Die fünf grundlegenden Tugendregeln des Buddhismus

Zu den Grundlagen des Buddhismus, die allen unterschiedlichen Richtungen gemeinsam sind, gehören die 5 Silas, die fünf Tugendregeln.

„Die Fünf Silas oder Pancasila (Pali pañcasīla, skt. पञ्चशील, IAST pañcaśīla) bezeichnen im Buddhismus die grundlegenden Übungsregeln (pali sikkhāpada) zur Entwicklung von Sittlichkeit (pali sīla)“.

Wikipedia
5 Tugendregeln des Buddhismus - Asien ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen; Buddha setzt das Rad der Lehre in Gang.
Buddha setzt das Rad der Lehre in Gang

Die fünf Silas / fünf Regeln des Buddhismus

Diese sollten die Basis für das Leben jeden Menschen bilden, der sich Buddhist nennt, und auch für alle anderen.

Dabei wird von Anfang an berücksichtigt, dass der Mensch schwach und fehlbar ist. Die Regeln sind nicht mit einem strengen „Du sollst“ sondern mit einem „ich bemühe mich“ formuliert. Das finde ich sehr sympathisch. Es ist also nicht per se eine schreckliche Sünde, wenn man Fehler macht. Man darf es immer und immer wieder versuchen. Mit Übung wird man allmählich weniger Fehler machen.

Die fünf Tugendregeln des Buddhismus
Im Bewusstsein, dass das Leben voller Leiden ist, bemühe ich mich um die Einhaltung der folgenden Regeln:

1. Ich bemühe mich, keinem lebenden Wesen Leid zuzufügen. Ich bemühe mich, nicht zu quälen und nicht zu töten.

2. Ich bemühe mich, mir nichts zu nehmen, was mir nicht gegeben wird. Das bedeutet, dass ich nicht stehle und nicht betrüge.

3. Ich bemühe mich, keinem Wesen durch mein sexuelles Verhalten ein Leid anzutun.

4. Ich bemühe mich, kein Wesen durch meine Rede zu verletzen. d.h. nicht zu lügen, nicht zu schwätzen, nicht zu verleumden, nicht zu beleidigen.

5. Ich bemühe mich, mir nicht das Gehirn mit Rauschmitteln zu vernebeln d.h. mich nicht zu betrinken oder Drogen zu konsumieren

Diese fünf Tugendregeln, die 5 Silas, sind mir vor allem auch dadurch sympathisch, weil sie nicht nur mein eigenes, sondern besonders das Leiden der anderen im Fokus haben.

Nicht jeder Buddhist ist ein Pazifist. Manche tibetische Mönche und Zen-Samurai waren Kämpfer. Nicht jeder Buddhist ist Vegetarier. Dennoch sind die Gelübde für Gewaltlosigkeit und für Respekt vor allem Leben das Herzstück des Buddhismus.

Bei Andachten und Pujas weren die 5 Silas auch in Pali gesprochen:

1. Pānātipātā veramani sikkhapadam samādiyāmi
2. Adinnādānā veramani sikkhapadam samādiyāmi
3. Kāmesu micchācāra veramani sikkhapadam samādiyāmi
4. Musāvāda veramani sikkhapadam samādiyāmi
5. Surā meraya majja pamādatthānā veramani sikkhapadam samādiyāmi

Die Übung des Gegenteils

Manch einer formuliert darüberhinaus „die Übung des Gegenteils„.
1. übe dich darin, Leben zu schützen und Leben zu erhalten
2. sei freigiebig
3. sei ein vertrauenswürdiger Mensch, in allen Belangen
4. sage stets die Wahrheit, lass vor allen Dingen die Schmeicheleien, um persönlichen Vorteil zu erlangen
5. sei dir darüber bewusst, dass der Geist schon genügend durch sein diskursives Denken und seine Verblendung getrübt ist

Buddha sollte uns als Vorbild dienen. Er hat selbst fürchterlichen Mördern die Aussicht auf Erlösung, das Nirvana, zugebilligt, wenn sie bereuen und schlimme Taten aus wahrer Einsicht heraus nicht mehr begehen.

