Wutai Shan
Raus aus den trubeligen chinesischen Städten! Ruhe finden, Natur erleben, tiefe Spiritualität spüren. Die Fahrt führt von Norden (Datong) kommend über Hügel, deren Hänge zerfurcht sind von den Terrassen für den Getreide- und Maisanbau. Grandiose Aussichten auf die langsam im Abendlicht versinkende Landschaft. Raues Krächzen der vom Wind zerzausten Elstern. Ein einsamer Pavillon gibt dem Panorama den chinesischen Touch.

Wir kommen aus Datong, haben noch unterwegs das Hängende Kloster besichtigt. Langsam fahren wir hinunter in das Tal, kurzer Stopp: Ja, hier muss Eintritt gezahlt werden! In den Tempeln auf den Bergen leuchten die ersten Lampen.
Am nächsten Morgen strahlt die Sonne. Die Luft scheint vor Frische zu knistern. Rundum merkwürdig kahle Berge. Es ist Anfang Mai und hier auf mehr als 1.000m Höhe hat der Frühling gerade erst begonnen. Die Bäume an den Hängen sind hauptsächlich Lärchen und zeigen ein erstes zartes Grün. Auf den Gipfeln blitzen Schneefelder. Tief Luft holen, genießen. Hoch oben vor den dramatisch sich auftürmenden Wolken kreist ein Raubvogel. Seine schrillen Rufe sind weithin hörbar.
Im Zentrum befindet sich ein fünfter Gipfel, der mit dem Zentrum des Universums, dem Berg Meru, gleichgesetzt wird. Darüberhinaus wird der Wutai Shan als Sitz des Boddhisattvas Manjushri (chinesisch Wen Shu) identifiziert.
- Auf dem zentralen Gipfel soll der „jugendliche Manjushri“ seinen Sitz haben
- auf dem östlichen Gipfel sitzt „Manjushri der Wissenshalter“,
- der südliche Gipfel ist der Thron von „Manjushri der Weise“,
- auf dem westlichen Gipfel thront „Manjushri der Löwe der Rede“
- und auf dem nördlichen Gipfel soll „Manjushri der Unantastbare“ seinen Sitz haben.

五台山 • Wǔtái Shān
Tempel Pusading
Im Zentrum liegt der Wutai Shan Tempel, der eigentlich Pusading heisst, Tempel des Bodhisattvas (Manjushri). Manjushri ist auch bekannt als Bodhisattva des Wissens und des Lernens. Im tibetischen Buddhismus hielt man die Kaiser der Qing-Dynasie für die Inkarnation des Bodhisattva Manjushri. Im Laufe der Zeit haben 18 Kaiser eine Pilgerreise zum Wutai Shan gemacht, um Manjushri zu verehren. Bei ihren Aufenthalten wohnten die Kaiser im Pusading Tempel. Besonders die Kaiser Kangxi und Qianlong aus der Qing-Dynastie sind dabei zu erwähnen. Denn sie hinterließen vielgerühmte Inschriften im Tempel. Diesen Kaisern ist es auch zu verdanken, dass manche Dächer mit Ziegeln im Kaisergelb gedeckt sind, ein Privileg, das nur wenigen gewährt wurde.

Die Tempel und die Verehrung des heiligen Gebirges sind schon für das 1. Jahrhundert nachzuweisen. Damit ist dies eine der frühesten buddhistischen Stätten in China. Ehrfurcht ergreift mich. Die endlosen Treppen rauben mir den Atem.

Manjushri

Manjushri gehört zusammen mit Avalokiteshvara und Vajrapani zu den drei großen Bodhisattvas. Er hilft, die Unwissenheit zu überwinden und Weisheit zu erlangen. Rechts trägt er hocherhoben das Schwert, das die Unwissenheit zerschneidet und gleichzeitig wie eine Fackel Licht in die Dunkelheit bringt. Links hält er das Buch der transzendenten Weisheit.
Er ist der Schutzherr der Gelehrten und Studierenden, gibt Inspiration und Erkenntnis, wenn man ihn anruft. Der erste Tag des tibetischen Jahres ist ihm geweiht. Er wird morgens angerufen, um mit seinem Flammenschwert die Dämonen der Finsternis zu vertreiben und das Licht zu bringen. Manjushri gilt außerdem als der himmlische Baumeister, der den irdischen Architekten beisteht, würdige Tempel zu bauen.(Wikipedia)

Xiantong Tempel
Etwas unterhalb des Pusading Tempels befindet sich der Xiantong Tempel. Er ist einer der ältesten buddhistischen Tempel in China. Die ersten Hallen wurden bereits während der Östlichen Han Dynastie errichtet (25 – 220 n. Chr.). Davon ist heute nichts mehr zu sehen.
Doch seine Bedeutung bis heute lässt sich gut an den großen Hallen und goldenen Pagoden und Schreinen ablesen. Ein nicht enden wollender Strom an Pilgern und Mönchen wandelt durch die Gänge. Rund 150 Mönche leben hier heute. Der Tempel ist der größte am Wutai Shan. Die Wutai Shan Buddhist Association hat hier ihren Sitz.
Der Xiantong Tempel ist genial in den Hang gebaut. So kann ich von oben einige Dächer und Reliefs ganz von Nahem sehen.


