Da stand es vor mir! Dieses prächtige Nashorn aus Bronze!
Verziert mit vielen kunstvollen Details, fast lebendig wirkend! Stark, mich mit kleinen Augen schelmisch anblickend. Ich war schockverliebt. Diese Ohren, die kleinen naturgetreuen Hufe! Lebensnah aber nicht lebensgroß. Nicht Fleisch und Blut, sondern grünlich patinierte Bronze.
Wunderschön!
Zun – Weingefäß
Zun 1: Das Rhinozeros bei Xi’an
Was war das? Auffallend ein großer Deckel auf dem Rücken, wie ein Sattel. Innerlich schüttelte ich den Kopf: Ein Sattel? Noch nie hatte ich davon gehört, dass je ein Mensch ein Nashorn geritten hatte.
Doch soll es schon vor mehr als 2.000 Jahren zahme Nashörner in den „Zoos“ der frühen chinesischen Könige und Kaiser gegeben haben. Bei der großen Detailtreue der Darstellung gehen die Wissenschaftler davon aus, dass dem Künstler ein echtes Nashorn Modell stand. Es handelt sich übrigens um ein Sumatra-Nashorn. Diese lebten noch bis 1916 auch in China.
Ich schaute mir das beeindruckende Bronzetier genau an. Es war anscheinend ein Gefäß. Ich nahm mir vor, nach meiner Rückkehr nach Deutschland herauszufinden, was ich da im Grab des Kaisers Wudi (Westliche Han-Dynastie 207 v. bis 9 n. Chr.) bei Xi’an gesehen hatte.
Auf der chinesischen Webseite des Maoling-Museums wird das Nashorn wie folgt beschrieben:
Das Nashorn besteht aus Bronze mit Gold- und Silberverzierungen. Es wurde 1963 im Dorf Douma, Gemeinde Xiwu, Landkreis Xingping, ausgegraben. Es ist 58,1 cm lang, 20,4 cm breit, 34,1 cm hoch und wiegt 13,34 kg.
Danach fielen mir immer wieder in den Museen diese unglaublich kunstvollen Bronzegefäße in Form von Tieren auf. Ich fand schließlich auch heraus, dass es sich um chinesische Weingefäße, genannt „Zun“, handelt.
Er wurde in religiösen Zeremonien zum Trinken oder Erwärmen von Wein verwendet.
Zun 2: Der Elefant im Musee Guimet, Paris
Im Musee Guimet in Paris, einem Museum, das der asiatischen Kunst gewidmet ist, habe ich dieses ganz besondere Zun in Form eines Elefanten entdeckt.
Dieses große Gefäß stammt vermutlich aus dem 12. Jahrhundert v.Chr. Was man auf diesem Foto nicht erkennen kann, ist zum Einen die große charakteristische Öffnung im Rücken und zum Anderen einige zarte Verzierungen auf der Oberfläche. Dieser Zun wird als ungewöhnlich groß beschrieben.
It was then sent to the Guimet Museum in 1945 when the Louvre determined to part with its Asian collections and transfer them to our museum in an exchange. Musee Guimet
Der Stil des Zun weist nach Südchina, wo es bis ins 17. Jahrhundert hinein Elefanten gegeben hat. Vor ca. 3.500 Jahren spielten Elefanten eine bedeutende Rolle in den Siedlungen des Königreich Shu. Das bezeugen die Ausgrabungen von Sanxingdui und Jinsha, wo man große Mengen an Elefanten-Stoßzähnen ausgegraben hat.
Zun 3: Der Ochse im Shanghai Museum
Dieses ungewöhnliche Bronze-Zun aus dem Shanghai Museum hat drei große Öffnungen. Es wird in die Frühlings- und Herbst-Zeit datiert (770-476 v.Chr.).
Das mittlere Loch enthält ein Gefäß, in das man den Reiswein füllte. In die anderen Öffnungen wurde heißes Wasser gegossen. Dadurch wurde der Wein warmgehalten.
Über den Fund und wie das Gefäß nach einigen spannenden Umwegen ins Shanghai Museum gelangte, könnt Ihr hier nachlesen.
Bei Wikipedia wird das wie folgt erklärt: They were produced for an individual or social group to use making in ritual offerings of food and drink to his or their ancestors and other deities or spirits. Such ceremonies generally took place in family temples or ceremonial halls over tombs. These ceremonies can be seen as ritual banquets in which both living and dead members of a family were to supposed participate. Details of these ritual ceremonies are preserved through early literary records. On the death of the owner of a ritual bronze, it would often be placed in his tomb, so that he could continue to pay his respects in the afterlife.
Zun 4: Der Tapir in Hildesheim
Ein weiteres erstaunliches Bronze-Zun habe ich auf einer China-Ausstellung 2016 im Roemer-Pelizaeus-Museum in Hildesheim gesehen.
Es soll einen Tapir darstellen. Schabrackentapire gab es tatsächlich einst auch in Südchina. Heute kommen sie noch in Südasien, z.B. in Malaysia, vor. Leider habe ich keine weiteren Informationen gefunden.