Für mich ist von besonderer Bedeutung, dass Buddha Menschen, die einen Fehler begangen haben, nicht verurteilt. Im Buddhismus gilt es, jeden Tag, jeden Moment für einen neuen Anfang zu nutzen. Wenn man einen Fehler gemacht hat, was sehr menschlich ist, heißt es, diesen Fehler zu erkennen und in Zukunft zu vermeiden.

Uposatha

Für die Laienbuddhisten gibt es weitere 3 Regeln, die an bestimmten Tagen einzuhalten sind. Dies sind die Vollmond- und Neumondtage, die auch Uposatha-Tage genannt werden:

6. Nicht essen außerhalb der Essenszeiten. Das heißt, ab der Mittagszeit wird keine feste Nahrung mehr aufgenommen.

7. Kein Schmuck, kein Parfüm, kein Makeup, kein Tanz, keine Musik u.ä.

8. Nicht auf einem hohen weichen Bett schlafen

Ihr seht: Bei den zusätzlichen Regeln geht es darum, Abstand von einem allzu üppigen und luxuriösen Leben zu gewinnen.

Ich habe schon öfters versucht, so einen Uposatha-Tag einzuhalten. Das ist im täglichen Leben einer Großstadt gar nicht einfach. Neben der Dauerbeschallung durch Musik aus allen Ecken ist mir bewusst geworden, wie oft ich gegen so manche Regel verstoße. Wie schnell ist ein unbedachtes Wort gesprochen! Makeup und Schmuck sind selbstverständlich und es fällt schwer, bewusst darauf zu verzichten.

Natürlich gehört für mich zu einem solchen Tag dazu, dass ich kein Fleisch esse und keinen Alkohol trinke. Gerade Alkohol verträgt sich nicht mit Meditation, die ja für Buddhisten sehr wichtig ist. Alkohol oder Drogen vernebeln das Hirn und verhindern die nötige Konzentration.

In Thailand verbringt man den Uposatha-Tag gerne in einem Tempel. Da meditieren die Menschen zusammen mit den Mönchen und das gemeinsame Einhalten der Regeln fällt leichter.

Was passiert, wenn man sich nicht an die 5 Silas hält?

In der Angereihten Sammlung der Lehrreden ist drastisch beschrieben, was passiert, wenn man die 5 Regeln nicht einhält.

Anguttara Nikaya, 8. Buch

A.VIII.40 Die Folgen des Bruches der Sittenregeln – 10. Duccaritavipāka Sutta

Das Töten, ihr Mönche, ausgeübt, betätigt und häufig betrieben, führt zur Hölle, zum Tierschoße oder zum Gespensterreich. Und schon die allergeringste Auswirkung des Tötens bringt dem Menschen kurzes Leben.

Das Stehlen, ihr Mönche, ausgeübt, betätigt und häufig betrieben, führt zur Hölle, zum Tierschoße oder zum Gespensterreich. Und schon die allergeringste Auswirkung des Stehlens bringt dem Menschen den Verlust seiner Güter.

Geschlechtliche Ausschreitung, ihr Mönche, ausgeübt, betätigt und häufig betrieben, führt zur Hölle, zum Tierschoße oder zum Gespensterreich. Und schon die allergeringste Auswirkung der geschlechtlichen Ausschreitung bringt dem Menschen Feindschaft mit seinen Rivalen.

Das Lügen, ihr Mönche, ausgeübt, betätigt und häufig betrieben, führt zur Hölle, zum Tierschoße oder zum Gespensterreich. Und schon die allergeringste Auswirkung des Lügens bringt dem Menschen falsche Anschuldigungen.

Die Zwischenträgerei, ihr Mönche, ausgeübt, betätigt und häufig betrieben, führt zur Hölle, zum Tierschoße oder zum Gespensterreich. Und schon die allergeringste Auswirkung der Zwischenträgerei bringt dem Menschen Zwietracht mit seinen Freunden.

Das rohe Reden, ihr Mönche, ausgeübt, betätigt und häufig betrieben, führt zur Hölle, zum Tierschoße oder zum Gespensterreich. Und schon die allergeringste Auswirkung des rohen Redens führt dazu, dass der Mensch unangenehme Worte zu hören bekommt.

