Konkubine Zhen – eine tragische Geschichte

Die Konkubine Zhen, die tragische Geschichte einer schönen und klugen jungen Frau am Hofe des chinesischen Kaisers Guangxu (1871 – 1908, Kaiser ab 25. Februar 1875).

Konkubine, Beischläferin, Geliebte, Nebenfrau?

Konkubine in China, eine Schönheit der Tang-Dynastie.
Konkubine?

Als Konkubinat (lateinisch concubinatus) bezeichnet man lt. Wikipedia eine oft dauerhafte und nicht verheimlichte Form der geschlechtlichen Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau, die nicht durch das Eherecht geregelt ist.

Der weibliche Partner einer Konkubinatsbeziehung wird als Konkubine oder Beischläferin bezeichnet; eine Bezeichnung für den männlichen Partner hat sich im deutschen Sprachgebrauch nicht etabliert.

Beischläferin ist heute nicht mehr gebräuchlich. Auch Konkubine sagt man nicht mehr. Geliebte trifft es auch nicht genau, denn die Geliebte wird in der Regel der Ehefrau verheimlicht. Vielleicht könnte man den Begriff der Nebenfrau verwenden.

妃 • fēi = Kaiserliche Konkubine, Prinzessin

Konkubinen am Kaiserhof

Die chinesischen Kaiser hatten viele Frauen, manchmal mehrere Hundert. Konkubinen lebten in speziellen Palästen und mussten sich einer strengen Hierarchie unterwerfen. Dies ist die tragische Geschichte einer dieser Frauen.

Verbotene Stadt, Paläste der Frauen und Konkubinen.
In den Palästen der Frauen

Es war einmal…

…eine junge hübsche Frau in China. Sie wuchs Ende des 19. Jahrhunderts in einer reichen mandschurischen Familie auf, dem Tatara Klan. Die Mandschu waren das herrschende Volk, das auch den Kaiser stellte. Sie waren eigentlich keine Chinesen und hatten ihre eigene Sprache und Schrift.

Im Alter von 12 Jahren kam Zhen zusammen mit ihrer wenig älteren Schwester Jin an den Hof des Kaisers Guangxu und erhielt um ihren 13. Geburtstag herum den Titel „Konkubine Zhen“ (Zhenfei).

Das Leben am Hof des Kaisers von China war für Frauen nicht ganz einfach (siehe auch „Frauen in der Verbotenen Stadt“). In der Blüte der Qing-Dynastie lebten bis zu 20.000 Konkubinen im Kaiserpalast in Peking. Viele von ihnen bekamen ihren kaiserlichen Gatten nie zu Gesicht.

Was ist eine Konkubine in China?

Erfolgreiche Männer hielten sich zahlreiche Nebenfrauen und Konkubinen, die Kaiser verfügten manchmal über Tausende. Konkubinen halfen vor allen Dingen dabei, die wichtigste Aufgabe eines Mannes zu erfüllen: So viele männliche Nachkommen wie möglich zu zeugen.

Weil Ehen ohne Rücksicht auf das Brautpaar von den Eltern arrangiert wurden, sollten Konkubinen dem Mann auch schenken, was er in seiner Ehe vermisste, nämlich Spaß am Sex und kunstvolle Unterhaltung.

Konkubinen galten als persönliches Eigentum des Hausherrn, der sie verkaufen und verschenken durfte. In Gedichten der Tang-Dynastie findet sich die Formulierung „eine Konkubine für ein gutes Pferd eintauschen“.

Die Geliebten des Kaisers

Der Kaiser musste ein gutes, lebendiges Sexleben zum Nutzen des gesamten chinesischen Reiches führen. Dies war die Kernphilosophie, die dafür sorgte, dass immer nur die besten Konkubinen mit dem Kaiser schlafen konnten. Sekretäre und Schriftgelehrte wurden eingesetzt, um sicherzustellen, dass die sexuellen Bedürfnisse des Kaisers immer von den „richtigen“ Konkubinen erfüllt werden.

