komplett rot ist, während beim Weibchen nur der hintere Teil rot gefärbt ist..
Er ist ein scheuer Bewohner großer Wälder, der jedoch durch seine Stimmfreudigkeit und seine Gestalt auffällt. In alte Bäume zimmert er eine Höhle mit ovalem Eingang, die er mit Holzspänen auspolstert. NABU

Ach, es ist einfach herrlich, die frische würzige Luft einzuatmen, den Tau auf dem Gras glitzern zu sehen und die Vögel singen zu hören!

Die Schmetterlingstramete

Dann entdecke ich einen Pilz am Boden, der ganz interessant aussieht. Aber ich habe keine Lust mehr zum Fotografieren. Es handelt sich um eine Schmetterlingstramete, wie ich später herausfinde.

Schmetterlingstramete, farbiger Baumpilz
Schmetterlingstramete, Pixabay

Obwohl die Schmetterlingstramete nicht giftig ist, kann man sie nicht essen denn dafür ist sie viel zu zäh und geschmacklos. Gelegentlich sieht man diesen sehr schönen Pilz in floristischen Gestecken sowie auf Kunsthandwerker-und  Christkindlmärkten. Lackiert man die Fruchtkörper so lassen sich aus ihnen Broschen und Anhänger herstellen.

Was die Schmetterlingstramete aber besonders interessant macht, sind seine pharmakologisch wirksamen Inhaltstoffe. Die Schmetterlingstramete ist vermutlich einer der bestuntersuchten Pilze überhaupt. Seine Wirkung ist durch zahlreiche Studien und Forschungsreihen belegt.

Vor allem in Asien werden zahlreiche Medikamente daraus hergestellt und bei einer ganzen Reihe von bösartigen Erkrankungen (Magen, Brust, Bauchspeicheldrüse, Darm, Lungen, Mund- und Rachenkrebs) eingesetzt. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wird der Pilz schon seit Jahrhunderten eingesetzt. Die Inhaltstoffe stimulieren das Immunsystem und führen zum Absterben von Krebszellen.

Sie wirken antiviral, werden zur Grippevorsorge und zur begleitenden Therapie bei Hepatitis und HIV-Infektionen eingesetzt. Dieser Heilpilz kann zusätzlich bei der Chemo- und Strahlentherapie verwendet werden. Die kombinierte Anwendung soll das Immunsystem schützen und hat zur Folge, dass die herkömmliche Krebstherapie besser vertragen wird. Es erhöht sich der Behandlungserfolg und die Lebensqualität des Patienten

Der BUND Bayern

Jetzt habe ich recherchiert und viel Interessantes über den Pilz herausgefunden. Wenn ich das gewusst hätte!

Der Stock

Mit den Stock durch den Sachsenwald.

Insgesamt bin ich etwa 20.000 Schritte gewandert (das sind 12 bis 14 km). Nach meinem Schlaganfall vor zwei Jahren eine reife Leistung! Die letzten ca. 5.000 Schritte fielen mir schwer. Doch ich hatte vorgesorgt! Ein faltbarer Stock, den ich jetzt aus dem Rucksack nehme und bereit mache. So gehe ich langsam, mich bei kleinen Unebenheiten schwer auf den Stock stützend, weiter,

Sehr erschöpft komme ich schließlich wieder am Bahnhof Aumühle an. Ich freue mich geradezu auf die S-Bahn-Fahrt zurück zum Hauptbahnhof.

Infos

Der Sachsenwald ist mit knapp 70 km² Schleswig-Holsteins größtes zusammenhängendes Waldgebiet.

Die S-Bahn fährt alle 20 Minuten von Hamburg-Hauptbahnhof nach Aumühle. Von dort ist man mit wenigen Schritten im Sachsenwald. 32 Minuten braucht sie für die Fahrt.

Wenn man aussteigt, wendet man sich nach links zur Bille oder nach rechts nach Friedrichruh und dem Bismarck-Museum.

Weiterführende Links und Wanderungen

Ulrike

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