Das leere Geschwätz, ihr Mönche, ausgeübt, betätigt und häufig betrieben, führt zur Hölle, zum Tierschoße oder zum Gespensterreich. Und schon die allergeringste Auswirkung des leeren Schwätzens führt dazu, dass der Mensch unannehmbare Worte spricht. (*1)

Der Genuss von Rauschmitteln, ihr Mönche, ausgeübt, betätigt und häufig betrieben, führt zur Hölle, zum Tierschoße oder zum Gespensterreich. Und schon die allergeringste Auswirkung des Genusses von Rauschmitteln führt den Menschen zur Geistesverstörung (ummattaka, ‚Irrsein‘. K: Geistesverwirrung oder geistige Stumpfheit).

(*1) Die vierte Sittenregel, die das Lügen (musā-vāda; wtl: falsche Rede) betrifft, ist hier zu den vier Arten unrechter Rede erweitert, deren Aufgabe im 3. Pfadglied eingeschlossen ist.
Anguttara Nikaya, 8. Buch

Buddhistische Mönche und Nonnen haben noch weit mehr Regeln (Patimokkha), an die sie sich halten sollen.

Die fünf Silas in der ausführlichen Fassung des Ehrw. Thich Nhat Hanh.

Auf dem Bambooblog

Britisches Museum:
Buddha aus Korea

Ulrike
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10 Gedanken zu „Die fünf grundlegenden Tugendregeln des Buddhismus“

  1. Lieber Philipp,
    vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar!
    Du hast sicherlich mit manchem recht. Doch scheint mir die Argumentation gegen den Vegetarismus wie eine Rechtfertigung dafür, Fleisch zu essen. Buddha selbst soll an einer Fleischvergiftung gestorben sein. Trotzdem sollte Du bedenken, dass jedes Fleisch, das Du im Supermarkt oder sonstwo kaufen kannst, von einem Tier stammt, das getötet wurde, damit Du oder jemand anderes es isst. Also auch die Wurst. Wenn Du Insekten oder andere kleine Tiere versehentlich verschluckst oder sie zertritts, dann ist das anders, weil Du nicht die Absicht hattest.
    Als der Buddha lebte, gab es noch keine Supermärkte, aber eigentlich ist auch das Nichtessen von Fleisch eindeutig. Man sollte kein Leid oder Töten von Tieren herbeiführen. Also ist der Vegetarismus nur konsequent. Auch sollte man darüber nachdenken, dass beim Gemüseanbau etc. Insektenvernichtungsmittel benutzt werden, also auch Tiere getötet werden, damit ich bzw. Menschen das Gemüse essen können.
    Auch bei der Regel, dass ich mich nicht berausche und keine Drogen zu mir nehme, denke ich, dass es kompliziert ist. Was bedeutet es, sich zu berauschen? Bin ich nach einem Bier oder einem Glas Wein berauscht? Was ist mit Medikamenten, die in Alkohol gelöst sind? Oder z.B. Morphium oder Opium, das ganz legal und mit viel Segen in der Medizin verwendet wird?
    Es bleibt schwierig, jeder muss für sich selbst sehen, wie er damit umgeht. Ich weiss nur eins, meditieren hilft!
    Viel Erfolg auf dem Weg!
    Ulrike

  2. Nachdem ich nun (erst) 2 Jahre die Lehre studiere und die 5 Silas selber praktiziere, ist mir nicht bekannt, dass der Buddha einen ‚vegetarischen Lebensstil‘ gepredigt hat.

    -> Das -nicht Töten- von Lebewesen schließt das -Essen- von toten Tieren nicht unbedingt aus. Daher hat der Buddha den Sachverhalt näher spezifiziert:‘
    – Wurde das Tier in der Absicht getötet, es mir als eine Mahlzeit zuzubereiten? Falls ja, darf ich es nicht essen. Wenn der Gastgeber das Tier sowieso getötet hätte (ganz unbgh von meiner Person), weil er regelmäßig Fleisch isst und mich nun auf eine Mahlzeit einlädt, so spricht nichts dagegen diese Mahlzeit abzulehnen (sofern es nicht rohes Fleisch ist).
    – Entscheidend ist die Intension einer Handlung. Jeder Mensch tötet unbewusst kleinste Tiere und Organismen beim Gehen usw. davor ist kein Mensch/Mönch gefeit.
    – Wie verhält es sich nun mit der Wurstware im Supermarkt? Ich schätze auch damit sollte es keine Probleme geben als Buddhist

    -> Wo es jedoch keinen Interpretationsraum gibt, ist hinsichtlich des Genusses von Alkohol und anderen Drogen. Jedes Glas Wein ist eines zu viel. Das scheint mir noch die einfachste Regel zu sein. Die tägliche Praxis der ‚rechten Rede‘ ist wohl die schwierigste..