„Eine Teekanne wird normalerweise von vier Tassen begleitet. Aber hast du jemals eine Tasse mit vier Teekannen gesehen? “

Chinesisches Sprichwort

Wenn eine Konkubine die Gunst des Kaisers verlor, verbannte er sie in den „Kalten Palast“ am Rande der Verbotenen Stadt. Manchmal mussten die Frauen, die dem Kaiser keinen Sohn geboren hatten, diesem in den Tod folgen. Doch während ein Mann viele Frauen gleichzeitig unterhalten konnte, durfte sich eine Frau nicht an mehrere Männer binden.

Wer nun glaubt, es handelt sich um ein Phänomen des überwundenen Feudalismus, so irrt er sich. Zunehmender Wohlstand ermöglicht es, auch im modernen China mehrere Frauen zu unterhalten. Doch deren Status ist ein vollkommen rechtloser.

„Jeder dritte Chinese hat eine Geliebte“ schreibt die FAZ am 14.07.2018

Die Karriere der Konkubine Zhen

Die künstlerischen Talente der Konkubine Zhen (Zhenfei 1876 – 1900) fielen schließlich der mächtigen Kaiserinwitwe Cixi auf. Diese förderte anfangs das Mädchen und ließ ihr Unterricht im Malen und in Musik erteilen.

Dem Kaiser fiel Zhen ins Auge, der sie nicht nur wegen ihrer Schönheit sondern auch wegen ihrer Klugheit schätzen lernte. So bekam Zhen immer mehr Einfluss auf den Kaiser. Sie unterstützte ihn in seinem Willen zu Reformen und seinem Interesse an einer Öffnung zum Westen.

Chronisten berichten, dass Konkubine Zhen sehr an Fotografie interessiert war und gerne westliche Ausländer einlud, sie zu unterrichten und zu fotografieren.

Zhens Kontakte zu Westlern und ihr Einfluss auf politische Entscheidungen des Kaisers waren der Kaiserinwitwe Cixi zunehmend ein Dorn im Auge. Auch außerhalb des Palastes wurde bald von Skandalen geredet.

Das führte dazu, dass Zhen und ihre Schwester Jin zeitweilig in Ungnade fielen. Sie wurden zwar schnell wieder rehabilitiert, wurden aber fortan von allen Aktivitäten am Hof fern gehalten. Schließlich wurde Zhen in einem kleinen abgeschiedenen Raum im Kaiserpalast unter Arrest gestellt.

Das entsetzliche Ende

Als im Jahr 1900 der kaiserliche Hof vor den alliierten Truppen (Stichwort „Boxeraufstand„) fliehen musste – auch Kaiserinwitwe Cixi begab sich schweren Herzens auf die Flucht nach Xi’an – kam Zhen wieder frei.

Dann machte Cixi ihr den unglaublichen Vorschlag, Selbstmord zu begehen, da sie auf der Flucht Gefahr lief, von den verfolgenden ausländischen Soldaten vergewaltigt zu werden.

Dagegen wehrte sich das Mädchen verzweifelt. Sie versuchte den Kaiser dazu zu überreden, in Peking zu bleiben und mit den alliierten Truppen zu verhandeln. Cixi passte das gar nicht. Schließlich erteilte sie den Befehl, die Konkubine Zhen in einem Brunnen in der Verbotenen Stadt zu ertränken. Was umgehend ausgeführt wurde.

Als die Kaiserinwitwe und der Kaiser samt ihrem Hofstaat ein Jahr später nach Peking zurückkehrten, wurde es der Familie der Konkubine Zhen erlaubt, ihren Leichnam aus dem Brunnen zu bergen.

Zhen erhielt posthum den Titel „Seniorkonkubine des Kaisers“ Keshun (恪順皇貴妃). Ihre Schwester Jin, die mit nach Xi’an geflohen war, durfte nach der Abdankung des Kaisers in der Nähe des Brunnens einen kleinen Altar mit Ahnentafel im Gedenken an Zhen errichten.

Altar für Konkubine Zhen, Mit Stele und einem kleinen Raum für die Gebete.
Ahnenaltar für Konkubine Zhen

Mythos Konkubine Zhen

Nun, ob die ganze Geschichte stimmt oder nur einer der zahlreichen Mythen ist, die sich vor allem um die Kaiserinwitwe Cixi (1835 – 1908) ranken, ist umstritten.