Tayuan Si
Südlich vom Xiantong Tempel liegt ein weiterer markanter großer Tempelkomplex, der Tayuan Si. Unübersehbar ist die Weiße Pagode. Sie stammt aus dem 14, Jahrhundert und ist ein deutliches Zeichen für die Verbindung zum Tibetischen Buddhismus. Hier trifft man vor allem auf Pilger aus Tibet und der Mongolei. Ich schaue vom Xiangtong Tempel auf die weiße Pagode.

Wutai Shan heute
Die zahllosen Tempel haben viele Auf und Abs erlebt. Nicht immer in der chinesischen Geschichte war der Buddhismus die Top Religion. Doch vor allem der Einfluss des Tibetischen Buddhismus auf die Kaiser der Qing-Dynastie bewirkte einen Aufschwung.
Zur Zeit gibt es 68 Tempel im Bereich des Wutai Shan: 47 im inneren Bereich und 21 außerhalb. Darunter sind sieben Tibetisch Buddhistische Klöster. 40 Chinesisch Buddhistische Klöster und fünf Nonnenklöster.
Die Tibetischen Klöster bieten eine tolle Möglichkeit, lebendige Frömmigkeit der tibetischen Pilger zu erleben. Manche reisen von weit her an. Darunter sind viele, die sogar aus der Mongolei kommen, wo der tibetische Buddhismus Staatsreligion ist.
Besonders vor der Gaokao, der großen Prüfung, die entscheidet, ob und zu welcher Universität man zugelassen wird, strömen die Schüler zum Wutai Shan, um beim Bodhisattva der Weisheit für ein gutes Ergebnis zu beten.

Besichtigungen und Wanderungen
Zentrum des Wutai Shan Gebietes ist der Ort Taihuai auf rund 1.000m Höhe, der heute im Wesentlichen aus Hotels und Souvenirläden besteht. In diesem Tal liegen auch rund 20 Tempel. Man kann also schon hier mehrere Tage damit verbringen, um sich alle anzusehen.

Für einen ersten Überblick ist der Besuch des Dailuo Tempels ideal. Dieser befindet sich auf einem Berg mitten im Tal. Von dort hat man einen tollen Überblick. Man hat mehrere Möglichkeiten, auf diesen Gipfel zu kommen: Per Seilbahn, hoch zu Ross oder auch zu Fuß.
Zu allen Tempeln auf den vier Gipfeln führen gute Wege und Straßen, die zu den Peakzeiten der chinesischen und buddhistischen Feiertage sehr beliebt sind. Doch jederzeit kann man auf Wege zu einsam gelegenen, weniger bekannten Tempeln ausweichen. Dann hat man die schöne Natur ganz für sich alleine. Der höchste Gipfel ist über 3.000m hoch – höher als die Zugspitze. In den Geschäften gibt es Übersichtskarten.
Wie komme ich hin?
Von Datong oder Taiyuan gibt es Busse. Mittlerweile hat man auch einen Bahnhof gebaut. Der Bahnhof Wutai Shan liegt bei der Stadt Shahe. Von dort aus braucht man mit dem Bus noch ca. 1 Stunde bis zu den Tempeln im Zentrum. Ich bin von Datong gekommen und dann über eine gute Straße mit dem Bus nach Taiyuan, der Hauptstadt der Provinz Shanxi weitergefahren.
Für die Anreise bietet sich folgende Reise-Route an: Peking – Datong – Hängendes Kloster – Wutai Shan – Taiyuan – Pingyao – Xi’an
Apr.- Okt. 135,- RMB
Nov. – Mär. 118,- RMB
Seilbahnen kosten extra
Der Wutai Shan ist seit 2009 UNESCO Weltkulturerbe
Webseite von Tsem Rinpoche mit Beschreibungen der Tempel
Fazit
Ich bin nur einen ganzen Tag dort gewesen und habe einige Tempel im Zentrum gesehen. Ich war sehr beeindruckt und hoffe, dass ich noch einmal hin kann, und dann will ich länger bleiben.
Links
- Heiliger Berg Emeishan – Baoguo-Tempel
- So verneige ich mich vor Buddha
- Lama-Tempel Yonghegong in Peking
- Prof. Kubin und seine Wanderungen am Wutai Shan
Impressionen








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Zwischen Datong und Taiyuan
LG
Ulrike
Klingt nach einem neuen Reiseziel auf meiner China-Bucketlist…
Aber wo genau liegt der Berg nun eigentlich?
VG, Stefanie
Sehr beeindrückend!