Vom Aussehen her gehört dieses Zun sicherlich in die Zeit vor 3.500 Jahren, als diese Gefäßart im Gebiet des heutigen Chinas sehr beliebt war.
Zun 5: Das Gefäß in Sanxingdui
In Sanxingdui habe ich dieses Zun fotografiert, das die typische Form des Ritualgefäßes darstellt: Auf einem breiten Fuß befindet sich ein bauchiges Gefäß, das in diesem Fall kugelig ist.Es gibt auch eine Variante mit viereckigem Bauch. Die Mündung ist immer rund, weit und wirkt wie ein Kelch oder Trichter.
Solche Gefäße werden sehr oft als Grabbeigaben reicher Menschen gefunden. Sehr beliebt waren sie während der Shang-Dynastie (1600–1046 v.Chr.)
In dem bemerkenswerten Museum von Sanxingdui ist das Gefäß dem antiken Schriftzeichen für Zun gegenübergestellt. Dieses ist ganz bildhaft und zeigt deutlich ein Gefäß, das auf einem Gestell bzw. auf Füßen steht. Das Zun selbst braucht die Füße nicht.
Es heißt, dass die Herstellung von Wein in China durchaus schon vor 4.000 Jahren bekannt war. Doch beliebter und gebräuchlicher war Reiswein, ein alkoholisches Getränk, das aus Reis hergestellt wurde.
Man hat allerdings archäologische Nachweise gefunden, dass schon vor 9.000 Jahren ein fermentiertes Getränk aus Trauben verwendet wurde. Archäologie online
In China wird dabei gerne das Schriftzeichen für „Spirituose“ verwendet:
酒 jiǔ Alkoholhaltiges Getränk
Zun 尊 enthält das gleiche Element, nämlich das Gefäß. Das Wasserradikal bei Jiu weist daraufhin, dass es sich um eine Flüssigkeit handelt.
啤酒 píjiǔ Bier
葡萄酒 pútáojiǔ Trauben + Alkohol = Wein aus Trauben
米酒 mǐjiǔ Reiswein
(白)酒 (bái)jiǔ klarer Schnaps
Nun wird es wieder einmal klar, warum in der chinesischen Sprache zwei- und mehrsilbige Wörter sich durchsetzen. Jiu alleine wird/wurde gerne nicht nur für Schnaps gebraucht, sondern eben auch für Wein.
Ich bin darüber gestolpert, als ich vor Jahren über die Beschreibung eines „Weinmuseum“ in Südchina stolperte. Erst bei genauerem Hinsehen, stellte ich fest, dass es sich nicht um „Wein“ handelte, sondern um das Museum der Brennerei des berühmten Maotai handelte. Maotai ist der beliebteste Baijiu, also hochprozentiger Schnaps. Weinmuseum in Maotai Stadt.
Zun 6: Zhongguo Zun
Es gibt ein neues, ganz spannendes Zun:
Der CITIC Tower in Peking wurde 2018 fertig gestellt. Er ist mit 528m Höhe das höchste Gebäude Pekings und zur Zeit an 9. Stelle der höchsten Wolkenkratzer der Welt.
Er erinnert in seinem Aussehen an eine weitere Form des Zun, die schlank und ohne Bauch daherkommt. Typisch für die Form des „schlanken Zun“ ist die weite Öffnung. Dieser Wolkenkratzer wird wegen seiner Form gerne Zhongguo Zun 中国尊 genannt. Es wurde von dem Architekturbüro TFP Farrells und Kohn Pedersen Fox Associates geplant. mehr
Taotie: Beliebte Dekoration
Auf vielen der Bronze-Zun findet man das Muster des Taotie (饕餮, Pinyin tāotiè – „Vielfraß, Fresser“), auffallend durch die zwei Augen.
Allerdings ist dies anzunehmen, da einige Bronzegefäße explizit zwei Tiere – zumeist Drachen oder Tiger – im Profil zeigen, die einander zugewandt sind und ihre Mäuler aufreißen. Auch Beispiele mit menschlichen Gesichtern oder ganzen Figuren zwischen den Tieren sind bekannt. Ebenso gibt es bronzene Gefäße, die Großkatzen zeigen, deren weit aufgerissenes Maul einen zusammengekauerten Menschen umschließt.
Daher ist davon auszugehen, dass das Motiv des Fressens in abstrahierter Form als Taotie-Dekor Ausdruck gefunden hat. Das Dekor wird daher auch als Metapher für einen Übergang zwischen Diesseits und Jenseits interpretiert. Unterstützt wird diese Theorie durch die Verwendung der Ritualbronzen im Ahnenkult und die zahlreichen durch archäologische Grabungen belegten Menschenopfer. Wikipedia
Auch die Masken von Sanxingdui zeigen das Gesicht des Taotie:
Weitere Fotos
Links
- Die seltsamen Masken von Sanxingdui
- Jade – Stein der Unsterblichkeit
- Archäologie in China – Nachrichten
- LieblingsChinesisch: Ausgegraben
Just for fun:
Im Cafe des chinesischen Nationalmuseum in Peking gibt es das wunderbare Zun des Museums als Eis am Stil.
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