In einer abgeschiedenen Ecke der Verbotenen Stadt gibt es einen unscheinbaren Brunnen, bei dem eine Tafel auf das Schicksal der Konkubine Zhen aufmerksam macht. Gleich daneben befindet sich die kleine Halle mit dem Altar.

Beim Anblick des Brunnens stellte sich mir die Frage, wie eine junge Frau da hineinpasst. War sie wirklich so schmal und zierlich? Und die nächste Frage: Bei meinen Recherchen habe ich einige aktuelle Fotos von dem Brunnen gesehen. Dieser dort abgebildete Brunnen ist offenbar recht neu und ganz sicher nicht der, den ich gesehen habe. Letzterer zeigt deutliche Nutzungsspuren.

Der Brunnen, in dem angeblich die Konkubine Zhen ertränkt wurde.
Der Brunnen, so wie ich ihn gesehen habe

Die Konkubine Zhen soll im Congling Grab der Westlichen Qing Gräber beerdigt sein.

Ihre Schwester Jin machte „Karriere“ und wurde eine der nominellen Mütter des letzten Kaisers Puyi. Sie starb 1924.

Frauen am Hof des Kaisers

Frauen am Hof der Kaiser
In China hatten die Kaiser in der Regel mehrere Frauen, aber nur eine war die Kaiserin. Über die Jahrhunderte entwickelte sich ein ausgeklügeltes Rangsystem bei den weiblichen Angehörigen des kaiserlichen Hofes. Die Nebenfrauen und Konkubinen dienten der Unterhaltung des Kaisers.

Man konnte als Konkubine regelrecht Karriere machen. Schönheit, Kunstfertigkeit und Musikalität waren einige Faktoren. Doch das wichtigste war es, dem Kaiser einen Sohn und Nachfolger zu gebären. Wenn die Kaiserin selbst nicht dazu in der Lage war, konnte eine Konkubine durch einen Sohn selbst zur Kaiserin aufsteigen (Beispiel: Kaiserin Cixi).

Aber es gab auch die Variante, dass die Kaiserin den Sohn einer Konkubine adoptierte und ihn so zum Kronprinzen machte (Beispiel: Konkubine Liang aus der Han-Dynastie). Die chinesischen Kaiser hatten unterschiedlich viele Konkubinen.

Häufig kam es zu Streitigkeiten zwischen den Frauen des Hofes. Dabei kämpften die Frauen um Macht und Einfluss. Manche Kaiser nahmen ihre Konkubinen mit in den Tod. So haben Archäologen auch beim Mausoleum des Ersten Kaisers von China Qin Shi Huangdi (berühmt durch die Terrakotta-Armee) zahlreiche weibliche Skelette gefunden.

Konkubinen am Hof der Qing-Dynastie (Video)

Noch mehr Geschichten über Frauen:

Manchmal, so heißt es, kann man noch heute, wenn man sich nachts über den Brunnen beugt, die Schreie der verzweifelten Konkubine Zhen hören.

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4 Kommentare

  • Danke, liebe Reiner, für Deinen Kommentar! Die Kulturen ähneln sich. Und vielleicht gibt es auch die entsprechenden Einflüsse durch die Chinesen in der Geschichte Thailands.
    LG
    Ulrike

  • Reiner Kerner

    Wow, Ulrike! Was für ein wundervoller Beitrag. Die Geschichte erinnert mich an die ähnlichen Bräuche in Thailand. Es ist immer wieder aufgeregten wieviele Zusammenhänge im asiatischen Raum bestehen. Leider gibt es im Thailändischem nur sehr wenig Schilderungen des täglichen Lebens.
    Mit lieben Gruß vom Reiner

  • Ja, traurig. Ich fürchte, die Geschichte stimmt. Und sie ist bei den chinesischen Kaisern nicht einmal ungewöhnlich.
    LG
    Ulrike

  • Also wurde sie mit 24 Jahren umgebracht. Eine traurige Geschichte, wenn sie wirklich stimmt.

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