  3. Danke für Deinen nachdenklichen Kommentar!
    Zu Deiner Frage: Gerade diese erste Regel ist für viele ausschlaggebend, als Vegetarieer zu leben. Aber auch dabei gibt es Ausnahmen. Zum Beispiel hat man bei nomadischen Völkern festgestellt, dass diese nicht ohne Fleisch zu essen überleben würden. Als der Dalai Lama einst Probleme mit dem Magen hatte, riet man ihm dazu, hin und wieder Fleisch zu essen. Auch Buddha selbst hat Fleisch gegessen und soll nach dem Verzehr von verdorbenem Fleisch gestorben sein. Es gibt nämlich auch die Mönchsregel, dass ein Mönch oder eine Nonne alles essen sollen, was ihnen gegeben wird, auch wenn es Fleisch ist. Dabei soll er/sie beachten, dass das Tier nicht eigens für ihn geschlachtet wurde. Dann dürfte er/sie es nämlich nicht essen. Ich denke, dass Pflanzen bei Buddha nicht als „lebende“ Wesen angesehen wurden. Und irgendetwas muss der Mensch ja essen.
    Beste Grüße
    Ulrike

  4. Sehr interessant. Danke für den Artikel.
    Im Prinzip Tugenden, die Grundvoraussetzung sind für ein schönes Miteinander auf dieser Welt. Natürlich findet man die ein oder andere Regel auch bei anderen Religionen (10 Gebote,…).

    Ich empfinde den Buddhismus auch als sehr unaufdringliche und dadurch sehr angenehme Glaubensrichtung. Auch wenn ich nicht sehr in diesem Thema bin, spüre ich dieses leben und leben lassen dort mehr als bei anderen Religionen (basierend auf meinem Gefühl, nicht auf Fakten, dafür weiss ich darüber zu wenig).

    Und Fasten tut einfach manchmal gut, ob nur für einen Tag oder 40. Dabei wird der Blick auf andere Dinge wieder geschärft und man nimmt so manches bewusster wahr.

    Eine Frage habe ich aber doch zum Verständnis zur ersten der 5 Tugendregeln:
    Keinem Lebewesen (Pflanzen, Tiere und Menschen) etwas anzutun ist natürlich nicht möglich, sonst könnten wir uns nicht ernähren und würden verhungern. Jedoch verbinde ich Buddhismus irgendwie mit Vegetariern (liege ich da richtig oder habe ich da eine falsche Verbindung im Kopf?).
    Wenn ja, unterscheidet der Buddhismus zwischen schützenswerten (Tieren) und nicht schützenswerten (Pflanzen) Lebewesen?

    Viele Grüße aus Suzhou sendet
    Christoph

  5. Das mit dem Wein ist auch nicht ganz einfach. Ich stehe immer wieder vor der Wahl „Bier (oder Wein) oder meditieren“. Meistens entscheide ich mich jetzt für die Meditation. Die tut mir gut und bringt mehr.
    LG
    Ulrike

  6. Ja, das sind sehr einfach formuliert gute Regeln. Aber so ganz ohne Wein komme ich nicht aus. Macht irgendwie schon seit Jahrtausenden Freude und Kontakte zu Mitmenschen. Liebe Grüße von einen Atheisten. Ernestus.

  7. Da hast Du sehr recht! Aber mit der „richtigen Rede“, mit der ich niemanden verletzen will, tue ich mich auch schwer. Schnell ist so ein verletzendes Wort raus. Aber egrade deswegen finde ich auch die übung, sich an einem bestimmten Tag auf diese Regeln zu konzentrieren, sehr schön!
    LG
    Ulrike

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